Quereinstieg: Mit Persönlichkeit zum Erfolg
Das mit den Quereinsteiger*innen ist manchmal ein zwiespältiges Ding: Einerseits zeichnen sie sich durch hohe Motivation aus und brillieren in den Kompetenzen, die sie sich bis dato angeeignet haben. Andererseits werden sie aufgrund ihrer Branchenfremdheit von Unternehmen noch immer als Risiko empfunden. Dabei sollte man Quereinsteiger*innen in Zeiten des Fachkräftemangels als das erkennen, was sie tatsächlich sind: unbezahlbares Potenzial!
Das Quereinstieg-Einmaleins #
Zum Einstieg eine kurze Definition dessen, was eine Quereinsteiger*in eigentlich ausmacht: Als Quereinsteiger*in werden jene Menschen bezeichnet, die über eine abgeschlossene Ausbildung und berufliche Erfahrung verfügen. Aus Neugierde, Not oder schlicht durch Zufall „verirren“ sie sich schließlich in eine fremde Branche und fassen dort Fuß.
Ein gutes Beispiel dafür sind Geisteswissenschaftler*innen. Das Studium aus Leidenschaft begonnen und abgeschlossen, haben sie am Arbeitsmarkt häufig Schwierigkeiten, in ihrem Fachbereich einen Job zu finden. Dank ihrer Persönlichkeit, Kompetenzen und Soft Skills sowie ihrer Bereitschaft, sich selbstständig und schnell in eine neue Materie einzuarbeiten, schaffen sie es, auch in unerforschten Gebieten ein Lager aufzuschlagen.
Wirtschaft zieht geradlinige Karrierepfade wildem Zickzack vor #
Bis dato beurteilt die Wirtschaft Bewerber*innen fast vollständig auf Grundlage ihrer bisher erbrachten Leistungen und erworbenen Qualifikationen. Breit aufgestellte Bewerber*innen, die keinen linearen Karriereweg hinter sich gebracht, sondern Stopps in verschiedenen Berufsfeldern eingelegt haben, werden von Unternehmen noch immer eher mit Vorsicht bedacht.
Wenn Arbeitgeber auf der Suche nach neuen Mitarbeiter*innen sind, wollen sie, dass diese möglichst 100 Prozent ihrer Erwartungen erfüllen. Neulinge sollen direkt produktiv im Unternehmensalltag einsetzbar sein. Zudem setzen Unternehmen lieber auf langjährige Branchenerfahrung, aus der sie gleichzeitig auch Arbeitgebertreue ableiten. Wer keine klassische Laufbahn vorweisen kann, wird von ihnen häufig zur Seite geschoben oder gar nicht erst beachtet.
Das Misstrauen der Unternehmen rührt auch daher, dass die Quereinsteiger*innen mit den Produkten und Dienstleistungen der Branche nicht vertraut sind. Aus diesem Grund beurteilen sie die Einarbeitungsphase als viel zu aufwendig und zeitintensiv. Ob eine Person menschlich ins Unternehmen passt, wird immer jedoch wichtiger. Der berufliche Hintergrund steht allerdings immer noch an Nummer Eins – auf die Idee, dass eine Quereinsteiger*in in ihrer neuen Rolle aufblühen könnte, kommen viele Unternehmen erst gar nicht.
Von der Tellerwäscher*in zur Millionär*in #
Doch nur weil jemand eine Ausbildung in einem bestimmten Bereich absolviert hat, bedeutet das nicht, dass er seine Arbeit automatisch gut macht oder gar kreativ ist. Statt sich also zu fragen, was der Quereinsteiger*in fehlt, ist es klug herauszufinden, über welche anderen, wichtigen Kompetenzen sie*er verfügt. Diese können auch in einer eigentlich fachfremden Branche von Vorteil sein!
Im angloamerikanischen Raum wird der Mythos „Von der Tellerwäscher*in zur Millionär*in“ tatsächlich gelebt. Hier empfehlen sich Bewerbende nämlich mit ihrer persönlichen Kompetenz. Was sie gelernt haben steht nicht so sehr im Vordergrund wie das, was sie bereits können. Ihre Erfahrungen, in welchen auch immer sie sie gesammelt haben, sind nebensächlich. Der Arbeitsmarkt in diesen Ländern funktioniert deswegen auch wesentlich dynamischer, weil er durch weniger Reglementierungen gestört wird. Natürlich wollen wir Menschen wie die zuvor erwähnten, sehr gut ausgebildeten Geisteswissenschaftler*innen nicht mit Tellerwäscher*innen vergleichen – eine Analogie zum oft zitierten amerikanischen Selfmade-Man*Woman ist im Erfolg als Quereinsteiger*in jedoch vorhanden.
Den Blick fürs Persönliche schärfen #
Wie wählerisch dürfen Unternehmen hinsichtlich ihrer Erwartungshaltung, was neue Mitarbeiter*innen betrifft, überhaupt noch sein? Der Wettbewerb um Talente verschärft sich von Jahr zu Jahr. Soll man die Bewerbungen von hochmotivierten Quereinsteiger*innen tatsächlich mir nichts dir nichts unter den Teppich kehren, oder könnte sich ein zweiter Blick nicht doch bewähren?
Die Digitalisierung schafft nicht nur neue Berufe, sondern verändert darüber hinaus bereits bestehende. Für Arbeitnehmer*innen bedeutet das, dass sie auf Mitarbeiter*innen angewiesen sind, die auf diese Veränderungen flexibel reagieren können. Fachfremde, die viel probiert haben, zeichnen sich oft durch interdisziplinäres Denken aus, können Wissen leichter auf neue Situationen umlegen und bringen meist frische, neue Perspektiven mit.
Um Quereinsteiger*innen zu ermutigen, sollte man sie direkt in der Stellenausschreibung zur Bewerbung auffordern. Personaler*innen müssen sich darüber bewusst werden, dass Abschlüsse und Zertifikate alleine nicht reichen, um ein passendes Talent zu identifizieren. Matching-Tools sind zwar ganz nett, doch bei dermaßen eng gesetzten Filtern läuft man schnell Gefahr, wahre Talente zu übersehen. Unternehmen sollten Menschen mehr Vertrauen entgegenbringen hinsichtlich ihrem Gespür, was sie können und was nicht und welchen Erwartungen sie gerecht werden können.
Bianca Schedlberger
Content Managerin
Mehr erfahren