In Österreich ist es nach wie vor unüblich, offen über seine Bezüge zu sprechen; auch VORSTÄNDE tun es nicht gerne.
In Schweden ist es ganz einfach, herauszufinden, wie viel Nachbarn, Kollegen und Feinde verdienen. Das dortige Finanzamt bietet nämlich dieses Service. In Asien gilt die Frage nach dem Gehalt als ähnlich harmlos wie die nach dem Wetter. In den USA bewundert man die stolzen Gutverdiener. Und in Österreich? Da wird das Gehalt schamhaft am liebsten verschwiegen.
“Es hat mit Tradition zu tun, dass man bei uns nicht gerne über Gehälter spricht”, sagt Hans Jorda, Headhunter mit internationaler Erfahrung. Warum? “Eine Generation, der von Kindheit an klargemacht wurde, dass man über Geld nicht spricht, will nicht Neid wecken und auch nicht Mitleid ernten”, meint Andreas Hruschka, Managing Partner bei Boyden Austria. Vorsichtshalber ist man also still. Auch viele Vorstände, die ihre Gehälter laut Corporate-Governance-Kodex oder anderen Regeln offenlegen müssen, würden dies als unfair und unangenehm empfinden, so Jorda.
Nicht nur auf der Ebene der Vorstände sind Gehälter nach wie vor Tabuthema. “Bei Stellensuchen wird oft absichtlich eine möglichst niedrige Entlohnung genannt, um zu verhindern, dass es in der Firma Unruhe und Unzufriedenheit gibt”, weiß Jorda. Bekommt ein Neuer mehr gezahlt, fühlen sich bestehende Mitarbeiter in ihrer Arbeit zu wenig wertgeschätzt. Auch unterschiedliche Entlohnungssysteme -etwa aus früheren Fusionen stammend -sorgen in Firmen für Unmut, besonders, wenn Sparprogramme anstehen. Und die Einkommensberichte, die in Österreich jeder Arbeitgeber, der dauernd mehr als 150 Arbeitnehmer beschäftigt, alle zwei Jahre gesetzlich verpflichtend erstellen muss, bekommen die Mitarbeiter nur selten zu sehen.
UNZUFRIEDENHEIT “Geld schafft Hierarchien”, meint Hruschka, “aber Hierarchien sind gar nicht mehr erwünscht.” Und überhaupt sei Geld schnell ein Punkt, der Unzufriedenheit schaffe. Laut einer Studie fühlen sich nur knapp die Hälfte der Mitarbeiter weltweit (47 Prozent) fair bezahlt. Auch in Deutschland wird mit dem Gehaltsthema verschämt umgegangen. Ein Unternehmen hat seinen Mitarbeitern sogar explizit verboten, untereinander über Bezüge zu sprechen. Diese Regelung wurde allerdings vor Gericht aufgehoben. “In Österreich ist das meines Wissens nach nicht ausjudiziert”, sagt Hruschka. “Aber die österreichische Seele behält so etwas sowieso gerne für sich.”
Mit dem Headhunter oder Personalchef offen über Geld zu sprechen, ist indes für die wenigsten ein Problem. Jorda: “Da ist es ein bisschen so wie bei einem Arzt. Dem erzählt man ja auch Dinge, die man sonst nicht einmal guten Freunden unbedingt mitteilen würde.”
62 % der karriere.at-User sprechen höchstens mit der Familie und engen Freunden über ihr Gehalt.
28 % der HR-Manager erklärten laut karriere.at, Gehalt sei in ihrer Firma ein Tabuthema.
Quelle: trend, 15. April 2016