Alle Unternehmen wollen im Moment agil sein - Aber was ist das?
Agile Unternehmenskultur - ein Begriff, der immer öfter fällt. Doch was ist damit eigentlich gemeint? Und welche weiteren Herausforderungen gibt es für die Unternehmenskultur der Zukunft? Welche Bedeutung werden Innovation und Führung spielen und wieso ist es manchmal gut, eine Führungsrolle wieder abzugeben? Antworten auf diese und weitere Fragen sind das Ziel des ersten Corporate Culture Jam am 16. Mai in Wien.
Nur wenige haben ein Gespür dafür, was Agilität wirklich ist #
Mitorganisatorin Sabine Prettenhofer berichtet im Interview, worauf sich die Teilnehmer des Corporate Culture Jam einstellen können:
Wendig, munter und flink: Das bedeutet agil. Was passiert bei ihrer Veranstaltung, einem agilen Jahresforum?
Sabine Prettenhofer: Agiles Jahresforum für Unternehmenskultur bedeutet für uns: Wir wollen viel ausprobieren. Es gibt tausende Konferenzen für HR-Menschen und andere Berufsgruppen und was wir machen möchten, ist eine Konferenz, die mehrere Berufsgruppen zusammen bringt und auf der eben viel ausprobiert wird. Wir wollen HR, genauso wie Kommunikation, Innovation und Marketing dabei ansprechen. Kurz: alle, die mit dem Thema Unternehmenskultur zu tun haben. Das macht das Ganze schon einmal agiler und herausfordernder in der Gestaltung des Programms. Alle Unternehmen wollen im Moment agil sein und nur wenige haben wirklich ein Gespür dafür, was Agilität wirklich ist. Deshalb haben wir Workshops, wie etwa einen Scrum-Workshop, um Begriffe wie diesen zu verstehen und auch erleben zu können. Agil ist das Forum auch deshalb, weil wir eine Mischung schaffen wollen aus traditionellen Unternehmen, Startups und KMU-Unternehmen. Das Wichtigste für uns ist, dass jeder Konferenzteilnehmer wirklich mitmachen kann und wird.
„Unternehmenskultur schreibt sich jeder gerne auf die Fahne.“
Was ist ein agiles Unternehmen jetzt genau?
Sabine Prettenhofer: Für mich hat ein agiles Unternehmen eine Innovationskultur. Unternehmen, die sich etwas ausprobieren trauen und das auch relativ schnell umsetzen. Das sind Unternehmen, in denen es nicht immer für alles eine Projektgruppe gibt, sondern wo auch einmal schnell etwas einfach entwickelt wird. Es geht also in Richtung Prototyping. Im Zentrum steht für mich dabei immer die Frage: Welche Benefits bringt dies dem Kunden?
Was sind für Sie die aktuellen und künftigen zentralen Themen der Unternehmenskultur?
Sabine Prettenhofer: Unternehmenskultur ist so ein Wort, dass sich jeder gerne auf die Fahne schreibt. Ich glaube, sie hat mehrere Aspekte. Für mich hat die Unternehmenskultur immer eine starke Mitarbeiterorientierung. Ganz wichtig ist hier das Thema Information: Wie kommuniziere ich mit meinem Mitarbeitern? Wie ist der Kommunikationsfluss? Inwieweit wissen die Mitarbeiter Bescheid und können sich auch ins Unternehmen einbringen? Dann das Thema Führung. Hier wird gefragt: Wie werden Führungskräfte ausgewählt? Wie passiert Führung? Was haben Führungskräfte für einen Stellenwert? Unternehmenskultur fängt zudem oft sehr weit oben an: Wie ist die Haltung der Geschäftsführung? Wie interagiert sie mit Mitarbeitern? Das Thema, welches immer mehr reinspielt und meiner Meinung nach immer wichtiger wird, ist jenes der Innovation.
Innovation sollte nicht nur in der IT-Abteilung passieren #
Was genau ist damit gemeint?
Sabine Prettenhofer: Innovation wird häufig fälschlicherweise nur mit Technologie in Verbindung gebracht. Für mich ist die Technologie nur ein Tool, nur ein Instrument für Innovation. Innovation ist vielmehr die Haltung der Mitarbeiter und des gesamten Unternehmens gegenüber dem Kunden, gegenüber Fehlern, gegenüber Neuem und auch gegenüber der Zukunft im Allgemeinen. Ich finde es sehr schade, wenn Innovationsprojekte nur rund um das Thema Technologie passieren, weil es meiner Meinung nach die Mitarbeiter oft frustriert. Man muss zuerst an der Haltung arbeiten und die Technologie dann als Ermöglicher der Innovation sehen. Innovation sollte vor allem nicht nur in der IT-Abteilung passieren: Alle Mitarbeiter, auch besonders die mit Kundenkontakt, sollten innovativ denken.
„Es ist kein Drama, zu sagen: Ich will keine Führungskraft mehr sein!“
Beim Jam werden viele Best Practice Unternehmen vor den Vorhang geholt: Haben sie zwei Beispiele?
Sabine Prettenhofer: Ein Vorreiter für mich ist das Schweizer Softwareunternehmen Haufe-Umatis, welches komplett neue Wege geht: Die Mitarbeiter wählen ihre Führungskräfte zum Beispiel immer wieder neu. Es ist auch kein Drama, wenn man selbst sagt: "Ich will keine Führungskraft mehr sein". Macht und Führung wird nicht so wichtig genommen und man kann durchaus sagen: "Ich möchte mich jetzt lieber wieder einem Projekt widmen." In vielen Unternehmen würde das überhaupt nicht funktionieren oder als Niederlage empfunden werden. Ein österreichisches Beispiel ist der ÖAMTC, der als extrem traditionelles Unternehmen sagt: "Wir müssen uns verändern". Im neuen Gebäude leben sie das neue Arbeiten, etwa mit flexiblen Arbeitszeiten.
Zur Person #
Sabine Prettenhofer ist Beraterin bei IDENTITÄTERund wortwelt. Als Expertin für Employer Branding gibt sie ihr Wissen auch als Lektorin an der FH Wien weiter
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