Zum Seiteninhalt springen
Zurück zu Unternehmenskultur
Employee experience

Employee Experience: Warum sie entscheidend für den Unternehmenserfolg ist

Unternehmenskultur Erstellt am: 04. August 2020 7 Min.

Wie Mitarbeiter ihr Arbeitsleben in einem Unternehmen empfinden, beschreibt die Employee Experience. Max Lammer, Veranstalter des Employee Experience Summit, erklärt im Interview, worauf es dabei ankommt und warum sich Mitarbeiterzufriedenheit sogar in Zahlen messen lässt.

„Der Schwenk von Human Resources zu Employee Experience ist momentan eines der wichtigsten strategischen Handlungsfelder“, meint Max Lammer. Im Gespräch erklärt er uns, warum das so ist und belegt seine Meinung mit allerlei Zahlen und logischen Argumenten.

Was ist Employee Experience? Eine Begriffsdefinition #

Was umfasst die Employee Experience?

Max Lammer: Employee Experience beschreibt alle Interaktionen, Erfahrungen und Erlebnisse, die Mitarbeiter im Laufe ihrer Zugehörigkeit zum Arbeitgeber haben. Im gesamten Zeitverlauf von Pre-Hire zu Retire entsteht eine lebenslange Beziehung und die wird geprägt von unterschiedlichen Erfahrungen und Momenten. Diese Erlebnisse entscheiden darüber, wie wir dem Unternehmen gegenüber eingestellt sind.Worum gehts beim Employee Experience Summit?

Max Lammer: Unser Employee Experience Summit beschäftigt sich mit Entwicklungen rund um dieses Thema. Wir rücken es für einen Tag in den Fokus und möchten es damit in Österreich noch bekannter machen. Auf unserem Summit berichten internationale Experten, Praktiker und Pioniere auf diesem Gebiet, was sie in ihren Funktionen in ihren Unternehmen umgesetzt haben. Es geht um Erfahrungsaustausch, Inspiration und ganz viele gute Argumente, damit anzufangen.

Wer für die Employee Experience im Unternehmen verantwortlich ist #

An wen richtet sich eure Veranstaltung?

Max Lammer: An diejenigen, bei denen die Employee Experience im Unternehmen verortet sein sollte: Das sind einerseits Geschäftsführer beziehungsweise C-Level, also die oberste Entscheidungsebenen, denen das Thema meiner Meinung nach wichtig sein muss. Andererseits natürlich alle Beteiligten am Personalmanagement, von HR-Managern bis zu Abteilungsleitern, die zu neuen Architekten für die Employee Experience werden.

Apropos Architekt: Du beschreibst dich selbst als Employee Experience Designer beziehungsweise Creator. Wie kannst du als externer Berater die Employee Experience in einem Unternehmen beeinflussen?

Max Lammer: Ich selbst kann natürlich nur Input geben oder Inspiration, ich kann Sparringpartner sein für diejenigen, die das in der Organisation entwickeln wollen. Ich kann mit Beispielen oder Vorschlägen in konkreten Situationen helfen. Aber natürlich kann ich alleine nicht die Employee Experience in Unternehmen gestalten. Dazu gibt es vier Stufen: Erstens muss es ganz oben gewollt sein. Ohne das geht gar nix. Zweitens muss die HR die Architektenrolle einnehmen. Als drittes sind die Führungskräfte gefragt. Sie sind die ultimativen Vermittler der Employee Experience – nicht umsonst heißt es „people do not leave jobs, they leave bosses“. Auf der vierten Stufe stehen alle Mitarbeiter, die in die Umsetzung eingebunden sind.

Moments that matter: Entscheidende Erlebnisse im Mitarbeiterleben #

Also, du bist der Inputgeber von außen. Womit beginnst du klassischerweise?

Max Lammer: Mit Begriffsdefinitionen. Was verstehen wir darunter und worauf hat es einen Einfluss? Wo können wir den Impact in unserem Unternehmen spüren und messen? Dann gehts darum, für das jeweilige Unternehmen festzustellen, was die „moments that matter“ sind. Die werden dann nach Priorität gestaltet. Das ist, wie bei vielem heutzutage, ein iterativer Prozess mit viel Ausprobieren, Prototypen, Feedbackschleifen, und das alles zahlengestützt.

Was sind denn die wichtigsten „moments that matter“?

Max Lammer: Für jede Organisation gibts unterschiedliche Gewichtungen, aber Klassiker sind beispielsweise einzelne Schritte im Bewerbungsprozess, der erste Arbeitstag oder ein privates Ereignis. Das sind Momente, die mit Emotion verbunden und sehr einflussreich auf die weitere Beziehung zum Arbeitgeber sind. Da möchte ich den ersten Arbeitstag besonders betonen, denn laut einer Erhebung aus 2019 sind 30 Prozent der Mitarbeiter bereits am ersten Tag schon demotiviert. Da sieht man, wie viel man damit anrichten kann, wenn man sich von Beginn an nicht richtig um seine Mitarbeiter kümmert. Und ich habe das Gefühl, dass in vielen Unternehmen die Employee Experience einfach dem Zufall überlassen wird.

„30 Prozent der Mitarbeiter sind am ersten Tag schon demotiviert.“

Max Lammer
Max Lammer scaled 225x300

Employee Experience ist keine Frage der Unternehmensgröße #

Kann das daran liegen, dass es, speziell in kleineren Unternehmen, oft gar keine eigene Personalabteilung gibt?

Max Lammer: Das kann ich so nicht bestätigen. Auf die Größe eines Unternehmens kommts gar nicht an. Nur weil es eine eigene Personalabteilung gibt, heißt das noch lange nicht, dass die sich automatisch besser um die Employee Experience kümmern, als wenn sich der Chef persönlich um Recruiting und Personal annimmt. Ganz im Gegenteil: Personalmanagementeinheiten sind Managementeinheiten, wie der Name schon sagt. Da gehts um Prozesse, ums Verwalten, darum, Tools anzuwenden, Regeln einhalten ... Meist geht es dabei nicht um die Gestaltung eines Erlebnisses, weil wir die Arbeit in HR-Abteilungen bis dato – vielleicht auch zurecht – in unseren Organisationen als Verwaltung der „Ressource Mitarbeiter“ verstanden haben. Employee Experience ist die nächste Stufe des Verständnisses.

„Die Arbeit in HR-Abteilungen haben wir bis dato als Verwaltung der „Ressource Mitarbeiter“ verstanden. Employee Experience ist die nächste Stufe.“

Max Lammer

Also nicht die Größe entscheidet, sondern der Wunsch, etwas für die Mitarbeiter zu verbessern?

Max Lammer: Genau. Bei allem, worüber wir hier sprechen, lautet die Grundfrage: Ist es dir wirklich, wirklich wichtig? Und die muss die oberste Etage klar mit Ja beantworten. Nur dann gibts auch die nötigen Voraussetzungen, um eine gute Employee Experience gestalten zu können. Letztlich gehts darum, Mitarbeiter zu halten. Und wie wir aus diversen Umfragen wissen, sind mehr als die Hälfte der Arbeitnehmer bereit, den Job zu wechseln, wenn die Rahmenbedingungen stimmen. Gleichzeitig wissen wir, dass sich rund 20 Prozent der Arbeitnehmer bald in die Pension verabschieden. Wir sprechen also nicht mehr vom War for Talents, sondern vom War for People, weil sich Lücken auftun, die nicht mehr zu schließen sind. Umso wichtiger ist es, die bestehenden Mitarbeiter mit all ihrem Know-how zu halten.

Das gelingt nicht rein über Employer-Branding-Maßnahmen, sondern darüber, was Leute über ihren Job erzählen. 80 Prozent lassen sich davon beeinflussen, was auf Bewertungsplattformen steht – übrigens nicht nur junge Arbeitnehmer, sondern auch Menschen jenseits der Fünfzig. Darum müssen die Erfahrungen der Mitarbeiter mit den Versprechungen im Employer Branding übereinstimmen. Und auch dazu gibts eine Erhebung: Mehr als 30 Prozent verlassen das Unternehmen noch in der Probezeit, wenn sich nicht bewahrheitet, was vorab erzählt wurde. Das bedeutet doppelten Recruiting-Aufwand und hohe Kosten. Dazu kommt: Mitarbeiter, die motiviert sind, leisten bessere Arbeit, treiben die Innovation im Unternehmen voran und sorgen für mehr Kundenzufriedenheit. Das ist essenziell für den wirtschaftlichen Erfolg. Der Schwenk von Human Resources zu Employee Experience ist daher meiner Meinung nach momentan eines der wichtigsten strategischen Handlungsfelder.

Maßnahmen vs. Mindset: Der Wille entscheidet über den Erfolg! #

Welche Maßnahmen der Employee Experience fruchten üblicherweise besonders gut?

Max Lammer: Es geht weniger um Maßnahmen, sondern ums richtige Mindset. Am Anfang steht immer die Frage, obs wirklich wichtig ist. Denn jede Maßnahme, die nicht mit hundertprozentigem Einsatz durchgeführt wird, bringt am Ende wenig. Wenn ich weiß, was den Mitarbeitern im Unternehmen wichtig ist, und man es mit ihnen gemeinsam umsetzt, dann sind Erfolge sehr schnell spür- und messbar. Das Verständnis dafür aufzubringen und den Zusammenhang mit anderen Bereichen zu erkennen, das ist für Unternehmen oft noch sehr schwierig.

Viele Geschäftsführer bemühen sich zwar, das Thema sachlich nachzuvollziehen, aber das ist trotzdem nicht dasselbe wie es wirklich zu wollen. Der Wille ist der größte Erfolgsfaktor. Und wenn der einmal ausgesprochen ist, dann darf es keine Kompromisse mehr geben. Das haben Unternehmen wie AirBnB als eine der ersten erkannt. Der ehemalige Chief Experience Officer von AirBnB, wird uns am Summit von seinen Erfahrungen berichten. Und er hat uns schon im Vorfeld eine Erkenntnis bestätigt, die wir schon lange vermutet haben: dass Customer Experience und Employee Experience eins zu eins zusammenhängen.

Hast du dafür Beispiele?

„Oft managen wir an den Mitarbeitern vorbei, statt darauf zu hören, was sie brauchen.“

Max Lammer: Oft managen wir an den Mitarbeitern vorbei, statt darauf zu hören, was sie brauchen. Ein Beispiel: Als T-Mobile USA einen neuen Geschäftsführer bekommen hat, sind am ersten Tag alle C-Level-Mitglieder zu ihm gekommen, um ihm ihre Pläne fürs Unternehmen zu präsentieren. Statt sie sich anzusehen, hat er erst mal eine Woche lang T-Mobile-Shops im ganzen Land besucht und die Mitarbeiter dort nach ihren größten Problemen im Arbeitsalltag gefragt. Erst danach hat er sich die Pläne der C-Levels angehört und die haben sich nicht mit dem gedeckt, was die Mitarbeiter „an der Front“ ihm erzählt hatten. Also haben sie die Pläne der C-Levels verworfen und das umgesetzt, was die Mitarbeiter wollten. Ein Jahr später hatten sie 10 Prozent Umsatzsteigerung.

Also ich fasse zusammen: Um Employee Experience gut umsetzen zu können, müssen Geschäftsführung und C-Level etwas verbessern wollen und an der Meinung der eigenen Mitarbeiter interessiert sein.

Max Lammer: Ja, genau. Und dieses Interesse darf nicht nur einmal im Jahr, nach der Bonusauszahlung oder kurz vor Weihnachten spürbar sein, sondern sehr viel regelmäßiger. Und auch da muss jedes Unternehmen seinen passenden Rhythmus finden. Nicht alle wollen ständig befragt werden. Aber bei zweiwöchentlichen Befragungen mit unterschiedlichen Fragestellungen kann man schon sehr gut ablesen, welchen Einfluss bestimmte Ereignisse auf die Gefühlszustände im Unternehmen haben. All die modernen Arbeitsweisen, die wir für unser Business lernen, wie SCRUM, Design Thinking, Prototypisieren etc, eignen sich wunderbar, um die Employee Experience zu gestalten.

Zur Person #

Max Lammer ist selbstständiger Berater, Speaker und Autor, sowie Thought Partner zu Employee Experience für Organisationen egal welcher Größe und Branche. Die Gestaltung einer herausragenden Employee Experience ist für ihn die ultimative Mission. Als Veranstalter des Employee Experience Summit setzt er sich dafür ein, dass das Thema in Österreich noch mehr Bekanntheit erlant.

Bildnachweis: shutterstock/Roman Samborskyi


Avatar Redaktion 2x

Redaktion
Mehr erfahren

Entdecke mehr zu diesem Thema

Podcast: Wie die Krise unsere Arbeitswelt verändert und was wir daraus lernen

Erstellt am: 26. April 2021 4 Min.

Wie sieht das „neue Normal“ im Arbeitsleben aus? Darüber haben wir ein Jahr nach unserem ersten Podcast-Gespräch neuerlich mit Frank Eilers gesprochen. Die vier wichtigsten Thesen findet ihr im Blog – mit Link zur Episode!

In Jogginghosen zur Arbeit – Probier’s mal mit Gemütlichkeit!

Erstellt am: 21. Januar 2019 3 Min.

Supergemütlich oder einfach nur unangebracht? Die Jogginghose im Büro spaltet die Gemüter – auch bei uns im karriere.at-Office. Anlässlich des internationalen Jogginghosentags haben wir uns umgehört, was für mehr Gemütlichkeit im Büro spricht, und was dagegen.

Flexible Arbeitszeiten: 6 Modelle aus der Praxis

Aktualisiert am: 05. Juli 2023 10 Min.

Sind fixe Arbeitszeiten veraltet? Ja, wenn es nach Österreichs Arbeitnehmer*innen geht. Working 9 to 5 ist in vielen Berufen schlicht nicht mehr nötig, das erkennen auch Arbeitgeber. Um dem starren Konstrukt zu entkommen, gibt es viele Möglichkeiten. In diesem Artikel bekommst du einen Überblick über flexible Arbeitszeitmodelle, die bereits erfolgreich umgesetzt werden.