Wer als attraktiver Arbeitgeber wahrgenommen werden will, muss vor allem unternehmensintern seine Hausaufgaben machen. Nachholbedarf gibt es genug, zeigen Studien.
WIEN. Engagiertes Team, spannende Aufgaben, herausragende Karriereperspektiven: In Stellenanzeigen und Hochglanzbroschüren von Unternehmen wimmelt es in der Regel von Floskeln und Worthülsen. Dass das wenig Sinn hat, ist den Unternehmen durchaus bewusst. Mehr als die Hälfte der Personaler glaubt, dass ihr Unternehmen Optimierungsbedarf bei der Außendarstellung als Arbeitgeber hat. Das zeigt der Recruiting Report von Index HR-Marketing. 1700 Personaler aus Europa wurden befragt.
Employer Branding wird dabei als der wichtigste Recruiting-Trend gesehen: Für 61 Prozent gehört das Thema Arbeitgebermarke zu den Toptrends in der Mitarbeitergewinnung, gefolgt von Social Recruiting (42 Prozent). “Die Unternehmen haben erkannt, wie wichtig das Arbeitgeberimage für den Erfolg bei der Mitarbeitergewinnung ist”, sagt Studienautor Philipp Diefenbach. “Allerdings bleibt es häufig bei der Umsetzung einzelner Maßnahmen. Eine fundierte Employer-Branding-Konzeption, die das Unternehmen ganzheitlich als Arbeitgeber positioniert, ist immer noch die Ausnahme.”
Das bestätigt Karin Krobath, Partnerin bei der Agentur Identitäter für Internal Branding und Employer Branding. “Der Begriff ist in den Unternehmen angekommen. Aber das, was darunter verstanden wird, ist noch nicht das, was wir gut finden.” Für Krobath hat Employer Branding vor allem viel mit Öffentlichkeitsarbeit nach innen zu tun. Ziel ist es, sich als glaubwürdiger und attraktiver Arbeitgeber zu positionieren.
Das scheint noch nicht vielen zu gelingen, wie eine Studie von Karriere.at belegt. Demnach würden nur 17 Prozent von knapp 500 Befragten ihren Arbeitgeber ohne Einschränkung weiterempfehlen. Ein Drittel sagt: “Eher nicht. Die Rahmenbedingungen stimmen nicht.” 29 Prozent sagen “keinesfalls”. “Grundlage für ein funktionierendes Recruiting durch Empfehlungen von Mitarbeitern ist eine positiv aufgeladene Arbeitgebermarke. Diese muss nicht nur nach außen wirken, sondern auch für das bestehende Team glaubwürdig sein”,sagt Karriere.at-Geschäftsführer Jürgen Smid. Das heißt, dass beim Employer Branding die Mitarbeiter genauso im Fokus stehen müssen wie potenzielle Kandidaten. “Wird eine positive Kultur im Unternehmen gelebt, lässt sich diese auch leicht nach außen kommunizieren, was wiederum den Recruitingkanal über Empfehlungen öffnet.”
Auch Karin Krobath warnt davor, sich nur auf eine coole Markenkampagne zu verlassen und die Mitarbeiter im Unternehmen zu vergessen. “Wenn sich beispielsweise das Führungsverhalten und das Menschenbild nicht ändern, persiflieren sich solche Werbeaussagen. Alles, was man unter Employer Branding tut, muss die Frau beim Empfang genauso verstehen wie die Mitarbeiter im Controlling.”
Eine Alternative gibt es für Krobath nicht: “Unternehmen stehen in einem permanenten Schönheitswettbewerb.” Eine Schlüsselrolle haben dabei die Mitarbeiter. “Sie sind immer Markenbotschafter-im positiven oder im negativen Sinn. Attraktive Marken haben viele Fans unter ihren Mitarbeitern. In jedem Unternehmen sitzen Menschen, die sich identifizieren wollen. Daran kann man andocken.”
Quelle: Wirtschaftsblatt, 3. Juni 2016