Verdienen Sie genug? Holen Sie sich jetzt Ihren Anteil am Aufschwung durch clevere Gehaltsverhandlungen. Der FORMAT-Gehalts-Check auf Basis einer Erhebung von Pendl & Piswanger liefert dafür die Argumente.
Als vor etwas mehr als zwei Jahren die Weltwirtschaft mit der Pleite von Lehman Brothers endgültig in die tiefste Krise seit Jahrzehnten rutschte, begann nicht nur für die Unternehmen, sondern auch für deren Mitarbeiter eine eher düstere Zeit. Schnell griff die Angst um den Job um sich – zuerst traf es die Zeitarbeiter, dann wurden die Stammbelegschaften auf Kurzarbeit gesetzt. Angestellte waren in unterschiedlicher Intensität betroffen – vom angeordneten Urlaubsabbau bis zur Forderung nach „freiwilligem“ Gehaltsverzicht.
Gehaltssprünge waren in einer solchen Atmosphäre selbst für exzellente Fachkräfte nur schwer durchzusetzen. „Das Sicherheitsbedürfnis hat von vornherein zu moderaten Gehaltsforderungen geführt“, sagt Karl Piswanger, Geschäftsführer des Personalberaters Pendl & Piswanger. So kamen selbst Mitarbeiter mit begehrten Qualifikationsprofilen wie IT-Projektmanager oder Großkundenbetreuer (Key Account Manager) in den beiden Krisenjahren gerade einmal auf rund drei Prozent Gehaltsplus (s. oben).
Doch seit die Konjunktur wieder anzieht, hat sich auch die Stimmung gewandelt. „In der Krise haben viele trotz Unzufriedenheit in ihrem Job ausgeharrt. Jetzt nimmt die Wechselbereitschaft wieder zu“, beobachtet Piswangers Kompagnon Peter Pendl. „Das Interesse am Jobwechsel steigt auch deshalb, weil viele Arbeitnehmer jetzt eine Gehaltsentwicklung sehen möchten, die sie in den letzten Jahren nicht realisieren konnten“, analysiert der Personalexperte. Um der wachsenden Schar von Wechselwilligen Anhaltspunkte zu ihrem aktuellen Marktwert zu geben, haben die Experten von Pendl & Piswanger für FORMAT einen Überblick über das Gehaltsniveau auf den verschiedenen Managementebenen sowie in qualifizierten kaufmännischen und technischen Berufen zusammengestellt (siehe Tabellen).
Nachfrage steigt. Auch auf der Seite der Unternehmen ist nach Überwindung der Krise einiges in Bewegung gekommen: Aufgeschobene Projekte, Produktentwicklungen und Investitionen werden wieder vorangetrieben. Doch jenen Unternehmen, die ihre Personalkosten in der Krise allzu rasant heruntergefahren haben, fehlen dafür jetzt die qualifizierten Schlüsselkräfte. „Einige haben in den letzten zwei Jahren sogar ganze Abteilungen abgebaut oder Forschung und Entwicklung mit der Produktion zusammengelegt“, weiß Irmgard Barosch von der Iventa Personalberatung. Wollen sie die neuen Wachstumschancen wahrnehmen, werden sich diese Unternehmen früher oder später auf dem Arbeitsmarkt umsehen müssen. Das wiederum sollte Wechselwilligen entgegenkommen, womit in weiterer Folge ein Reigen von Nachbesetzungen in Gang kommen könnte, der auch jenen, die in der Krise ihren Job verloren haben, eine neue Chance bietet. „Vor neun Monaten waren auf unserem Jobportal 4.000 offene Stellen ausgeschrieben, aktuell sind es 6.000“, erklärt Oliver Sonnleithner, Geschäftsführer der Online-Jobbörse karriere.at.
„Verkäufer sind nach wie vor besonders umworben“, sagt Iventa-Expertin Barosch. Deloitte-Personalberaterin Gundi Wentner spürt über alle Branchen hinweg sehr starke Nachfrag nach Controllern, Risikomanagern und Compliance-Spezialisten – allesamt Berufe, die gerade durch die Krise noch wichtiger geworden sind. Eine stabil hohe Nachfrage ortet Charlotte Eblinger (Eblinger & Partner) im Bereich Gesundheit und Life Sciences.
Jobfelder der Zukunft. Das Gesundheitswesen zählt auch Studienautor Peter Pendl zu jenen fünf Branchen, in denen nicht nur aktuell, sondern auch in absehbarer Zukunft verlässlich große Nachfrage nach gut ausgebildeten Fachkräften herrschen wird. Neben IT und Telekommunikation, unternehmensnahen Dienstleistungen, die mit dem anhaltenden Outsourcing-Trend weiter wachsen werden, Logistik und Transportwesen zählt er dazu auch Handel und Tourismus. Wer eine gewisse Mobilität und Flexibilität in Bezug auf Arbeitszeiten mitbringt, hat laut Pendl dort beste Chancen.
„Gute Leute zu finden ist in der momentanen Marktsituation sogar einfacher als früher – aber schwierig ist es immer“, sagt Beraterin Eblinger. Um bei einem Jobwechsel in höhere Gehaltssphären vorzudringen, sollten Bewerber also jedenfalls eine fundierte fachliche Ausbildung, Berufserfahrung und nachweisbare Erfolge vorlegen können. „Bei variablen Gehaltsbestandteilen wird jetzt verstärkt auf echte messbare Leistung und Transparenz geachtet“, beobachtet Charlotte Eblinger. Mehr denn je gilt am Arbeitsmarkt: Mit höheren Gehältern darf nur rechnen, wer für sein Unternehmen einen echten Mehrwert erwirtschaftet.
Gehaltspoker mit dem Boss. Solche Leistungsträger müssen aber nicht unbedingt gleich das Unternehmen wechseln, wenn sie sich finanziell verbessern wollen. Schließlich gibt es ja auch noch die in der Krise schon fast in Vergessenheit geratene Möglichkeit, mit seinem Vorgesetzten über eine Gehaltserhöhung zu verhandeln. Um dabei zu reüssieren, sollte man allerdings strategisch überlegt vorgehen und eine gute Argumentationslinie ausarbeiten (siehe Kasten links).
„Sich während der Krise loyal verhalten zu haben ist noch lange kein Argument für eine Gehaltserhöhung“, warnt Eblinger und rät stattdessen dringend dazu, herauszustreichen, welche konkreten Erfolge man für das Unternehmen trotz schwieriger Rahmenbedingungen einfahren konnte. Wer dazu noch Bereitschaft bekundet, diese besonderen Anstrengungen auch in Zukunft zu erbringen und mehr Verantwortung zu übernehmen, sollte im Gehaltspoker recht gute Karten haben. Ein auf die reine Gehaltshöhe fokussierter Tunnelblick schränkt dabei jedenfalls den Verhandlungsspielraum unnötig ein.
„Bei der Vorbereitung auf das Gehaltsgespräch sollte man sich überlegen, was ein Arbeitgeber neben der finanziellen Vergütung zusätzlich bieten könnte“, regt Deloitte-Personalexpertin Gundi Wentner an. Das reicht von Zusatzleistungen wie Dienstwagen und Firmenhandy über flexiblere Arbeitszeiten bis hin zu den langfristigen Entwicklungsperspektiven. „Was zählt, ist das Gesamtpaket“, ist Wentner überzeugt.
Kampf um Reallohnzuwachs. Doch selbst wer bei seinem Chef mit dem Wunsch nach einer Gehaltserhöhung abblitzt, könnte nächstes Jahr trotzdem jeden Monat mehr Geld auf seinem Konto vorfinden. Die Forderungen der Gewerkschaften bei den heurigen Lohnrunden im Herbst gehen nämlich ganz klar in Richtung deutlicher Reallohnzuwächse. In dieser Hinsicht besteht aus Sicht der Arbeitnehmer akuter Nachholbedarf (siehe auch Kasten S. 46). Wirtschaftsforscher halten Gehaltsabschlüsse von bis zu vier Prozent für angemessen.
Das dominante Thema der Lohnrunde ist diesmal stimmungsmäßig nämlich nicht die internationale Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen, sondern die Stärkung des Aufschwungs durch Ankurbelung des Konsums. Die Höhe des Abschlusses bleibt jedoch ein Drahtseilakt, wie Ulrich Schuh, Arbeitsmarktexperte des IHS, meint: „Es geht dabei auch um den Erhalt von Arbeitsplätzen.“ Individuelle Gehaltserhöhungen sind dagegen relativ frei von unerwünschten volkswirtschaftlichen Nebenwirkungen.