Österreichische Arbeitnehmer gehen laut einer aktuellen Umfrage durchaus offensiv in Gehaltsverhandlungen ? Führungskräfte schätzen allerdings andere Taktiken
Wie viel ist zu viel? Was ist angemessen? Und wie klappt es endlich mit der Gehaltserhöhung? Ratgeber und Tipps gibt es diesbezüglich zur Genüge. Das Jobportal karriere.at wollte nun wissen, wie es Herr und Frau Österreicher denn tatsächlich angehen. 24 Prozent sind demnach überzeugt und gehen mit folgender Einstellung in das Gespräch: „Ich weiß, was meine Leistung wert ist.“ Etwas mehr Befragte (29 Prozent) entscheiden sich, erst etwas Zeit in Vorbereitung zu investieren und dann um ein Gehaltsgespräch zu bitten. Mehr als ein Drittel (37 Prozent) sammelt Argumente über das Arbeitsjahr hinweg und bringt diese dann im jährlichen Mitarbeitergespräch vor. Zehn Prozent der 364 Umfrageteilnehmer denken gar nicht erst an Gehaltsverhandlungen, da die Vergütung der Mitarbeiter nach einem klaren Schema erfolgt.
Mitarbeiter sind geduldig
Bei den Unternehmensvertretern kommen allzu forsche Forderungen offenbar nicht so gut an: Mehr als die Hälfte (55 Prozent) geben Gehaltswünschen die größten Erfolgschancen, wenn diese in einem extra vereinbarten Termin souverän verhandelt werden. Das Jahres-bzw. Mitarbeitergespräch sehen hingegen 31 Prozent als optimale Gelegenheit. Nur jeder zehnte Befragte auf Arbeitgeberseite schätzt es, wenn sein Gegenüber offensiv mehr Gehalt fordert und dies mit erbrachter Leistung rechtfertigt. Befragt wurden 147 Unternehmensvertreter (HR-Manager, Führungskräfte und Unternehmer). Die gute Nachricht: Offenheit für Gehaltsforderungen ist da ? nur vier Prozent sehen die Initiative ausschließlich beim Arbeitgeber.
Was passiert, wenn ein Arbeitnehmer den Wunsch nach mehr Geld nicht erfüllt bekommt? Auch hierzu gab es kürzlich eine Umfrage. Dabei zeigt sich: Mitarbeiter sind viel geduldiger, als Chefs annehmen. Fast die Hälfte (45 Prozent) der 5.000 befragten Angestellten in Europa würde auf das nächste Mitarbeitergespräch warten, um die Lohnforderung zu wiederholen, wenn die Bitte um ein höheres Gehalt abgelehnt wird. Nur 15 Prozent geben an, dass sie sich einen neuen Job suchen würden.
Wie lauten nun kurze Dos und Don’ts für die Verhandlungen selbst? Einige Dinge, die man sich vor Verhandlungen (nicht nur wenn es ums Gehalt geht) merken sollte:
Was ich will:
Geht es tatsächlich um mehr Geld oder fehlt doch eher Anerkennung und Wertschätzung vom Chef? Mehr Macht? Eine interessantere Position? Die eigenen Bedürfnisse sollten jedenfalls zunächst analysiert und strukturiert werden.
Die Darling-Falle:
Sich in übertriebener Freundlichkeit für die eigenen Anliegen zu entschuldigen ist fehl am Platz, schließlich gibt es keinen Beliebtheitspreis zu gewinnen. Deswegen sollte auch nicht zaghaft nach einem Treffen gefragt werden, sondern klar um einen Termin bezüglich des Gehalts gebeten werden.
Nichts verwechseln:
Die eigene Person steht nicht zur Diskussion. Es geht um den aktuellen und auch subjektiven Wert, den der Vorgesetzte bzw. der Markt den Fähigkeiten, der Performance, zumisst. Sie verkaufen Ihre Arbeitskraft zum bestmöglichen Preis ? nicht mehr und nicht weniger.
Recherchen:
Es lohnt sich, etwas über das Entlohnungsniveau intern und am Markt in Erfahrung zu bringen, welche Zusatzleistungen möglich sind ? und auch eine Alternative zur Gehaltserhöhung vorzubereiten (Weiterbildung, Fahrgeld …).
Zielkorridor andenken:
Vorab sollte eine Minimal- und eine Maximalvariante formuliert werden, die klar und rational argumentiert wird. Es geht um den eigenen Beitrag zum Unternehmenserfolg, nicht darum, ob gerade ein Haus gebaut wird oder ein Kind geplant ist. Die Forderung sollte leicht über dem definierten Maximalwert liegen. Dann sollte man sich standfest, aber kompromissbereit geben.
Nächste Runde:
Bleibt die Verhandlung ohne Erfolg, sollte nicht beleidigt reagiert werden. Besser ist es, über Ziele bis zu einem weiteren Gespräch zu sprechen. Was soll erreicht werden bis zum nächsten Termin? (lhag, 19.7.2017)
Quelle: www.derstandard.at, 19. Juli 2017