Worum gehts in meinem Job? Die wichtigste Frage vor dem Bewerbungsgespräch
Die Vorbereitung auf ein Bewerbungsgespräch sollte weit mehr umfassen, als die Kleiderwahl und Anekdoten zum Lebenslauf. Das zumindest meint Personal- und Karriereberater Franz M. Köck. In seinem Buch „Das ganzheitliche Vorstellungsgespräch“ erklärt er, warum man stets das „große Ganze“ im Blick haben sollte.
Weißt du, worum es in deinem Job wirklich geht? Hast du schon mal drüber nachgedacht, wie du zum Unternehmenserfolg beiträgst? Genau davon solltest du auch im Bewerbungsgespräch erzählen. Personal- und Karriereberater Franz M. Köck erklärt uns im Interview, warum diese Fragen erfolgsentscheidend sein können und warum er ein Buch darüber geschrieben hat.
Was das ganzheitliche Bewerbungsgespräch umfasst #
Ihr Buch trägt den Titel „Das ganzheitliche Vorstellungsgespräch“. Was bedeutet das?
Franz M. Köck: Es bedeutet die Analyse und Einordnung der eigenen Tätigkeit im Gesamtzusammenhang. Ein Beispiel aus dem Buch: Eine Verkaufssachbearbeiterin wird gefragt, was sie in ihrem Job macht. Sie antwortet: Naja, ich stelle eben zusammen, wie viel wir jedes Monat von welchen Produkten verkauft haben, in welchen Regionen, an welche Kund*innen und so weiter ... Eine andere antwortet auf dieselbe Frage: Ich stelle Daten zusammen, damit unser Verkaufspersonal unsere Kund*innen besser versteht.
„Es geht um den Zugang zur Arbeit. Wer das verstanden hat, kann viel besser überzeugen!“
– Die zweite Dame weiß, worum es in ihrem Job eigentlich geht und was das Ziel ihrer Tätigkeit ist. Die andere rechnet halt schön brav zusammen und liefert das ab, aber es geht nicht darüber hinaus. Der Unterschied liegt beim Zugang zur Arbeit: Jede*r leistet einen Beitrag zum Gelingen des Ganzen. Wer das verstanden hat, kann im Bewerbungsgespräch viel besser überzeugen.
Dazu muss man sich intensiv mit der eigenen Funktion, dem eigenen Beruf auseinandersetzen. Das geht also weit über die Vorbereitung aufs Vorstellungsgespräch hinaus.
Franz M. Köck: Das ist richtig. Wenn ich im Bewerbungsgespräch sehe, dass Kandidat*innen verstanden haben, worum es geht, dann sind die auch automatisch vorne in der Auswahl. Genau das brauchen Unternehmen! Für das Vorstellungsgespräch ist es wichtig, erklären zu können: Was habe ich da gemacht? Um was ist es da gegangen? Wenn man so gut vorbereitet ist, gibt es auch keine Nervosität.
Ein Leitfaden zu mehr Selbstsicherheit #
Wenn ich mir bewusst darüber bin, welchen Wert und Kontext meine Arbeit hat, dann bin ich gleich viel selbstsicherer.
Franz M. Köck: Absolut. Das ist, wie wenn man für eine Prüfung lernt. Gut vorbereitet geht man auch viel entspannter hin und das überträgt sich natürlich auch auf die Interviewpartner*in. Leider leben wir in einer Fehlerkultur und werden schon in der Volksschule immer darauf hingewiesen, was wir nicht können. Daraus resultiert auch eine gewisse Unsicherheit. Davon müssen wir abkehren und uns bewusst machen: Was habe ich schon alles gemacht? Was kann ich und warum ist das wichtig für die Firma, bei der ich mich bewerbe?
„Wir müssen weg von der negativen Fehlerkultur!“
Ihr Buch ist demnach auch ein Leitfaden, um sich selbst und der eigenen Berufswahl sicherer zu werden?
Franz M. Köck: Es ist auch gleichzeitig ein Leitfaden zur Kompetenzsteigerung. Worum gehts eigentlich? Macht euch das bewusst, dann habt ihr auch Freude an der Arbeit, weil ihr den Sinn darin seht. Und damit überzeugt man dann auch im Bewerbungsgespräch. Wenn wir neue Mitarbeitende suchen, dann wollen wir auch, dass die sich mit unseren Zielen identifizieren und mit Freude zur Arbeit gehen. Da setzt das Buch an, weil in anderen Ratgebern erfährt man lediglich, was man anziehen soll oder wie ein Gespräch abläuft. Ich bin der Meinung, gute Vorbereitung geht sehr viel tiefer. Daher „ganzheitliches Vorstellungsgespräch“.
Schwierigkeiten bei Jobsuche und Selbstpräsentation #
Sie haben schon langjährige Erfahrung im Personalbereich. Was sind Ihrer Erfahrung nach die größten Schwierigkeiten, die Bewerber*innen bei der Jobsuche und im Interview haben?
Franz M. Köck: Die Schwierigkeiten beginnen oft schon in der Formulierung der Stelleninserate. Die transportieren oft nicht das, was die Firma wirklich will. Talente bewerben sich dann in der Hoffnung, alle Anforderungen zu erfüllen, bekommen aber kein Feedback, weil die Firma sagt, das passt überhaupt nicht zu uns. Es ist für Bewerber*innen sehr schwierig, wenn Stellenbeschreibungen nicht präzise sind. Leider nehmen sich Firmen oft zu wenig Zeit, um die Inserate wirklich gut zu formulieren.
„Viele schauen nur auf die Headline und auf die Optik.“
Ein anderes Problem ist, dass Jobsuchende die Stellenprofile nicht genau lesen. Viele schauen nur auf die Headline und nicht darauf, was darunter steht. Die Anforderungen und Tätigkeiten sind aber je nach Firma sehr unterschiedlich und dann passiert es, dass man sich für viele Stellen bewirbt, die gar nicht passen. Durch das genaue Lesen könnte man sich das sparen. Bei der Bewerbung fällt mir auf, dass zu viel Wert auf die Optik gelegt wird. Wir sehen sehr schöne Layouts, sehr schöne Lebensläufe, aber der Inhalt ist oft mangelhaft. Das zeigt sich dann auch im Gespräch. Es scheint, als würde es doch einer großen Gruppe von Leuten schwerfallen, sich mit sich selbst zu beschäftigen und zu reflektieren.
Zum Beispiel, wenn Menschen ihre Stärken nicht beschreiben können, weil sie sie nicht wissen.
Franz M. Köck: Genau und wenn wir von Stärken sprechen, meinen wir ja persönliche Eigenschaften, wie belastbar oder kommunikativ. Stärken sind etwa auch eine besondere Ausbildung oder Dinge, die man beruflich realisiert hat. Davon erzählen Bewerber*innen aber nie, wenn ich nach den Stärken frage. Dabei bräuchte man davor gar keine Angst zu haben, weil ein Bewerbungsgespräch ist ja keine Beichte.
Wünsche der Bewerber*innen: Ein Job muss Lebensqualität bieten #
Hat sich das Verhalten der Bewerber*in durch den in vielen Branchen steigenden Fachkräftemangel verändert?
Franz M. Köck: Ja, auf jeden Fall. Bewerbende achten auch viel mehr auf ihre Lebensqualität, sie stellen doch gewisse Forderungen. Da ist nämlich schon das ganzheitliche Verständnis da. Der Job muss eine gewisse Lebensqualität ermöglichen: die Familie, die Freunde, das Hobby – das alles muss mit dem Beruf vereinbar sein.
Wenn man schon sehr genau weiß, was einem im Leben allgemein wichtig ist, könnte man das ja auch gleich auf den Job übertragen, oder? Das soll sich doch ergänzen.
Franz M. Köck: Ganz genau. Darum muss man sich auch fragen: Passt das zu mir? Passe ich da hinein? Das sind die Vorbereitungen, die Sicherheit und Souveränität erzeugen, wenn man zum Bewerbungsgespräch kommt.
Fragen und Entscheidungen im Bewerbungsgespräch #
In Ihrem Buch haben Sie einen sehr umfangreichen Fragenkatalog angeführt, mit dem Bewerbende diesen Aspekt besser verstehen und sich selbst besser kennenlernen. Sind das Fragen, die Sie in Bewerbungsgesprächen auch wirklich stellen würden oder schon gestellt haben?
Franz M. Köck: Dadurch, dass wir Kandidat*innen für die jeweilige Position miteinander vergleichen können müssen, stellen wir ihnen annähernd die gleichen Fragen. Aus der Fachliteratur und meiner jahrelangen Erfahrung hat sich dieser Fragenkatalog ergeben, mit dem man super durchkommt.
Wenn Talente ähnliche Qualifikationen und Erfahrungen mitbringen, wonach entscheiden Arbeitgeber dann Ihrer Erfahrungen nach?
Franz M. Köck: Der fachliche Aspekt ist zwar vorherrschend, aber natürlich spielt auch die menschliche Komponente eine Rolle. Wir sind alle Menschen und empfinden gewisse Zuneigungen oder Affinität zu Personen oder Eigenschaften. Man entscheidet sich bei gleicher Qualifikation dann für das Talent, das besser ins Team passt, damit die Zusammenarbeit auch gut funktioniert.
Redaktion
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