karriere.at Insights: Was wir in der agilen Führung bislang gelernt haben
Welche Lehren ziehen Führungskräfte aus ihren bisherigen Erfahrungen mit agile Leadership? Das verraten uns vier Head-ofs von karriere.at im dritten Teil unserer Blogreihe.
Die Führung interdisziplinärer, selbstorganisierter Teams verlangt den zuständigen Head-ofs viel Lernbereitschaft ab. Davon können wir von karriere.at ein Lied singen – oder besser: Blogartikel schreiben. Dieser, den du aktuell liest, ist der dritte unserer Reihe zu Agile Leadership. Nachdem wir im ersten erklärt haben, mit welchem Modell wir in der agilen Führung arbeiten, und es im zweiten um die Rolle der Führungskraft in selbstorganisierten Teams ging, sprechen wir im dritten Teil über die bisherigen Learnings unserer Head-ofs in der Softwareentwicklung.
Ihre Erfahrungen teilen:
- Paulina Hornbachner, Head of Product Development
- Anita Eglauer, Head of Design
- Manuel Timelthaler, Head of Frontend Development
- Johannes Pichler, Head of Backend Development
Agile Leadership Learnings: Diese Erfahrungen haben wir gemacht #
#1 Raus aus dem operativen Tagesgeschäft! #
Wie ihr uns bereits in den ersten beiden Teilen geschildert habt, arbeiten eure Teams interdisziplinär zusammen und organisieren bzw. verantworten ihre Projekte und Produkte selbst. Eure Führungsrolle besteht darin, Steine aus dem Weg zu räumen, Weiterentwicklung und Orientierung zu gewährleisten. Was sind eure bisherigen Learnings aus dieser Arbeitsweise, die ihr anderen mit auf den Weg geben wollt?
Paulina: Ich habe festgestellt: Es gibt genug zu tun, um die nötigen Rahmenbedingungen zu schaffen. Wer braucht was? Da gibt’s wirklich immer genug und vor allem auch Sinnvolles zu tun, wo man schnell die Effekte merkt. Und das ist aus meiner Sicht der beste Tipp: Wenn man in einem agilen Setting Führungskraft wird, muss man sich aus dem operativen Prozess zurücknehmen. In einem selbstorganisierten Unternehmen würde es nicht funktionieren, wenn ich mich auch noch ins operative Tagesgeschäft, in die Produktentwicklung, einklinken würde.
„Wenn man in einem agilen Setting Führungskraft wird, muss man sich aus dem operativen Prozess zurücknehmen.“
#2 Sei kein Wissens-Silo! #
Johannes: Dem stimme ich absolut zu. Ich habe außerdem gelernt, dass der persönliche Kontakt zu jedem einzelnen Mitarbeiter auch enorm wichtig ist. Das sind bei uns 1:1-Meetings, in denen es nicht um fachliche Themen geht, sondern um persönliche: Wie geht’s der Person im Moment? Wo gibt’s Probleme oder Challenges im Job? Wie kann ich sie an eine Lösung heranführen? Klar, wenn mich jemand nach meiner fachlichen Meinung fragt, geb ich schon meinen Senf dazu, aber eigentlich will ich, dass meine Leute das selbstständig lösen können. Ich will nicht das Silo sein, das alles Wissen hat. Sie sind die Experten.
„Ich will nicht das Silo sein, das alles Wissen hat.“
#3 Führen bedeutet Kontakt halten #
Ich glaube, das wird häufig missverstanden, in der Art: „Das Team organisiert sich eh alles selbst, da brauchen wir keine Abstimmungen mehr.“
Johannes: Ja, aber damit verlierst du komplett den Kontakt und tust dir als Führungskraft dann schwer, sie zu unterstützen, wenn du nicht weißt, was sie gerade machen und wie’s ihnen geht. Ich habe gemerkt, diese regelmäßigen Abstimmungstermine sind ein sehr gutes Früherkennungswerkzeug für Team-interne Probleme.
#4 Regelmäßigkeit überwindet räumliche Distanz #
Manuel: Ja, wir Führungskräfte sind ja nicht ständig im Büro anwesend, wenn die Teams arbeiten – im Homeoffice noch viel weniger. Da sind regelmäßige 1:1s essenziell! Speziell wenn du mehrere interdisziplinäre Teams mit mehreren Head-ofs hast, geht das ja gar nicht, dass du ständig bei allen bist.
Johannes: Darum ist eine gute Beziehungsebene so wichtig und die schaffst du nur durch regelmäßige Gespräche. Der Mitarbeiter muss wissen, er kann mit mir über alles reden. Und wenn er mir vom Wochenende erzählt oder von seinem coolen Projekt, an dem er in seiner Freizeit arbeitet, dann ist das auch super, weil ich dadurch sehe: Dem geht’s gut. Und das spiegelt sich in der Arbeit wider.
#5 Sprich Konflikte aktiv an! #
Anita, wie sind deine Erfahrungen? Was hast du im Zusammehang mit agiler Führung bisher gelernt?
Anita: Präsenz, Nähe und aktiv Zuhören sind das eine. Ich finde es aber auch extrem wichtig, Konflikte aktiv anzusprechen, wenn es welche gibt. Es ist eine große Herausforderung, da dranzubleiben und dem Team zu helfen, diesen Konflikt zu lösen. Und es funktioniert nur dann, wenn genug Vertrauen da ist, dass sich die Mitarbeiter*innen öffnen und sicher sein können, dass die Führungskraft sich auch darum kümmert.
„Ich finde es extrem wichtig, Konflikte aktiv anzusprechen, wenn es welche gibt.“
Paulina: Das ist das, was wir mit „Steine aus dem Weg räumen“ meinen. Ich habe das zu Beginn unterschätzt, aber weiß mittlerweile, wie wichtig es ist, in Einzel- oder Gruppengesprächen rauszufinden, wie es den Mitarbeiter*innen wirklich geht.
#6 Gib Hilfe zur Selbsthilfe #
Wie geht es euch damit im Remote Work?
Johannes: Im Homeoffice ist das noch mal schwieriger, herauszufinden, wie es allen geht. Wir haben festgestellt, dass das die Konflikte in den Teams etwas erhöht, weil durch den fast ausschließlich virtuellen Kontakt mehr Missverständnisse entstehen. Das ist für uns Führungskräfte dann auch eine Herausforderung: Wann schreite ich ein und wie? Man will ja nicht „stille Post“ spielen. Sondern möchte, dass die Mitarbeiter ihre Probleme miteinander möglichst selbst lösen können. Ich versuche das mit Vorschlägen und Hinweisen, wie sie es probieren können.
#7 Vertraue in die Intelligenz deiner Teammitglieder #
Paulina: Das ist vielleicht ein Nebeneffekt dieser extremen Wissensarbeit, die wir in der Softwareentwicklung leisten. Wenn alle mit Herzblut dabei sind, ergeben sich auf persönlicher Ebene natürlich Reibungsflächen. Wir als Führungskräfte sind da gefragt, das nicht nur zu spüren, sondern auch dorthin zu leiten, dass die Leute ihre Konflikte selbst lösen können. Und wenns gar nicht mehr geht, dann sind wir natürlich da, um alle Beteiligten zum Gespräch zu bitten und notfalls auch einen Mediator anzubieten.
Anita: Aber in der Regel reichts, einfach mal die erste Kränkung oder den Frust abzufangen und dann finden sie meist eh ganz schnell eine gute Lösung.
Manuel: Das sind ja erwachsene, intelligente Menschen, die wir eingestellt haben.
„Das sind erwachsene, intelligente Menschen, die wir eingestellt haben.“
Redaktion
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