Die Demografie arbeitet gegen die Betriebe.Auch Lehrstellensuchende können sich bald die Betriebe aussuchen.
Ja, man kann es oft schon nicht mehr hören: Seit Jahrzehnten beklagen Lehrbetriebe, dass die Qualität der Bewerber immer schlechter wird. Ob das stimmt oder nicht, lässt sich objektiv ohnehin nicht erfassen. Fest steht: Künftig wird die Zahl der Bewerber zurückgehen, allein schon aus demografischen Gründen. Das bedeutet umgekehrt: Lehrstellensuchende werden sich in den nächsten Jahren die Betriebe aussuchen können.
Doch was bewegt Bewerber dazu, sich bei einem Arbeitgeber zu bewerben? Welche Faktoren sind bei einer Jobentscheidung heute ausschlaggebend und was schreckt Kandidaten ab? Welche Rolle spielt eine positiv besetzte Arbeitgebermarke? Und wie sehen Österreichs Personalmanager das Thema „Employer Branding“?
Eine Studie von karriere.at und Marketagent.com hat sich auf die Suche nach Antworten gemacht: 69,6 Prozent der befragten Erwerbstätigen sagen, dass sie sich schon vor einer möglichen Bewerbung intensiv mit einem Unternehmen auseinandersetzen.
Ausschlaggebend für eine Jobentscheidung ist für einen Großteil die Qualität eines Stelleninserats und der darin gelieferten Informationen. Sie dienen im Idealfall als Einstieg in eine Arbeitgeber-Erlebniswelt, in der Interessierte alle relevanten Informationen zu einem Unternehmen erhalten. Anhand dieser Infos bewerten Kandidaten dann, ob der Job, aber auch die Firma dahinter zu ihnen passt. Bewerber erwarten heute, dass Arbeitgeber ihre Vorzüge zur Schau stellen.
Welche Informationen sind für Kandidaten relevant? In erster Linie jene, die Unternehmenskultur und Arbeitswelt abbilden. Die Ergebnisse zur Frage, welche Faktoren für Bewerbungen abschreckend wirken würden, bestätigen das: Wirkt ein Unternehmen unseriös (65,1 Prozent) oder scheint dessen Name nicht im Stelleninserat auf (42,4 Prozent), wird dies ebenso als K.-o.-Kriterium gewertet wie ein unsympathischer Unternehmensauftritt (41,8 Prozent). Erst an fünfter Stelle (28,7 Prozent) wird das Gehalt genannt. Was von Arbeitnehmern im Zuge der Bewerbung hingegen als „sehr wünschenswert“ bewertet wird, sind eine ansprechende Unternehmenswebsite (29,4 Prozent), ein kommuniziertes Leitbild bzw. die Firmenphilosophie (21,6 Prozent), eine Aufstellung der gebotenen Benefits (21,2 Prozent) sowie ein ausführliches Online-Unternehmensprofil (21,1 Prozent).
Unter dem Stichwort „Employer Branding“ werden all diese Faktoren zusammengefasst. Die Bezeichnung bedeutet nichts anderes, als dass sich ein Unternehmen als attraktiver Arbeitgeber präsentieren muss und zwar nicht nur als Arbeitgebermarke nach außen. Das Ganze muss auch nach innen gelebt werden. Hohe Arbeitszufriedenheit und die Identifikation der Mitarbeiter mit dem Unternehmen spielen demzufolge eine wichtige Rolle.
Laut Studie halten zwei von drei Erwerbstätigen (67,6 Prozent) ihren derzeitigen Arbeitgeber für attraktiv und jeweils sechs von zehn fühlen sich dem Unternehmen, in dem sie tätig sind, sehr bzw. eher verbunden (62,9 Prozent) bzw. würden ihren Arbeitgeber sogar weiterempfehlen (64,8 Prozent).
Dass die Suche nach den passenden Mitarbeitern die größte Herausforderung für Unternehmen ist, bestätigt auch die Befragung der HR-Profis: Sechs von zehn (58,7 Prozent) sagen, dass der Kampf um die besten Kandidaten ein großes Thema ist. Etwas weniger (50,7 Prozent) finden, dass die langfristige Bindung von Mitarbeitern einfach ist – vor allem Großbetrieben mit mehr als 250 Mitarbeitern fällt dies leichter (57,8 Prozent).
Selbstkritisch geben sich die Personalisten, was das Verbesserungspotenzial im eigenen Unternehmen betrifft: Mehr als ein Viertel (26,4 Prozent) sieht in der Steigerung der Unternehmensbekanntheit die größte Baustelle, bei kleinen Unternehmen kennt dieses Problem jeder dritte HR-Manager (31,9 Prozent). 22,1 Prozent wollen verstärkt als attraktiver Arbeitgeber wahrgenommen werden, 17,4 Prozent ihre Vormachtstellung im Kampf um die besten Mitarbeiter ausbauen und fast genauso viele (17,0 Prozent) sehen die Unternehmenskultur als verbesserungswürdig.
Quelle: Salzburger Nachrichten, 26. September 2015