Andere überzeugen: Welche Rolle deine Emotionen dabei spielen
Jemanden von etwas überzeugen und deine Ideen möglichst gut verkaufen: Diese Situation wird dir im Berufsleben laufend begegnen. Bei Präsentationen, Terminen mit Kund*innen oder dem Mitarbeiter*innengespräch kommt es darauf an, dein Gegenüber zu überzeugen. Was Emotionen damit zu tun haben, weiß Carmen Uth. Sie beschäftigt sich in ihren Coachings mit Emotionen im Berufsleben und wie sie uns weiterbringen oder bremsen.
Warum ist es eine wichtige Eigenschaft, andere überzeugen zu können?
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Uth: Man kommt ja laufend in Situationen, in denen man andere – Kolleg*innen, Vorgesetzte, Kund*innen etc. – von einer Idee überzeugen muss. Welche Rolle Emotionen und fehlendes Verständnis dabei spielen, illustriere ich an einem Beispiel aus meiner eigenen Karriere – das übrigens nicht funktioniert hat: Im Unternehmen, in dem ich damals tätig war, haben wir damals noch mit Auftragskarten aus Papier gearbeitet. Damals kam eine neue Excel-Version auf den Markt und während ich eher technikbegeistert war, hatten die Kolleg*innen gar kein Interesse daran, das einzusetzen. Ich bin trotzdem zur IT-Abteilung gegangen, wir haben das Konzept für die Einführung ausgearbeitet und das dann eingeführt. Was ich aber überhaupt nicht drauf hatte, war das Verständnis für die anderen. Für mich war nur klar: Ich habe keine Lust, diese blöden Auftragskarten zu kleben und ständig in Kästchen zu wühlen – ich wollte alle Informationen auf einen Blick haben. Aber wir Menschen sind unterschiedlich. Was ich nicht bedacht habe, war dieses Thema: Die Angst vor Veränderungen. Damals haben einige Kolleg*innen Panik bekommen: Was wird sich dadurch ändern? Welche Auswirkungen hat das auf meinen Arbeitsplatz? Ich war einfach der Meinung, dass alle so denken wie ich.
Es gibt dieses Sprichwort: Man soll niemanden bewerten, bevor man nicht in seinen Schuhen gelaufen ist. Und das ist ein wichtiger Punkt: Sich wirklich in einen anderen Menschen hineinfühlen zu können. Herauszufinden, was er braucht. Weil nur so bekommt mein Gegenüber auch einen Eigenantrieb, die sogenannte intrinsische Motivation. Nur so bekommt er Lust darauf, mitzuziehen. Das ist ein ganz wichtiger Punkt, um in der eigenen Karriere leichter und einfacher voranzukommen - und die sogenannten Erfolgsmenschen haben diese Sache wirklich drauf.
Woran liegt es, dass es manchen so leicht fällt und anderen wiederum so schwer?
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Uth: Sicheres Auftreten und das Verkaufen der eigenen Ideen, das fällt den meisten Menschen schwer, sonst wären ja viel mehr erfolgreich und zufrieden. Es braucht dafür verschiedene Eigenschaften. Ob man diese hat oder nicht hat, liegt unter anderem an der eigenen Herkunft: Woher komme ich? Wie bin ich geprägt? Welche Erfahrungen bringe ich mit? Der eine nimmt z.B. mehr von den Eltern mit, der andere weniger. Wichtiger Schlüssel für Durchsetzungsvermögien ist sicher das Selbstvertrauen. Bringe ich Selbsttoleranz mit und respektiere ich mich selbst, kann ich auf dieser Ebene anderen Menschen auch ganz anders begegnen.
Um auf die Emotionen zu sprechen zu kommen: Welche hindern uns, wenn wir andere überzeugen möchten?
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Uth: Das ist ganz verschieden. Um bei den Basics anzufangen: Es gibt z.B. die Angst, mit meiner Idee zu scheitern und deshalb präsentiere ich sie lieber gar nicht. Oder der Druck, ich könnte einen Fehler machen oder ich empfinde Stress, weil ich Angst vor einer möglichen Blamage habe. Es kann auch Frust oder Wut sein, weil es andere angeblich viel leichter haben und ich das so wahrnehme und aus meinem Blickwinkel so bewerte.
Deshalb ist ein ausgeglichener emotionaler Haushalt so wichtig. Wie man das schafft? Mit Emotionsmanagement. Emotionen sind Energie, wobei wir Ausschläge nach oben oder unten haben: Wut, Ärger, Stress sind Beispiele für Überdruck. Frust, Angst oder Machtlosigkeit sind Unterdruck – also zu wenig Energie. Wenn wir es schaffen, das auszugleichen, dann können wir auch ganz anders mit unseren Mitmenschen umgehen. Die Kür ist dann das Emotionsleadership, die emotionale Selbstführung. Hier geht es darum, dass ich auch meine Peaks, also die Ausschläge, dafür einsetze, meine Ziele zu erreichen.
Überlege mal selbst: Wie möchtest du jemanden überzeugen, wenn du unter Druck stehst oder Angst empfindest? Der andere spürt sofort, dass ich mich gar nicht auf sie*ihn einlassen kann, weil ich so sehr mit mir selbst beschäftigt bin. Das verhindert ehrlichen Austausch und der ist so wichtig. Die perfekte Situation: Ich ruhe in mir, bin souverän und authentisch. Das bedeutet nicht, Wut oder ähnliches zu unterdrücken. Es ist wichtig, Emotionen auszuleben – aber mit Bedacht! Ziel ist es, möglichst an einen Punkt zu gelangen, an dem man keinen Wutanfall bekommt, wenn er fehl am Platz ist.
„Was hat der andere davon, wenn er sich auf meinen Vorschlag einlässt?“
Wie gelingt der Umgang mit den Emotionen anderer Personen? Wenn ich Widerstand spüre?
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Uth: Das ist ein wichtiger Punkt, dass man jetzt unterscheiden kann: Werde ich jetzt emotional kritisiert bzw. angegriffen oder handelt es sich um einen konstruktiven Einwand? In beiden Fällen rate ich zu Verständnis in der ersten Reaktion. Handelt es sich um eine emotionale Kritik: Herausfinden, woran es liegt, um die Wogen zu glätten. Es ist unglaublich viel möglich, sobald ich einem Menschen offen begegne. Wenn ich es schaffe, selbst nicht in die Emotion reinzurutschen, sondern den anderen zu mir hole, dann können wir offen sprechen: Was ist passiert? Was ist los? Können wir darüber reden? Dadurch erschafft man immensen Handlungsfreiraum und auch ein positives Image.
Wenn ein konstruktiver Einwand vorliegt, dann muss ich herausfinden, was der andere davon hat, wenn er sich auf meinen Vorschlag einlässt. Das ist das Wichtigste – das Motiv, den Nutzen, den Antrieb des anderen herausfinden. Dazu muss man auf die Bedürfnisebene gehen. Das ist aber auch ein Thema, ähnlich den Emotionen, das uns in der Business-Welt noch ziemlich fern ist. Dabei wird das von Tag zu Tag wichtiger. Immer mehr strömt auf uns ein und es ist wichtig, uns gesund abzugrenzen ohne anderen das Gefühl zu geben, sie auszugrenzen. Dafür braucht es diese emotionale Intelligenz. Ohne diese Führungsqualität wird es in Zukunft gar nicht gehen.
Gibt es hier Unterschiede zwischen den Geschlechtern?
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Uth: Ich bin der Ansicht, dass sich Frauen hier viel von den Männern abschauen können. Frauen bekommen in der Erziehung oft andere Werte vermittelt: Dränge dich nicht in den Vordergrund, halte dich höflich zurück. Das geschieht oft auf eine sehr subtile und unbewusste Art und Weise. Ich möchte keinen Eltern unterstellen, dass sie das absichtlich tun, um ihren Kindern zu schaden! Wir geben Dinge auch so weiter, wie wir sie erlebt haben – ohne uns darüber groß Gedanken zu machen. Ich will damit aber nicht sagen, dass das nur Frauen sind, die ihre Ideen nicht gut verkaufen können. Es gibt auch Männer, die ungern im Mittelpunkt stehen und das Überzeugen anderer nicht drauf haben.
Redaktion
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