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Faymann-Nachfolge: Die Weichen stehen auf Kern

19.05.2016

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Die Kür des ÖBB-Managers könnte bald auf Schienen sein: Einige rote Landesparteien sprechen sich klar für Christian Kern als neuen Bundeskanzler und SPÖ-Chef aus.

Diesmal läuft alles supertransparent ab: Hochoffiziell wurde der Job „Bundeskanzler (m/w) Vollzeit“ ausgeschrieben, er verspricht ein Gehalt von 21.715,70 Euro brutto monatlich und ein Büro im Herzen der Innenstadt, „unabhängig von Ihrer Qualifikation und Erfahrung“. Als Anforderungsprofil definiert die Annonce „Bereitschaft zur Mehrarbeit“, „ausgeprägte Networking-Skills am Buffet“ sowie „eine Schokoladenseite für Pressetermine und TV-Anfragen“.

Das Inserat auf dem Portal karriere.at existiert tatsächlich, der Auftraggeber ist aber ein satirisch ambitionierter Unbekannter. Natürlich sucht die SPÖ den Nachfolger des am Montag zurückgetretenen Werner Faymann nicht über offene Bewerbungen, sondern in intensiven Beratungen hinter den Kulissen. Eine Vorentscheidung dürfte kommenden Freitag fallen, wenn sich die Landesparteichefs und Vertreter roter Teilorganisationen in Wien treffen. Rede und Antwort stehen könnten dem Vernehmen nach dort die beiden Favoriten auf Parteivorsitz und Kanzlerschaft: ÖBB-Chef Christian Kern und Medienmanager Gerhard Zeiler. Schon jetzt aber scheinen sich die Chancen zugunsten des Ersteren zu verschieben: Manche Landesparteien sind bereits mit einem Votum pro Kern vorgeprescht. Den Anfang machten die steirischen Sozialdemokraten am Dienstagvormittag. Sowohl Parteivorstand als auch Landtagsklub sprachen sich einstimmig für ÖBB-Chef Christian Kern als neuen Parteivorsitzenden und Bundeskanzler aus. Die anderen westlichen Bundesländer würden dem Beispiel folgen, prophezeite der steirische SPÖ-Chef Michael Schickhofer nach dem Votum im Gespräch mit dem STANDARD: „Offen sind noch Burgenland, Oberösterreich und Wien.“

Tatsächlich folgten prompt die Kärntner Genossen dem Beispiel. Landeshauptmann Peter Kaiser sagt im Interview (siehe Seite 4): „Die Kärntner SPÖ spricht sich auf alle Fälle für Christian Kern aus.“

Als Nächste folgten die Niederösterreicher. „Einstimmig“ hätten sich Präsidium und Vorstand am Dienstagnachmittag für Kern ausgesprochen, berichtete Parteichef Matthias Stadler dem STANDARD.

Auch in Tirol gebe es eine Tendenz zum Bahnmanager, verrät der dortige SP-Chef Ingo Mayr: „Ich habe eine klare Präferenz für Kern.“ Eine endgültige Entscheidung gebe es allerdings erst am Wochenende, wenn der Vorstand der Tiroler Roten konferiere.

Zeiler-Sympathie im Osten

Ganz im Westen trafen einander die Sozialdemokraten bereits am Dienstagabend, nach Redaktionsschluss dieser Ausgabe. In die anstehende Sitzung des Parteivorstandes war der Vorarlberger SP-Chef Michael Ritsch mit einer Empfehlung gegangen, Kern zu unterstützen, wusste aber auch, dass manche Genossen im Ländle gar keinen der beiden gehandelten Kandidaten wollten – „sondern einen Linken“.

Sympathie für Kern hat überdies der Salzburger Vorsitzende Walter Steidl gezeigt, ein eindeutiges Bekenntnis gaben er und seine Landespartei aber noch nicht ab. Die Oberösterreicher wiederum tagen heute, Mittwoch, am Abend, eine personelle Präferenz war bis dato nicht absehbar.

Fehlen noch die Schwergewichte des Ostens. Burgenlands Landeshauptmann Hans Niessl hat bisher keine Vorliebe erkennen lassen, er wird eher als Zeiler- Anhänger gehandelt. Eine Interpretation: Dem Ex-ORF-Ge- neral wird zugetraut, dem Niessl’schen Annäherungskurs an die FPÖ aufgeschlossen gegenüberzustehen.

Auch Wiens Bürgermeister Michael Häupl gilt als Befürworter Zeilers, er soll zu seinem Mitbürger aus dem Bezirk Ottakring seit langem einen außerordentlich guten Draht haben. Deklarieren wird sich Häupl vorab wohl nicht, muss er doch als interimistischer SPÖ-Chef die Personalsuche leiten. Das Gröbste sollte am Dienstag kommende Woche geschafft sein, wenn Vorstand und Präsidium der Bundespartei den neuen Chef den Sanktus geben wollen. Am 25. Juni muss sich dieser dann noch auf einem Parteitag in Wien wählen lassen.

Häupls Nähe zu Zeiler muss nicht heißen, dass er Kern aktiv zu verhindern versucht. Auch im Vorfeld von Faymanns Abgang überließ er den Parteichefs im Westen und Süden die Offensive (siehe Artikel Seite 3).

In einem anderen Machtzentrum der SPÖ gibt es ohnehin viele Stimmen pro Kern. Der 50-Jährige habe in der Bundesbahn bewiesen, dass er mit und nicht gegen die Arbeitnehmervertretung agiere, halten ihm Gewerkschafter zugute. Zeiler gilt da als schwieriger einzuschätzen.

Fest steht: Die SPÖ sucht einen einzelnen Frontmann und kein Doppelgespann. Der Ruf des Europaabgeordneten Josef Weidenholzer, die Ämter des Kanzlers und Parteichefs zu trennen, um diese mit einem Mann und einer Frau zu besetzen, dürfte eine krasse Minderheitenmeinung bleiben.

Beide Aufgaben seien „Großbaustellen“, argumentierte Weidenholzer. Skeptiker wenden hingegen ein, dass solch eine Trennung Machtkämpfe fördere – und davon habe man vorerst genug.

Quelle: Der Standard, 11. Mai 2016

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