Betriebliche Mitarbeitervorsorge: Beträge auszahlen lassen oder nicht?
Wer schon mehrere Arbeitgeber hatte, hat wahrscheinlich auch verschieden hohe Beträge auf unterschiedlichen Vorsorgekassen liegen. Bei der jährlichen Benachrichtigung stellt sich dann die Frage: Auszahlen lassen oder nicht? Finanzexperte Florian Märzendorfer gibt Tipps:
Die betriebliche Pensionsvorsorge ist ein toller Benefit, über den man sich spätestens im Ruhestand sehr freut. Spätestens, denn man kann sich das Geld auch schon früher auszahlen lassen. Doch ist das klug? Wir haben Finanzexperte Florian Märzendorfer von FiP.S um seinen Rat gebeten:
Betriebliche Mitarbeitervorsorge auszahlen lassen oder nicht? #
Florian Märzendorfer hat dazu eine ganz klare Meinung: „Wenn es ganz kleine Beträge sind, kann man sich diese ohne Bedenken auszahlen lassen. Ist eine Kasse dabei, auf der nur 50, 100 oder 200 Euro liegen, kannst du dir diesen ruhig auszahlen lassen und einfach schön essen gehen für das Geld.“
Zu bedenken gilt es aber Folgendes: „6 Prozent werden dabei abgezogen, da ist bei kleinen Beträgen nicht viel verloren. Ich würde mir aber keinesfalls alles auszahlen lassen. Denn die Betriebliche Mitarbeitervorsorge ist schon ein netter Bonus, den man im Alter zusätzlich zur Pension zur Verfügung hat“, so Florian.
Betriebliche Pensionsvorsorge als langfristige Anlage #
Insgesamt ist die Mitarbeitervorsorge aber als Veranlagung zu betrachten. Daher empfiehlt Florian: „Wenn ich die Mitarbeitervorsorge wirklich als langfristige Anlagemöglichkeit sehe, dann sollte ich mir alle Beträge zusammenführen lassen. Sie ist zwar sicherlich nicht die beste Möglichkeit, um viel für die Pension anzusparen, und ersetzt auch nicht die private Altersvorsorge. Aber allein, um den Überblick zu bewahren, wie viel bereits vorhanden ist, macht es Sinn, alles zusammenzufassen.“
Beträge zusammenführen: Wann und wie? #
Aber ab wann hat man denn überhaupt Anspruch auf Auszahlung oder Übertrag? „Das steht in der jährlichen Benachrichtigung“, erklärt Florian. „Üblicherweise ist das nach drei Jahren der Fall.“
Der Prozess ist dann relativ simpel: „Mit der jährlichen Mitteilung schicken die Kassen üblicherweise auch Übertragungsformulare mit. Das füllt man einfach aus und gibt Bescheid, auf welche Vorsorgekasse man das Guthaben übertragen lassen möchte. Man kann das aber auch online bei der jeweiligen Kasse beantragen. Angenommen, ich habe Beträge auf fünf verschiedenen Vorsorgekassen, weil alle meine bisherigen Arbeitgeber auf unterschiedliche eingezahlt haben, dann empfehle ich, sie auf die Kasse des aktuellen Arbeitgebers zusammenzuführen.“
Beträge über 1.000 Euro empfiehlt Florian, sich übertragen zu lassen, nachdem die Frist von drei Jahren verstrichen ist.
Sprung in die Selbstständigkeit: Vorsorge privat weiterführen? #
In einer besonderen Situation befinden sich Menschen, die sich selbstständig machen möchten oder das bereits getan haben. Da es keinen Arbeitgeber mehr gibt, der in die betriebliche Mitarbeitervorsorge einzahlt, vermehrt sich das Geld nicht mehr sonderlich. Was also damit tun?
Florians Rat: „Die Frage ist, als was ich es betrachte: Ist die Mitarbeitervorsorge für mich Geld, über das ich bisher sowieso nicht verfügen konnte und das ich als langfristige Anlage verwenden möchte? Wenn das der Fall ist, sollte ich es lieber in eine private Vorsorgeform übertragen. Vorsorgekassen veranlagen üblicherweise nicht sehr offensiv. Die Wahrscheinlichkeit, dass ich privat eine höhere Rendite bekomme als die Vorsorgekasse, ist in diesem Fall relativ hoch.“
Manch einem kommt wohl auch der verlockende Gedanke, das angesammelte Geld als Startkapital für die Selbstständigkeit zu nützen. Ob man das tun möchte oder nicht, hängt vom eigenen Sicherheitsbedürfnis und der aktuellen Situation ab, in der man sich befindet: Möchte ich lieber Geld für später „auf der Seite“ haben oder brauche ich es jetzt im Moment dringender? Dies gilt es abzuwägen.
Wie gut legt meine Vorsorgekasse an? #
Wer das Geld langfristig möglichst rentabel anlegen möchte, sollte sich nach einer entsprechenden Vorsorgekasse umsehen, empfiehlt Florian: „Wenn man online nach Vorsorgekasse Ergebnisse sucht, findet man sehr übersichtliche Vergleiche. Auf konsument.at sieht man beispielsweise recht gut, wie sicher die Veranlagung ist, wie gut die einzelnen Kassen performen, ob sie nachhaltige Anlegeformen nützen et cetera. Da kann ich auch selbst eingeben, welche Parameter mir wichtig sind und bekomme die Kassen angezeigt, die dafür in Frage kommen.“ Der Finanzexperte empfiehlt dazu aber: „Sicherheit und Garantie würde ich in der Wichtigkeit immer niedriger ansetzen, da das bei langen Zeiträumen ohnehin nicht relevant ist. Je mehr Sicherheit und Garantie ich bei langfristigen Anlagen, zwanzig, dreißig Jahre, möchte, desto weniger schaut am Ende für mich raus.“
Überblick und Geld behalten: Nicht dahintümpeln lassen! #
Solltest du demnächst also eine Jahresbenachrichtigung von deinen Vorsorgekassen bekommen, überlege dir gut, was du mit deinen Beiträgen machen möchtest. Doch keine Angst vor der Entscheidung, beruhigt Florian: „Letztlich kann man bei dem Thema nicht sehr viel falsch machen. Außer, dass man alles einfach dahintümpeln lässt. Dann hab ich irgendwann vielleicht sieben verschiedene Vorsorgekassen, bekomme im Jahr sieben Briefe und verliere gänzlich den Überblick über mein Guthaben.“
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Redaktion
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