Wien. Je kleiner das Unternehmen, desto geringer der Anteil an Mitarbeitern mit unterschiedlicher ethnischer Herkunft, Religion, körperlicher Behinderung, 50plus oder jener, die unterschiedliche sexuelle Ausrichtungen haben. So ein Ergebnis der Umfrage "Diversity Management - wie viel Vielfalt verträgt ein Unternehmen?" von Secretary Search Personalberatung in Kooperation mit dem Jobportal Karriere.at.
Noch Minderheitenprogramm
An sich ist aber Diversity Management ("Vielfaltsmanagement") in den Unternehmen kein Fremdwort: 71,3% der Befragten kennen den Begriff und 65,7% wissen, was er bedeutet. Insgesamt wurden in der Studie 698 Personen befragt. Wird es aber in den Unternehmen konkret in Sachen Diversity Management, dann sieht es schon ganz anders aus.
In Zahlen: Maßnahmen, die die positive Wertschätzung unter den Kollegen heben sollen, werden nur in 20,3% der befragten Unternehmen getroffen. Wiederum 72,8% der Befragten können sich aber vorstellen, dass durch konkrete Maßnahmen eine Verbesserung des Arbeitsklimas möglich ist. Obwohl es in 88% aller befragten Unternehmen Menschen gibt, die in die Diversity-Kategorien fallen, wird das nur in einem Drittel der Unternehmen (27,3%) thematisiert. Die Mitarbeiter denken jedoch anders: 65,1% wünschen sich die Auseinandersetzung mit dem Thema, obwohl sie nicht unmittelbar von der Thematik betroffen sind. Positiv zu werten ist, dass jede Art von Maßnahme eine Verbesserung des Betriebsklimas und eine Erhöhung der Produktivität ergeben hat.
Oliver Sonnleithner, Karriere.at Geschäftsführer dazu: "Im Personalmarketing rechnet sich Diversity Management beispielsweise dadurch, dass eine hohe Loyalität gegenüber einzelnen Beschäftigungsgruppen oder nicht diskriminierende Recruitingprozesse den Zugang zu den besten Arbeitnehmern sichert.""Ich bin nicht wirklich darüber erstaunt, dass ein so hoher Anteil der Befragten angibt, dass Diversity Management Vorteile bringen könnte", so die Gründerin von Queer Business Women, www.queer-business-women.at, Eva Götz. "Die Notwendigkeit von Diversity Management wird aber immer bei den, Anderen' verortet." Das Verständnis von Götz: "Diversity Management betrifft nicht nur die sogenannten Kerndimensionen, sondern eben wirklich alle, die sich in einem sozialen Gefüge befinden: "Diversity is not about the others, diversity is about you." "Lesben und Schwule im Erwerbsleben finden sich selbst okay, aber Wirtschaft und Entscheidungsträger belegen das Thema Homosexualität nach wie vor mit einem Tabu."
Oft chancenlos
Die Studie konstatiert, dass in Unternehmen, wo das Du-Wort bzw. Kontakte außerhalb der Arbeitszeit üblich sind, eine verringerte Rate an Diskriminierung vorzufinden ist; besonders in den Branchen Werbung, PR, Marketing und Wissenschaft bzw. Forschung wird dies gelebt. "Wer Unterschiedlichkeit innerhalb des Unternehmens lebt und kommuniziert, der öffnet sich auch für neue Märkte, Zielgruppen und Gesellschaftsschichten und belebt dadurch Marketing und Verkauf", weiß Sonnleithner aus Erfahrung.
Wenn in Unternehmen Diskriminierungen stattfinden, dann in der Mehrzahl hinsichtlich ethnischer Herkunft und unterschiedlicher Religion. Die Diskriminierungen selbst finden hauptsächlich in Form von Mobbing und Chancenverminderung bei der Aufnahme von Mitarbeitern statt sowie bei Aufstiegs- und Entwicklungsmöglichkeiten. 85% der Befragten gaben jedoch an, dass in ihrem Unternehmen keinerlei Art der Diskriminierungen stattfände. Sonnleithner: "Die Steigerung von Vielfalt um der Vielfalt willen ist nicht der richtige Ansatz, um Diversity im Unternehmen sinnvoll umzusetzen. Diversity Management muss als umfassender Ansatz und nicht als Fokussierung auf einzelne Gruppierungen angesehen werden."
Speziell für Unternehmen, die sich in der Diversity-Dimension "sexuelle Orientierung" profilieren, haben Queer Business Women und die Austrian Gay Professionals den Unternehmenspreis "meritus" ins Leben gerufen "Unser gemeinsames Ziel heißt sensibilisieren, kommunizieren und informieren", bekräf-tigt Götz. Der wichtige Aspekt für erfolgreiches Diversity Management ist die Stärkung interkultureller Kompetenz: "Das erfordert betriebsinternes Know-how. Der Wiener Arbeitnehmer Förderungsfonds waff fördert daher Betriebe, die ihre Mitarbeiter in interkulturellen Fragen schulen, mit bis zu 10.000 Euro und 50 Prozent der jeweiligen Schulungskosten", erklärt waff-Geschäftsführer Fritz Meißl das neue Angebot. Meißl unterstreicht: "Es zeigt sich, dass es zwar Bedarf an Diversity Management gibt und dies von Vertretern der Arbeitnehmer vehement eingefordert wird, z.B. auch in Fragen einer altersgerechten Arbeitsplatzgestaltung; derzeit herrscht jedoch wenig Wissen und Bewusstsein in den Betrieben."
(medianet, Nina Pachernegg)