Mein Chef, der Freund? 5 Kumpelfallen, in die ihr nicht tappen solltet
Mit der Führungskraft auf Du und Du. Klingt gut, kann im Team aber für ordentlich Spannung sorgen. Psychologin Christa Schirl weiß, in welche fünf "Kumpelfallen" Chefs und Mitarbeiter tappen können.
Chef und Freundschaft #
Kumpel und Chef: Ob das möglich ist, wollten wir von unseren Usern per Online-Voting wissen. Das Ergebnis zeigt, dass Arbeitnehmer eine Freundschaft zur Führungskraft kritischer sehen als Unternehmensvertreter.
Grundsätzlich sind einer Freundschaft über Hierarchieebenen hinweg viele Österreicher aufgeschlossen: 42 Prozent der befragten 455 Arbeitnehmer sehen kein Problem in Freundschaften am Arbeitsplatz. Bei den Führungskräften sind es sogar 48 Prozent. 14 Prozent der Mitarbeiter finden den kumpelhaften Chef okay, wenn das Unternehmen nicht zu groß ist. 33 Prozent orten bei Freundschaften früher oder später Interessenskonflikte. 11 Prozent lehnen privaten Kontakt generell ab.
Befreundet mit dem Chef - geht das? #
Mein Chef, der Kumpel - das kann auch ins Auge gehen. Wir haben bei Psychologin Christa Schirl nachgefragt: Wann können Freundschaften zwischen Mitarbeitern und Vorgesetzten problematisch werden? "Der extrem distanzierte Chef ist in der Führung genauso schwierig wie eine extrem kumpelhafte Persönlichkeit", sagt Schirl. Um Teams erfolgreich zu führen, benötigen Führungskräfte Empathie. "Das hat aber nichts mit Kumpelei zu tun", ergänzt die Psychologin. Ein freundschaftlicher Umgangston und Vertrauen sind gut und wichtig, zwischenmenschliche Beziehungen am Arbeitsplatz können aber auch zu Problemen führen.
Problem #1: Vom Kollegen zum Chef #
Gestern noch gemeinsam über die Entscheidungen der Führungsriege gelästert, heute sitzt der Kollege plötzlich selbst im Chefbüro. Jetzt kann man alle freundschaftlichen Zelte im Büro abbrechen, weitermachen wie bisher oder sich der neuen Situation anpassen. "Kumpelgeschichten entstehen oft, wenn jemand aus dem Team heraus befördert wird und zu diesem Zeitpunkt bereits Freundschaften bestehen", sagt die Psychologin. Auch externe Neuzugänge sind vor dieser Kumpelfalle nicht gefeit, z.B. dann, wenn neue Führungskräfte in ihrem Team auf Verwandte oder gute Freunde treffen. "Das kann schwierig werden, weil die Personen voneinander private Dinge wissen, die mit der Arbeit nichts zu tun haben", so Schirl.
Problem #2: Wie sprichst du mit mir? #
Wenn der Kollege, Verwandte oder gute Freund zur Führungskraft wird, müssen sich beide Seiten an neue Töne gewöhnen. Bitten werden zu Anweisungen und Feedback kann durchaus in Kritik umschlagen. Abhilfe schaffen laut Schirl klare Spielregeln und die strikte Trennung zwischen Job und privater Freundschaft: "Führungskräfte müssen wissen, welchen Hut sie gerade aufhaben. Vorgesetzter oder Freund?" Sachlich bleiben lautet die Devise für die Chefs - und Mitarbeiter dürfen sich Kritik nicht persönlich zu Herzen nehmen. Immerhin kommt sie vom Chef und nicht vom (besten) Freund.
Problem #3: Der Wohlfühl-Chef #
Ein Team, ein Herz und eine Seele. Wer daraus in eine Führungsposition wächst, möchte sich die guten und kumpelhaften Beziehungen zu den Kollegen natürlich bewahren. Problematisch wird das, wenn der frischgebackene Vorgesetzte am liebsten gar nicht im Chefsessel wäre - mit allen Konsequenzen, die der Job mit sich bringt. Angelegenheiten wie das Überbringen negativer Botschaften stehen dem Bedürfnis nach harmonischer Beziehung zum alten Team oft im Weg. "Auf gute Stimmung und Wohlgefühl im Team zu achten, ist per se nichts Schlechtes - es ist aber nicht Aufgabe der Führungskraft, die Stimmungskanone für das Team zu sein. Auch unpopuläre Entscheidungen gehören zum Chef-Alltag dazu, mit Kumpel-sein hat das dann nichts zu tun", so Schirl.
Problem #4: Feedback und Kritik #
Wird es zu freundschaftlich, können neben negativem Feedback auch schwierige Entscheidungen schwer fallen: Wie sagt man der besten Freundin, dass es ihren Job in Zukunft nicht mehr geben wird? Wie teilt man dem Schwager mit, dass seine Leistungen in der Vergangenheit stark nachgelassen haben? "Wenn die Kumpeltypen im Job zu freundschaftlich werden, fallen solche Entscheidungen schwer. Negatives Feedback wird zurückgehalten, Konflikte nicht ausgetragen. Das ist keinesfalls ideal für das gesamte Team", erklärt Schirl.
Problem #5: Die Lieblinge der Führungskraft #
Sonntags mit der Chefin zum Sport, abends mit dem Vorgesetzten noch zur Familienfeier. Kein Problem, so lange Privates und Berufliches getrennt wird. Das ist besonders wichtig, weil es das gesamte Team betrifft. "Aufpassen, wenn Chefs Lieblinge küren und ein Mitarbeiter so zum Kronprinzen oder der Kronprinzessin wird", sagt die Psychologin. Auf diese Weise können Dynamiken entstehen, die das ganze Team negativ beeinflussen: Ich war am Wochenende beim Golf und mir hat die Geschäftsführerin was erzählt, das noch nicht verraten wird. Keine angenehme Situation - für alle Beteiligten.
Kleine Anleitung für Kumpels im Büro #
Bei allen Stolperfallen und Hindernissen ist Freundschaft zwischen Kollegen und Führungskräften natürlich dennoch machbar - immer abhängig davon, wie gut man sich bereits kennt und ob die Freundschaft über eine lose Bekanntschaft bereits hinausgeht.
- Privates und Berufliches trennen Kein Problem, solange es in Job und Freundschaft gut läuft. Es wird mitunter schwierig, wenn es in einem der beiden Bereiche kriselt und Stress im Job die private Freundschaft belastet - oder umgekehrt. Hier liegt es an jedem selbst zu ergründen, wie strikt die Trennung erfolgen kann.
- Bekannter, Verwandter, Freund? Bestandsaufnahme der eigenen Beziehung zum (neuen) Boss: Aus Bekannten müssen keine besten Freunde werden, nur, weil man sich jetzt auch am Arbeitsplatz trifft und vielleicht von früher kennt. Auch der Verwandtschaft gegenüber muss man sich nicht verpflichtet fühlen.
- Freundschaftsanfrage vom Chef Willst du mein Freund auf Facebook sein? Weil sich Freund- und Bekanntschaften nicht nur offline abspielen, ein Blick auf Social Media: Wer die Anfrage vom Boss nicht einfach ablehnen möchte, sollte seine Inhalte auf verfängliche Aussagen checken und nach der geschlossenen Online-Freundschaft bedenken: Der Chef liest mit. Eigene Privatsphäreeinstellungen helfen dabei zu kontrollieren, welcher Kontakt welche Inhalte sehen kann.
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Redaktion
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