
Berufsfremde Tätigkeiten: Wenn du Aufgaben machen sollst, die nicht zu deinem Job gehören
Du arbeitest im Büro – und plötzlich sollst du im Lager aushelfen. Oder du bist Softwareentwickler*in und wirst gebeten, das Firmenauto zu waschen. Was wie ein Ausnahmefall klingt, kommt in manchen Unternehmen regelmäßig vor: berufsfremde Tätigkeiten.
Nicht jede zusätzliche Aufgabe ist automatisch ein Problem. Doch wenn Tätigkeiten nichts mit deinem Jobprofil zu tun haben oder dauerhaft unter deinem Qualifikationsniveau liegen, solltest du deine Rechte kennen und wissen, wie du damit umgehst.
👉 In diesem Artikel erfährst du:
- Was genau berufsfremde Tätigkeiten sind
- Was dein Arbeitgeber in Österreich rechtlich verlangen darf
- Wie du freundlich, aber bestimmt Grenzen setzt
Und du bekommst konkrete Beispiele an die Hand, wie du dich in solchen Situationen professionell verhältst.
Was sind berufsfremde Tätigkeiten überhaupt? #
Wichtig!
In manchen Situationen, etwa bei Engpässen, Notfällen oder Teamaktionen, kann es in Ordnung sein, auch mal fachfremd auszuhelfen. Problematisch wird es, wenn du solche Aufgaben regelmäßig und dauerhaft erledigen sollst oder unter deinem Qualifikationsniveau liegen.
Berufsfremde Tätigkeiten sind Aufgaben, die nicht zu dem Berufsbild oder der Stelle gehören, für die du laut Arbeitsvertrag eingestellt wurdest. Das bedeutet: Die Tätigkeit steht nicht im direkten Zusammenhang mit deiner Qualifikation, Position oder Jobbeschreibung.
Beispiele für berufsfremde Aufgaben:
- Du bist als Marketingassistenz angestellt und sollst regelmäßig Post austragen.
- Als Grafiker*in wirst du gebeten, die Büro-Küche zu putzen.
- Du bist Softwareentwickler*in und sollst in der Telefonzentrale aushelfen.
„Berufsfremd ist eine Tätigkeit dann, wenn sie nicht dem vereinbarten Aufgabenbereich entspricht und nicht vom Weisungsrecht gedeckt ist.“
Was darf der Arbeitgeber verlangen? #
Im Arbeitsalltag kann es vorkommen, dass du Aufgaben zugewiesen bekommst, die nicht direkt zu deinem Jobprofil passen. In manchen Fällen ist das unproblematisch, zum Beispiel, wenn es sich um kurze Aushilfen im Team handelt.
Doch wenn solche Tätigkeiten regelmäßig auftreten oder zu einer dauerhaften Mehrbelastung führen, solltest du genau hinsehen.
Rechtlicher Hintergrund in Österreich
Was dir im Job zugewiesen werden darf, hängt vorrangig von deinem Arbeitsvertrag ab. Nur Aufgaben, die in einem sachlichen Zusammenhang mit deiner vereinbarten Tätigkeit stehen, darf dir der Arbeitgeber dauerhaft übertragen. Das ergibt sich aus dem Arbeitsrecht und der ständigen Rechtsprechung in Österreich.
Der Arbeitgeber darf dir keine Aufgaben zuweisen, die:
- nicht deiner Qualifikation oder Ausbildung entsprechen,
- außerhalb deines vereinbarten Aufgabenbereichs liegen,
- nichts mit dem Wesen deines Berufs zu tun haben,
- zu einer dauerhaften, unbegründeten Mehrbelastung führen,
- mit Nachteilen (wie Gehalt, Verantwortung, Arbeitszeit) verbunden sind,
- deine Gesundheit oder Würde gefährden,
- nicht im Interesse des Unternehmens liegen (z. B. private Botendienste),
Um das jedoch nicht zu sehr einzuschränken, enthalten viele Arbeitsverträge einen Zusatz wie den folgenden:
„… sowie alle Tätigkeiten, die dem Wesen der Position entsprechen oder im Rahmen der betrieblichen Erfordernisse notwendig sind.“
Solche Formulierungen lassen Spielraum und erlauben eine gewisse Flexibilität, die auch gewollt ist. Dies bedeutet aber nicht, dass dir dein Arbeitgeber beliebige Tätigkeiten übertragen darf. Entscheidend ist, ob die Aufgabe zumutbar, sachlich begründbar und arbeitsrechtlich gedeckt ist.
Sonderfall: Änderungsklausel im Vertrag und dauerhafte Änderungen
Hinweis
In Betrieben mit Betriebsrat gilt laut § 101 ArbVG: Versetzungen, die länger als 13 Wochen dauern sollen, müssen vom Betriebsrat vorher genehmigt werden. Ohne diese Zustimmung ist die Änderung nicht rechtswirksam.
In manchen Arbeitsverträgen ist eine sogenannte Änderungsklausel enthalten. Diese erlaubt es dem Arbeitgeber, den Aufgabenbereich einseitig zu erweitern, ohne dass du einer Änderung erneut zustimmen musst. Schau daher genau in deinen Vertrag, ob solch eine Formulierung enthalten ist.
Anders verhält es sich bei dauerhaften und nachteiligen Änderungen, zum Beispiel:
- du wirst einer gänzlich anderen Tätigkeit zugewiesen
- dein Aufgabenbereich wird deutlich eingeschränkt
- du erfährst eine spürbare Schlechterstellung, etwa bei Arbeitszeit, Ort oder Verantwortung ohne entsprechende Vergütung
👉 Tipp: Wenn du unsicher bist, ob eine zugewiesene Aufgabe zulässig ist, lohnt sich ein Blick in deinen Vertrag. Auch ein Gespräch mit dem Betriebsrat oder der Arbeiterkammer (AK) kann hilfreich sein.
Beispiele: Was kann dir rechtlich zugewiesen werden? #
Angestellt als | Berufsfremde Tätigkeit | Zumutbar? | Begründung |
Büromitarbeiter*in | Vertretung der Rezeption für 30 Minuten | ✅ Eher ja | Kurzfristige Aushilfe im Team |
Buchhalter*in | Lagerbestand zählen | ⚠️ Kommt darauf an | Nur im Ausnahmefall |
HR-Assistenz | Private Einkäufe für die Chefetage | ❌ Nein | Keine betriebliche Notwendigkeit |
Marketingassistenz | Aushilfe beim Umzug der Abteilung | ⚠️ Möglich | Wenn im Team vereinbart |
Berufsfremde Aufgaben ablehnen – aber richtig #
Wenn du regelmäßig Aufgaben übertragen bekommst, die nicht zu deiner Rolle gehören und du auch nicht damit einverstanden bist, ist es wichtig, professionell damit umzugehen. Denn: Du hast das Recht, dich zu wehren – aber wie du es tust, macht den Unterschied.
👉 Wenn du eine Aufgabe für unzumutbar hältst, solltest du das nicht stillschweigend hinnehmen, sondern aktiv ansprechen. Geh dabei am besten ruhig, sachlich und lösungsorientiert vor. Im Folgenden ein paar Beispiele.
So kannst du berufsfremde Aufgaben ansprechen:
„Ich sehe, dass gerade viel zu tun ist, aber diese Aufgabe fällt eigentlich nicht in meinen Aufgabenbereich. Können wir gemeinsam überlegen, wie wir das anders lösen können?“
„Laut meines Arbeitsvertrags bin ich für XY zuständig. Ich würde gern klären, wie diese Aufgabe damit zusammenhängt.“
„Mir ist aufgefallen, dass ich regelmäßig Tätigkeiten übernehme, die nicht zu meinem Job gehören. Ich würde das gern besprechen, um eine faire Lösung für beide Seiten zu finden.“
Der richtige Weg im Ernstfall:
Wenn ein Gespräch mit der Führungskraft keine Lösung bringt oder der Druck steigt, kannst du:
- den Betriebsrat einschalten (sofern vorhanden)
- eine schriftliche Klärung einfordern (z. B. E-Mail mit Bitte um Aufgabenklärung)
- rechtliche Beratung über die Arbeiterkammer (AK) oder Gewerkschaft einholen
👉 Hinweis: Nicht jede Weigerung ist gleich Arbeitsverweigerung und dein Arbeitgeber darf dich deswegen nicht einfach entlassen. Wichtig ist, dass du die Weigerung sachlich begründen kannst, warum du die Aufgabe nicht übernehmen willst.
Was im Arbeitsvertrag stehen sollte – und worauf du achten kannst #
Viele Missverständnisse über berufsfremde Tätigkeiten entstehen, weil im Arbeitsvertrag unklare oder zu weit gefasste Formulierungen stehen. Je konkreter dein Aufgabenbereich beschrieben ist, desto besser kannst du dich später auf ihn berufen.
Typische Formulierungen im Arbeitsvertrag – und was sie bedeuten
Im Folgenden einige Beispiele von Formulierungen, wie sie im Arbeitsvertrag stehen könnten:
Formulierung | Bedeutung |
„…sowie alle Tätigkeiten, die dem Wesen der Position entsprechen“ | Weit gefasst – erlaubt Tätigkeiten im näheren Aufgabenbereich |
„…einschließlich ähnlicher Tätigkeiten im Sinne des Unternehmensinteresses“ | Sehr vage – kann berufsfremde Aufgaben rechtfertigen, wenn begründet |
„…nach Bedarf auch andere Aufgaben“ | Kritisch – hier solltest du nachfragen oder klar definieren lassen |
👉 Tipp: Fordere im Zweifel eine Stellenbeschreibung oder Aufgabenliste an. Dies hilft dir, später auf konkrete Zuständigkeiten zu verweisen.
Worauf du schon im Bewerbungsgespräch achten kannst:
Bereits im Bewerbungsgespräch kannst du gezielt fragen:
- „Wie genau ist mein Aufgabenbereich definiert?“
- „Gibt es Situationen, in denen teamübergreifende Aufgaben erwartet werden?“
- „Wie geht das Unternehmen mit Zusatzaufgaben oder Aushilfen um?“
Das zeigt, dass du gewissenhaft mitdenkst und hilft dir, spätere Unklarheiten zu vermeiden.
4 Tipps für Führungskräfte: Klare Rollen schaffen und Überforderung vermeiden #
Auch aus Sicht des Arbeitgebers ist es sinnvoll, berufsfremde Tätigkeiten zu vermeiden oder zumindest transparent und nachvollziehbar zu gestalten. Denn Unklarheiten bei der Aufgabenverteilung führen oft zu Frustration, Leistungsverlust und im schlimmsten Fall zu rechtlichen Auseinandersetzungen.
1. Klare Aufgabenprofile erstellen
Jede Position sollte eine schriftlich definierte Aufgabenbeschreibung haben, entweder direkt im Arbeitsvertrag oder als separate Stellenbeschreibung. Unklare Formulierungen wie „sonstige Aufgaben“ oder „nach Ermessen“ sollten vermieden oder konkretisiert werden.
2. Kommunikation und Einbindung stärken
Bei speziellen oder zusätzlichen Aufgaben sollte immer vorher das Gespräch mit den betroffenen Mitarbeitenden erfolgen. Bei temporären Aushilfen oder Teamaktionen hilft eine offene Erklärung („Warum? Für wie lange?“) und fördert das Verständnis.
3. Verantwortungsbewusste Delegation fördern
Aufgaben sollten nach Qualifikation und Zumutbarkeit verteilt werden. Die regelmäßige Überprüfung von Rollen und Verantwortungen (z. B. im Jahresgespräch) schafft Klarheit und Vertrauen.
4. Fairness als Führungsprinzip leben
Niemand sollte dauerhaft Tätigkeiten übernehmen, die nicht dem Jobprofil entsprechen. Das gilt umso mehr, wenn dies zu Mehrbelastung oder Unzufriedenheit führt. Ein faires Miteinander bedeutet, Ressourcen und Rollen transparent zu gestalten.
Häufige Fragen zu berufsfremden Tätigkeiten (FAQ) #
Was sind berufsfremde Tätigkeiten?
Berufsfremde Tätigkeiten sind Aufgaben, die nicht zur vertraglich vereinbarten Position gehören. Das bedeutet, dass sie außerhalb deines eigentlichen Berufsbilds oder deiner Stellenbeschreibung liegen. Sie sind weder mit deiner Ausbildung noch mit deiner Funktion im Unternehmen direkt verbunden.
Was zählt unter berufliche Tätigkeiten?
Berufliche Tätigkeiten sind Aufgaben, die mit deiner Qualifikation, deinem Arbeitsvertrag und deinem Jobprofil übereinstimmen. Sie können auch ähnliche Tätigkeiten umfassen, wenn diese sachlich begründet und zumutbar sind.
Was sind betriebsfremde Tätigkeiten?
Betriebsfremd bedeutet, dass eine Aufgabe nicht im betrieblichen Interesse liegt oder mit dem Unternehmen nichts zu tun hat. Darunter fallen etwa private Erledigungen für Vorgesetzte. Solche Aufgaben musst du nicht übernehmen.
Welche Aufgaben kann ich ablehnen?
Du kannst Aufgaben ablehnen, wenn sie: nicht in deinem Vertrag geregelt sind, nicht deiner Qualifikation entsprechen, deine Gesundheit gefährden, diskriminierend oder entwürdigend sind, betriebsfremd oder nicht sachlich gerechtfertigt sind.
Welche Arbeit kann ich verweigern?
Du darfst Arbeiten verweigern, wenn sie nicht vom Weisungsrecht des Arbeitgebers gedeckt sind oder gegen gesetzliche Schutzbestimmungen verstoßen. Im Zweifelsfall empfiehlt sich der Gang zur Arbeiterkammer oder zum Betriebsrat.
Kann mein Arbeitgeber mir andere Aufgaben zuweisen?
Ja, aber nur, wenn diese Aufgaben zumutbar, sachlich gerechtfertigt und mit deinem Aufgabenbereich vereinbar sind. Dauerhafte Änderungen des Jobprofils sollten vertraglich geregelt werden.
Fazit: Du darfst berufsfremde Tätigkeiten hinterfragen #
Berufsfremde Aufgaben gehören für viele zum Arbeitsalltag und mögen in einem gewissen Rahmen auch in Ordnung sein. Doch das bedeutet nicht, dass du alles einfach hinnehmen musst. Wenn Tätigkeiten nicht zu deiner Position passen, regelmäßig ohne Absprache erfolgen oder unter deinem Qualifikationsniveau liegen, solltest du aktiv werden.
👉 Du hast Rechte – und das österreichische Arbeitsrecht schützt dich.
👉 Du darfst Fragen stellen und sachlich ablehnen, was nicht zu deinem Job gehört.
👉 Du kannst selbstbewusst kommunizieren, was für dich (nicht) zumutbar ist.
Am Ende geht es nicht um stures Nein-Sagen, sondern um Respekt, klare Kommunikation und faire Zusammenarbeit. Und genau dazu kannst du beitragen.