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Gap Year: Einmal Auszeit, bitte!

Weiterbildung Erstellt am: 27. Januar 2020 7 Min.

Du stehst zwischen Matura und Studium oder Bachelor und Master? Hast aber keine Ahnung, welcher Studiengang der richtige ist oder ob du nicht doch besser in der Arbeitswelt aufgehoben wärst? Kein Grund, die Hände verzweifelt über dem Kopf zusammenzuschlagen. Ein Gap Year kann für Klarheit sorgen.

Mein Verhältnis zu vollendeten Lebensabschnitten war schon immer etwas … nun, sagen wir ambivalent. Als ich nach fünf langen Jahren endlich mein Maturazeugnis in Händen hielt, war ich erleichtert. Die mir so verhasste Mathematik hatte mich letzten Endes doch nicht bezwungen mit ihren Koeffizienten, rechten Winkeln und arithmetischen Mitteln. Ich stand damals aber vor einem – in meinen Augen – größeren Problem. Nämlich der Frage, was zum Teufel ich jetzt mit meinem Leben anstellen sollte. Entgegen aller Erwartungen hatte ich nämlich keine göttliche Eingebung, die mir meine Zukunft offenbarte und mich auf den rechten Weg brachte.

Gap Year zur Selbstfindung #

Viele junge Menschen, die zwischen erworbener Matura und der Entscheidung für oder gegen ein Studium stehen oder nicht wissen, wo sie sich beruflich hinpflanzen sollen, gehen auf Distanz – wortwörtlich. Auch ich hatte das Gefühl, Abstand vom Bildungssystem zu brauchen und eine klare Trennlinie zwischen mir und der Schulzeit zu ziehen.

Ein Gap Year einzulegen, ist heutzutage keine Seltenheit. Denn mit der Unentschlossenheit war ich (und bist vielleicht auch du?) nicht alleine. Anstatt überstürzt irgendein Studium zu beginnen oder einen Job anzunehmen, der sich als kleineres Übel tarnt, ist es ratsam, sich bei Unsicherheit Zeit für sich selbst zu nehmen. Dabei sollst du nicht nur herausfinden, wer du bist, sondern auch, was dich auszeichnet, und welche Interessen und Talente du hast.

Du musst dich aber nicht gleich ein ganzes Jahr lang auf eine intensive Spurensuche nach dir selbst begeben. Oft reichen auch schon ein paar Monate aus. Die Gestaltungsmöglichkeiten für ein Gap Year sind vielfältig, ein paar Ideen habe ich gesammelt. Vielleicht ist ja was Passendes für dich dabei:

(Work &) Travel #

Reisen, oft in Kombination mit Arbeiten, ist eine beliebte Form der Auszeit. Fremde Länder besuchen, neue Kulturen kennenlernen und Freundschaften mit Menschen schließen, deren Weg du ansonsten nie gekreuzt hättest – die Eindrücke, die du dir mitnimmst, sind mannigfaltig. Du lernst, was es heißt, auf eigenen Beinen zu stehen und auf andere Menschen zuzugehen. Gleichzeitig musst du dir Organisationsfähigkeiten zulegen und möglicherweise sogar gewisse Ängste überwinden. Wenn du nebenbei einem Job nachgehst, sammelst du zusätzlich wertvolle Arbeitserfahrungen und erlernst im Idealfall neue Fähigkeiten, von denen du auch zu Hause profitieren kannst.

Auch ich entschied mich fürs Reisen. Mit 20 Jahren hatte ich weder etwas von der Welt (oder Europa) gesehen, noch einen Fuß aus meiner Komfortzone hinaus gesetzt. Zwei Fliegen mit einer Klappe, dachte ich mir, buchte spontan einen Flug nach Kopenhagen und packte meinen Rucksack. Und während meine Mutter vermutlich schlaflose Nächte verbrachte und sich allerlei Schrecklichkeiten ausmalte, die mir zustoßen könnten, begab ich mich auf meinen ersten Solo-Trip als Backpacker durch Skandinavien. Zwar die abgeschwächte Variante (für exotische Orte wie Thailand war ich zu feige), aber immerhin. Später zog es mich dann noch für fünf Wochen in die USA – nicht solo, war aber genauso lustig. Und genau die Art mentaler Distanz, die ich für meinen Entscheidungsprozess brauchte.

Work & Travel lässt sich unter anderem über verschiedene Organisationen in die Wege leiten. Die Meinungen über solche Anbieter sind jedoch gemischt. Im Zweifelsfall solltest du dir die Zeit nehmen, um im Internet nach Erfahrungsberichten zu suchen. Ansonsten lässt sich so ein Aufenthalt auch ganz gut alleine organisieren. Hierzu findest du in Internetforen nähere Informationen und Leitfäden, die dir die Abwicklung erleichtern.

Arbeiten bzw. Praktika #

Es braucht keine vor Abenteuern strotzende Reise um den ganzen Globus, um mit einer Erleuchtung beglückt zu werden. Manchmal hilft und reicht fröhliches Ausprobieren vor der eigenen Haustür. Insbesondere Praktika eignen sich gut dafür, einen Einblick in unterschiedliche Branchen zu gewinnen und herauszufinden, was einem liegt oder wofür man sich begeistern kann. Oder aber du entscheidest dich, deine befristete Freiheit mit einem Vollzeitjob zu kombinieren und dadurch Kontostand und Lebenslauf gleichermaßen aufzubessern.

Egal, wofür du dich entscheidest: Es tut gut, dem Gehirn mal eine Pause vom ständigen Pauken zu gönnen und nach Feierabend zu wissen, dass zu Hause keine Übungsbeispiele gelöst oder Essays geschrieben werden müssen. Die frühe Konfrontation mit der Arbeitswelt gibt außerdem einen Vorgeschmack auf das wirkliche Leben, indem es vor Augen führt, wie viel Aufwand eigentlich hinter dem monatlichen Gehalt am Lohnzettel steckt. Vielleicht findest du während dieser Zeit sogar deinen absoluten Traumjob. Oder du wirst darin bestärkt, eine Hochschule zu besuchen, weil du für eine bestimmte Position einschlägige Fachkenntnisse benötigst.

Solltest du aktuell auf der Suche nach einer geeigneten Praktikumsstelle sein, kannst du ja mal einen Blick auf die aktuellen Stellenausschreibungen auf karriere.at werfen.

Weiterbildung #

Neues zu lernen kann (und soll!) vorrangig Freude bereiten und dich persönlich weiterbringen. Während eines Gap Years hast du ausreichend mentalen Freiraum, dich deinen Interessen zu widmen und im Rahmen von Kursen, Workshops etc. deinen Horizont zu erweitern. Vielleicht hast du ja schon immer davon geträumt, Töpfern, Stricken oder Gemüseanbau zu lernen ... Jetzt ist der beste Zeitpunkt, um diese Träume wahrwerden zu lassen.

Es sollte jedoch unbedingt erwähnt werden: Eine Weiterbildung muss sich nicht immer an den Wünschen der Wirtschaft orientieren. Oder in einem Seminarraum stattfinden. Es gibt Dutzende lehrreiche Bücher, Youtube-Videos oder Podcasts, die dich in deinem Leben weiterbringen können, ohne, dass du dafür deine vier Wände verlassen musst. Auf Plattformen wie Skillshare kannst du auf Basis von unzähligen Online-Kursen dein Fähigkeiten-Repertoire aufpolieren.

Wenn du schon eine ungefähre Ahnung hast, wo deine berufliche Reise hingehen soll und du weißt, welches fachliche Equipment du dazu brauchst, kann eine Bildungseinrichtung die richtige Adresse für dich sein. Einrichtungen wie das WIFI oder BFI bietet eine Vielzahl an Lehrgängen und Seminaren an, die deine fachlichen Qualifikationen aufpolieren – von Fremdsprachenkursen über betriebswirtschaftliches Know-how bis hin zur Persönlichkeitsentwicklung ist alles dabei. Einfach mal durchklicken!

Volunteering #

Wenn du dich zivilgesellschaftlich engagieren möchtest, kannst du aus einer breiten Palette an Möglichkeiten wählen. Mittlerweile existieren nämlich unzählige NGOs, die weltweit Austauschprogramme mit unterschiedlichen Schwerpunkten organisieren. Ob es dich nun nach Afrika verschlägt oder Asien, Ozeanien oder Südamerika … Überall auf der Welt werden junge Menschen aktiv, um sich an gemeinnützigen Projekten zu beteiligen. Für folgende Bereiche werden jedes Jahr tatkräftige Freiwillige gesucht:

  • Bildung und Soziales (Unterstützung beim Unterrichten bzw. Betreuen von Kindern und Jugendlichen)
  • Gesundheit (Assistenz im Gesundheitswesen sowie Aufklärungsmaßnahmen)
  • Soziales und Inklusion (Arbeit mit beeinträchtigten Menschen oder Mitarbeit in Einrichtungen, die sich für Menschenrechte einsetzen)
  • Bau und Renovierung (Bau- und Sanierungsarbeiten in Schulen, Kindergärten oder Gemeindezentren)
  • Umwelt- und Tierschutz (Unterstützung von Tierheimen, Mitarbeit bei Projekten für bedrohte Tierarten oder Instandhaltungsarbeit in Nationalparks)

Volunteering ist nicht nur beliebt, weil es einem die Möglichkeit gibt, ein bisschen Gutes in einer Welt zu tun, die von schlechten Nachrichten dominiert wird. Der Kontakt mit fremden Kulturen erweitert den eigenen Horizont und erlaubt dir, globale Zusammenhänge sowie die Auswirkungen einer kapitalistisch orientierten Wirtschaft auf benachteiligte Länder zu verstehen.

Abgesehen davon bringst du auch deine fachlichen Kompetenzen auf Vordermann, indem du deine Sprachkenntnisse verbesserst, bestehende Fähigkeiten vertiefst oder neue lernst. Der Blick in eine andere Arbeitswelt kann ebenfalls guttun, denn auch die ist geprägt von der Kultur deines Aufenthaltslandes (und macht möglicherweise auch dankbar für die Verhältnisse, in denen wir leben und arbeiten). Und das i-Tüpfelchen: Dein Lebenslauf wird durch ein Freiwilligenjahr ganz stark aufgewertet!

Wenn du Interesse daran hast, als Volunteer einen kleinen Beitrag zum großen Ganzen zu leisten, kannst du dich bei unterschiedlichen Organisationen über deine Möglichkeiten erkundigen. Anbieter wie der Verein Grenzenlos stellen auf ihrer Website eine Übersicht ihres Angebots sowie Auskunftsmöglichkeiten bereit.

Gap Year – Lohnt es sich? #

Wenn du mich fragst: Ja, definitiv. Für meine persönliche Entwicklung war es nur förderlich, aus dem Hamsterrad der Bildung auszubrechen und Zeit (und Raum) fürs Durchatmen zu finden. Was man außerdem bedenken sollte ist die Tatsache, dass man in seinem Leben selten so verantwortungsbefreit ist wie in der Phase zwischen Matura und Studium. Ob du dich jetzt fürs Geldscheffeln oder für ein Praktikum entscheidest oder deinen ganzen Mut zusammennimmst, in den nächstbesten Flieger steigst und die Welt erkundest … Der Sprung ins Ungewisse und der Ausbruch aus deiner Komfortzone ist mit Sicherheit eine unbezahlbare Erfahrung.

Auch für mich heißts in Kürze wieder: Entscheidungen treffen! Mein Bachelorstudium neigt sich dem Ende zu und die Wahl meines Masters ist noch nicht in Stein gemeißelt. Wer weiß, vielleicht hol ich nochmal den Rucksack aus dem Schrank hervor und schau mir die Welt genauer an! :)


B schedlberger

Bianca Schedlberger
Content Managerin
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