Paradoxes Homeoffice: Zwischen Entgrenzung und Flexibilität
Eine aktuelle Studie zeigt: Ob wir Homeoffice als eher positiv oder negativ empfinden, ist höchst unterschiedlich. Während die einen sich über mehr Flexibilität freuen, leiden andere unter dem Verschwimmen der Grenzen zwischen Privat- und Berufsleben. Und trotz Burnout-Tendenzen im Homeoffice wollen die wenigsten ins Büro zurück. Wir haben uns die paradoxen Ergebnisse im Detail angesehen.
Wer Pandemie-bedingt ins Homeoffice gewechselt ist, arbeitet tendenziell mehr außerhalb der definierten Arbeitszeiten, bewertet die Work-Life-Balance aber trotzdem positiver als am Arbeitsplatz. Das hat die aktuelle Work-Life-Blending Studie des Software-Bewertungsportals capterra erhoben.
Auswirkungen von Homeoffice auf die Work-Life-Balance #
Mails lesen schon beim Frühstück, nach offiziellem Feierabend noch schnell ein wichtiges Telefonat führen und am Wochenende abarbeiten, was liegengeblieben ist. Das kennen wohl die meisten, die aktuell im Homeoffice sind. Zu diesem Ergebnis kommt auch die Studie von capterra:
- 48 % der Befragten arbeiten auch am Wochenende
- 65 % arbeiten mehr vor oder nach den Arbeitszeiten
- 61 % reagieren sofort auf Nachrichten, 53 % beantworten berufliche Anrufe auch außerhalb der Arbeitszeiten
Dennoch empfinden 59 Prozent ihre Work-Life-Balance im Homeoffice als besser. Das erscheint auf den ersten Blick paradox, liegt unserer Meinung nach aber an zwei Faktoren:
- Viele teilen sich die Arbeitszeit im Homeoffice flexibler ein. Für die Freiheit, mittags länger Pause zu machen, oder den Nachmittag mit der Familie zu verbringen, holen viele gern ihre Arbeit am Abend oder Wochenende nach.
- Unser Sozialleben ist seit Beginn der Pandemie „on hold“. Ohne Veranstaltungen, Familienfeiern oder Ausgehmöglichkeiten fällt es leichter, auch in der Freizeit zu arbeiten.
Jobzufriedenheit und Motivation halten sich die Waage #
Danach gefragt, was im Homeoffice oder an der Arbeitsstelle „besser läuft“, zeigt sich: Nur die Work-Life-Balance wird zuhause eindeutig besser empfunden. Eindeutig schlechter wird die Zusammenarbeit mit Kolleg*innen im Homeoffice bewertet. Für 69 Prozent der Befragten funktioniert sie an der Arbeitsstelle besser. Spannend, weil sehr unterschiedlich, sind die Ergebnisse bei Jobzufriedenheit und Motivation:
- Die Motivation empfinden 33 % im Homeoffice als höher, 35 % an der Arbeitsstelle und 31 % in beiden Fällen gleich gut.
- Zufriedener mit ihrem Job sind 36 % im Homeoffice, 38 % an der Arbeitsstelle und 25 % jeweils gleich.
Dieses Ergebnis zeigt: Menschen und ihre Vorlieben sind unterschiedlich. Für die einen sind flexible und eigenverantwortliche Zeiteinteilung am wichtigsten für die Motivation und Zufriedenheit, für die anderen sind es Interaktion mit Kolleg*innen und Vorgesetzten.
Homeoffice soll auch nach der Pandemie bleiben #
Insgesamt zeigt aber auch diese Studie, was auch viele andere (unter anderem auch karriere.at in zwei Umfragen) bereits erhoben haben: Homeoffice ist gekommen, um zu bleiben! Geht es nach den Wünschen der Mitarbeiter*innen, so möchten die meisten auch nach der Pandemie zumindest tageweise von zuhause aus arbeiten.
- 34 % möchten ihre Arbeitszeit 50:50 im Büro und Homeoffice verbringen
- 28 % favorisieren eine Aufteilung von 75:25 (Homeoffice:Büro), 16 % bevorzugen die Aufteilung umgekehrt
- 12 % wollen nur mehr von zuhause aus arbeiten, 9 % ausschließlich im Büro.
Interessant sind diese Ergebnisse vor allem hinsichtlich der mentalen Auswirkungen von Homeoffice. Während gut ein Viertel zuhause mehr Stress empfindet, fühlt sich fast die Hälfte der Befragten im Homeoffice weniger gestresst. Dennoch geben 44 Prozent an, Burnout-Symptome wie Schlaflosigkeit, Kopfschmerzen oder Antriebslosigkeit zu empfinden. Hier ist Ursachenforschung angesagt: Die Burnout-Gefahr im Homeoffice wird aktuell von den Begleiterscheinungen der Corona-Krise sicherlich verstärkt. Wir sind gespannt, wie sich Homeoffice und hybrides Arbeiten nach der Pandemie auf unsere mentale Gesundheit im Job und das Wohlbefinden der Mitarbeiter*innen auswirken wird.
Bildnachweis: shutterstock/MT-R, DimaBerlin
Redaktion
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