So sind wir nicht?! – Eine Frage der Integrität
Im Korruptionsindex von Transparency International verliert Österreich wieder ein paar Plätze. Die Hälfte der Arbeitnehmer*innen in Österreich gibt an, dass sie sich nicht bei einem Unternehmen mit nicht integeren Leitungsorganen und Führungskräften bewerben würden. Wie passt das zusammen?
Ein Gastkommentar von Compliance-Expertin Andrea Pilecky.
Wenn man die Ereignisse und Headlines des Jahres 2022 Revue passieren lässt, so könnten Zweifel kommen, wenn es um die Frage der Integrität in Österreich geht. Im Korruptionsindex von Transparency International verliert Österreich wieder ein paar Plätze, längst überfällige Gesetzesnovellen (Stichwort: Amtsgeheimnis) lassen weiter auf sich warten und die politischen Ereignisse des vergangenen Jahres ergeben ein seltsames Bild. „So sind wir nicht“, versuchte schon unser Bundespräsident eine Lanze zu brechen. Eine Studie zum Thema „So ticken Kandidat*innen 2022“, die von karriere.at in Kooperation mit rosa elefant OG durchgeführt wurde, lässt diese Hoffnung weiter zu. Kandidat*innen ticken eben anders als die Politik.
Werte & Erwartungen seitens Arbeitnehmer*innen
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Abgefragt wurden Werte und Erwartungen, die Arbeitnehmer*innen an ihre Arbeitgeber stellen. Wenig überraschend sind ein gutes Arbeitsklima, ein angemessenes Gehalt und ein sicherer Job besonders wichtig. Unter den Top 5 nennen die Befragten jedoch auch die Erwartung an ein korrektes und integres Verhalten der Unternehmensleitung.
Die Ergebnisse der Studie sind nicht nur für Österreichs Unternehmenswelt relevant, sie bieten auch sehr interessante Einblicke in die Gesellschaft. So würden mehr als die Hälfte aller befragten Arbeitnehmer*innen sich nicht bei einem Unternehmen bewerben, wenn die dortigen Leitungsorgane und Führungskräfte ungebührliche Vorteile aus der eigenen Position ziehen. Negative Schlagzeilen oder Gesetzesverstöße können daher nicht nur rechtliche Konsequenzen nach sich ziehen, sie können Unternehmen auch am Arbeitsmarkt nachhaltig schaden.
Arbeitgeber sind proaktiv gefragt, sich mit eigenen Werten und Compliance zu befassen #
Doch auch proaktiv sind Arbeitgeber gefragt. Ein kostenloser Apfel oder Kaffee sowie Homeoffice-Tage sind mittlerweile oft eine Selbstverständlichkeit. Viel mehr zählt das Image und Unternehmen müssen sich daher wesentlich stärker mit ihren eigenen Werten und mit Compliance, also der Einhaltung von Regeln, befassen.
Dennoch geben über die Hälfte der im Rahmen der Studie befragten Unternehmen an, keinen Verhaltenskodex zu haben, in dem ihre Werte kommuniziert werden. Bei einer überragenden Mehrheit spielen außerdem Compliance-Aspekte im Bewerbungsgespräch gar keine Rolle. Wie kann das sein, wenn man bedenkt, dass die Unternehmensleitung selbst ja ein Interesse daran haben sollte, sich integre und aufrichtige Menschen ins Unternehmen zu holen?
Klare Kommunikation #
Was naheliegend klingen mag, ist für manche Unternehmen (noch) nicht selbstverständlich. Klar nach außen kommunizierte Werte hinsichtlich Integrität und gesellschaftlicher Verantwortung und vor allem diese glaubwürdig zu leben, stellt für sie eine Herausforderung dar. Sich mit Greenwashing oder Feigenblättern einen sauberen Anstrich zu geben, ist bei weitem nicht genug. Und auch die Förderung von Frauen und Minderheiten darf kein Lippenbekenntnis bleiben: Es braucht echte Gleichberechtigung für mehr Diversität in der österreichischen Wirtschaft. Das heißt für Unternehmen, die nicht abgehängt werden wollen: klare Werte definieren, diese leben und nach innen wie nach außen laufend kommunizieren. Nur so lassen sich künftig die besten Köpfe gewinnen und halten.
Zur Person #
Compliance-Expertin Andrea Pilecky ist Geschäftsführerin & Gründerin der rosa elefant OG.
Redaktion
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