Die Sache mit dem Golden Handshake: Es ist nicht alles Gold, was glänzt
Wenn der Abschied aus dem Job mit einem schönen Batzen Geld versüßt wird, klingt das doch sehr verlockend. Der Golden Handshake hat jedoch auch seine Schattenseiten. Welche das sind und warum daran kaum jemand denkt, darüber haben wir mit Psychologin Christa Schirl gesprochen.
Die dunkle Seite des Goldenen Handschlags #
Um eine Kündigung zu vermeiden und Arbeitnehmern einen Abschied schmackhaft zu machen, bieten manche Arbeitgeber langgedienten Mitarbeitern einen Golden Handshake an: Du verlässt deine Stelle und wir lassen uns das etwas kosten. "So ein Glückspilz", möchte man ausrufen, wenn sich jemand dank fetter Abfindung aus dem Job verabschiedet, hinein in die endlose Freizeit. Die Sache hat jedoch einen Haken. Welchen? Psychologin Christa Schirl erklärt, warum nicht alles Gold ist, was glänzt.
Warum kann ein Golden Handshake eine problematische Sache sein?
Schirl: Dieser Abschied, den der Arbeitgeber möchte, ist ähnlich einer Trennung in einer Partnerschaft: Es ist aus. Ich möchte mit dir nichts mehr zu tun haben und du kannst nichts tun, um diese Situation noch zu retten. Ich will dich nie mehr wiedersehen. Dieser "Trennungswunsch" kann auch im Arbeitsumfeld eine massive Kränkung darstellen - und dann lege ich sogar noch Geld obendrauf: Ein ganzes Jahresgehalt ist es mir wert, damit ich dich nicht mehr sehe. Unter Umständen ist das auch noch verbunden mit der Bitte, doch sofort zu gehen. Das sind ganz schwierige Situationen, unter denen das eigene Selbstwertgefühl massiv leiden kann. Angenommen, jemand hat 30 Jahre lang für ein Unternehmen gearbeitet, sich einen eigenen Bereich aufgebaut und plötzlich kommt jemand und sagt: Danke, das war's - wir benötigen dich nicht mehr.
Das Umfeld nimmt das Thema allerdings oft ganz anders wahr: Wow, der hat so viel Geld bekommen, dieser Glückspilz! Oder: Der ist doch dumm, das Geld nicht zu nehmen. Ich würde es nehmen! Ich möchte zu bedenken geben, dass das alles nicht so einfach ist, sondern Geld nur das eine ist – und die Perspektive nach dem Abschied aus dem Job eine ganz andere Sache.
Der goldene Handschlag ist also nicht gut, sondern nur gut gemeint?
Schirl: Es geht darum, dass Geld im Leben nicht alles ist. Besonders für ältere Arbeitnehmer geht es auch stark um Wertschätzung, um ihr Lebenswerk, auf das sie beruflich zurückblicken. Beim Arbeiten geht es nicht nur ums Geld, sondern auch um Sinn im Leben, einen strukturierten Tag oder die Zusammenarbeit mit Menschen, die man schätzt und mag. Dieser große Lebenssinn fällt nach dem plötzlichen Abschied aus dem Unternehmen dann weg. Klar, jetzt kann man jeden Tag machen, was andere nur am Wochenende tun, aber: Wenn jeder Tag ein Feiertag ist, dann ist der Feiertag kein Feiertag mehr. Etwas anderes ist es natürlich, wenn man sowieso aus dem Job aussteigen wollte und das Geld einer Abfindung z.B. für den Start in die Selbstständigkeit brauchen kann. Der Golden Handshake ist dann gut, wenn man bereits weiß, was man danach machen möchte.
„Bin ich zu teuer geworden? Wollen die mich gar nicht mehr als Mitarbeiter haben?“
Ich merke im Coaching schon, dass viele das Geld gar nicht annehmen möchten, sondern lieber ihren Job noch bis zur Pension ausüben möchten. Dann stellt sich aber die Frage: Was kommt danach - nach dem Angebot des Arbeitgebers? Was macht das mit der Motivation eines Mitarbeiters? Bin ich zu teuer geworden? Wollen die mich gar nicht mehr als Mitarbeiter haben?
Wie kann man mit dem Thema Golden Handshake also umgehen?
Schirl: Hier gibt es unterschiedlicher Aspekte: Werde ich gekündigt und erhalte einen Golden Handshake, habe ich sowieso keine Wahlmöglichkeit. Dann muss ich den Schmerz annehmen und schauen, was das in mir auslöst. Jetzt kann man sich ruhig Unterstützung holen, um seine Ängste wahrzunehmen und sich einzugestehen, dass die Aussicht auf ein freies Jahr nicht nur super ist, sondern auch schwierig sein kann. Dafür muss man Verständnis entwickeln, bevor man sich an die Arbeit für mögliche Lösungen macht. Manche Arbeitgeber unterstützen Mitarbeiter hier auch, indem sie z.B. Coachings finanzieren.
Bekomme ich jedoch einen Golden Handshake angeboten und entschließe, ihn abzulehnen, muss ich feststellen, was das in mir auslöst: Fühle ich mich gekränkt oder finde ich es gar nicht so tragisch? Was macht es mit mir und was mache ich daraus? Dann stelle ich z.B. fest, dass ich meine Arbeit und das Zusammensein mit den Kollegen viel mehr schätze, als die finanzielle Entschädigung. Vielleicht habe ich aber auch ein Alter erreicht, mit dem ich auf dem Arbeitsmarkt gar nicht so einfach eine neue Stelle finden würde und das ist dann ausschlaggebend für mein Bleiben.
Redaktion
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