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Kuendigungsgespraech

Mitarbeiter kündigen: "Sagen Sie niemals: Ich weiß, wie es Ihnen geht."

Zusammenarbeit Erstellt am: 13. Oktober 2015 6 Min.

Es geht im Leben nicht ohne Trennungen - auch im beruflichen Umfeld: Kündigungen, Versetzungen, Freistellungen. Wenn ein Arbeitnehmer das Unternehmen verlassen muss, kann das unterschiedliche Gründe haben. Eines steht fest: Das Thema Trennung ist unangenehm - und zwar für beide Seiten. Hermann Refisch und Laurenz Andrzejewski sind Experten für betriebliche Trennungs-Kultur und erzählen, was es rund um Kündigungsgespräche und Trennungen zu beachten gibt.

Laurenz Andrzejewski

Laurenz Andrzejewski

Kündigungen oder andere Formen der Trennung von Mitarbeitern sind in vielen Unternehmen immer noch Tabuthema. "Auch wenn es die Spatzen von den Dächern pfeifen - es gibt Unternehmer, die nicht darüber sprechen möchten. Zum Glück gibt es aber auch jene, die bereit sind, über ihre Erfahrungen zu berichten", sagt Laurenz Andrzejewski.

„Wer Trennungsgespräche delegiert, schadet sich selbst.“

Hermann Refisch

Laurenz Andrzejewski

Kündigen ist laut Hermann Refisch Sache der Führungskraft. In der Praxis sieht es oft aber so aus, dass unangenehme Trennungsgespräche an die HR-Abteilung delegiert werden. "Es werden viele, oft schlechte Gründe vorgebracht: Das ist ein Job für HR-Profis, die können das besser. Das soll jemand aus dem Top-Management machen, die haben das doch auch entschieden. Wer Trennungsgespräche als Chef wegdelegiert, der schadet sich selbst. Besser ist es, als Führungskraft gut vorbereitet zu sein und diese Gespräche selbst zu führen", so Refisch. Mit karriere.at haben sich die beiden Experten über gut geführte Trennungsgespräche unterhalten und erzählen, warum Kündigungen Chef-Sache sind.

Wie ist das Bewusstsein der Arbeitnehmer bezüglich dieses Themas? #

Laurenz Andrzejewski: Sie sind wachsam, teils gut informiert, teils stecken sie den Kopf in den Sand. Es hat sich längst herumgesprochen, dass Managementfehler in Trennungsprozessen das Unternehmen betriebswirtschaftlich belasten, die Produktivität senken, das Betriebsklima stören und die Motivation der verbleibenden Arbeitnehmer bremsen. Da kommt Verbitterung auf. Arbeitnehmer fordern, dass ihr Arbeitgeber gerade in Trennungssituationen "anständig und fair" mit ihnen umgeht. Immerhin haben sie in der Regel treu gedient, oft über viele Jahre.

Warum Fairness und Anstand, wenn man das doch auch arbeitsrechtlich lösen kann? #

Laurenz Andrzejewski: Erstens aus menschlichen Aspekten, zweitens aus wirtschaftlichen Gründen. In 25 Jahren Beratung bin ich zu der Überzeugung gelangt: Nur wenn Trennungen human und fair ablaufen, sind sie im betriebswirtschaftlichen Sinn ökonomisch. Unternehmer sollten sehr darauf bedacht sein, dass sie sich nicht durch Unbedachtheit gegenüber den Gehenden die Bleibenden und Leistungsträger vergraulen. Denn mit diesen müssen sie die Erfolge der Zukunft generieren!

Wer sollte das Trennungsgespräch führen? Chef oder Personalabteilung? #

Hermann Refisch: Lassen Sie mich kurz präzisieren: Geht es um die Kündigung? Das ist Chef-Sache. Der direkte Vorgesetzte spricht die Kündigung aus, anwesend sein sollte auch noch eine weitere Person der Arbeitgeberseite, beispielsweise jemand aus der Personalabteilung. So werden Missverständnisse vermieden. Handelt es sich um das erste Gespräch zur Aufhebungsvereinbarung, in dem man den Mitarbeiter zum ersten Mal von der Trennungsabsicht informiert, empfehlen wir ebenfalls diese Konstellation. Auch hier ist es Aufgabe der Führungskraft, die Absicht auszusprechen. In Folgegesprächen kann es dienlich sein, auch andere Gesprächspartner einzubinden.

Kuendigung

Wie können sich Führungskräfte auf ein Trennungsgespräch vorbereiten? #

Hermann Refisch: Wir sind überzeugt davon, dass jedes einzelne Gespräch vorbereitet werden muss, und zwar zwingend. Allzu oft werden viele wichtige Aspekte übersehen. Wer Erfahrung mit dem Thema hat, weiß: In den Gesprächen zeigt sich die gute Vorarbeit, in den Gesprächen rächen sich alle Versäumnisse.

  • Trennungs-Gespräche und Aufhebungsverhandlungen haben eigene Regeln. Benötigt werden Inhalte und Formulierungen, die bei den Gesprächspartnern ankommen, trotz der möglicherweise extremen Gefühle. Die Führungskräfte müssen auch ihre eigenen Emotionen im Griff haben. Mitarbeiter wissen oft sehr genau, wie sie ihre Chefs aus der Fassung bringen – das darf hier nicht geschehen.
  • Sie werden vorbereitete, abgestimmte und geübte Wortwahl benötigen. Zudem ein breites Repertoire an Verhaltensweisen, Handlungs-Möglichkeiten für jedes „Was, wenn...?“ Und zwar über den gesamten Veränderungs-Prozess hinweg. Der beginnt weit vor dem ersten Trennungsgespräch: Was antworten Sie, wenn Sie „zu früh“ überraschend auf dem Gang oder in der Kantine angesprochen werden? Wie vereinbaren Sie den Termin zum Gespräch?
  • Dann das Gespräch: Was sagen Sie zur Begrüßung? Bloß nicht „Schön, dass Sie kommen konnten.“ Schön? Das wird als zynisch aufgenommen, sobald die Botschaft dann genannt ist. Vielleicht geben Sie Ihrem Gast die Hand und sprechen nur seinen Namen aus.
  • Wie lauten die ersten fünf Sätze, mit denen Sie die Kündigung, die Trennungsabsicht aussprechen? Darin enthalten sind oft die Historie, die Situation, die Begründung und, unabdingbar, die Trennungs-Botschaft selbst. Viele Manager geraten hier ins Stottern oder schweifen ab: Zeichen mangelnder Übung und fehlender Klarheit.
  • Im weiteren Verlauf der Unterredung brauchen Sie erstens die Ruhe, nun auch eine Pause zu ertragen. Sie müssen mit jeder Form emotionaler Reaktion umgehen können. Sagen Sie bitte niemals „Ich weiß, wie es Ihnen jetzt geht.“ Denn Sie wissen es nicht.
  • Sollte nun Ihr Gesprächspartner unmittelbar in die Verhandlung einsteigen, müssen Sie Fakten und Spielräume kennen. Nicht nennen, aber doch kennen.
  • Es ist Ihre Aufgabe, das Gespräch zu steuern, gegebenenfalls zu stoppen und im richtigen Moment zu einem Ende zu bringen. Dieser Abschluss bereitet vor auf den folgenden Schritt. Wenn jetzt eine Floskel wie „Nehmen Sie es nicht so schwer!“ über die Lippen kommt, lösen Sie eine völlig unnötige Katastrophe aus.
  • Damit noch nicht genug – Sie benötigen auch gute Antworten für den Fall, dass Sie von Dritten angesprochen werden.
  • Sie brauchen klare Formulierungen für viele Situationen und Ansprechpartner: Wem gebe ich welche Information, wann, in welcher Formulierung?

Mein Fazit lautet: Vorbereiten und üben müssen Sie alle Phasen der Trennungs-Gespräche und alle Phasen der Folge-Gespräche. Treffen Sie zudem Vorsorge für Begegnungen mit allen Mitarbeitern Ihres Teams. Jeder will und muss wissen, wo er steht, was mit der eigenen Stelle geschehen wird, wie die Zukunft gestaltet wird. Ihre Aufgabe als Führungskraft ist es, all das überzeugend zu vermitteln. Und ganz wichtig: Erst dann in ein Trennungsgespräch gehen, wenn man mit allen notwendigen Informationen, Materialien, Kompetenzen und Zusagen ausgestattet ist. Das ist Aufgabe der Führungskraft. Holen Sie, was Sie brauchen!

Was muss man beachten bei Trennungen wegen Low Performance? #

Laurenz Andrzejewski: Die gesamte Vorgeschichte und die Entscheidungsfindung sind bei Trennungen wegen unzureichender Leistung anders. Bereits im Führungsalltag muss sehr frühzeitig ein Signal gesetzt werden, wenn der Vorgesetzte der Meinung ist, dass die Leistungen des Mitarbeiters nicht dem entsprechen, was gefordert und besprochen ist. Das fehlt meistens! Verstehen Sie, Low Performer fallen nicht eines Tages vom Himmel. Ich fordere Klarheit und Wahrhaftigkeit in Feedbackgesprächen. Wenn die sogenannte Papierspur, d.h. die Dokumentation fehlt, dann tut sich der Chef sehr schwer mit der Argumentation zur „plötzlichen“ Trennungsabsicht.

Trennung

Gibt es typische Fehler, die bei Trennungsgesprächen immer wieder unterlaufen? #

Laurenz Andrzejewski: Ja, diese sieben Fehler sind mit guter Vorbereitung vermeidbar:

  1. Überhastete und übereilte Vorgehensweise in völlig unrealistischen Zeiträumen ohne minuziöse Planung und Organisation des „Projektes Personalabbau“
  2. Mangelhafte Abklärung und Berücksichtigung arbeitsrechtlicher Aspekte, insbesondere Beteiligungsrechte des (Gesamt-)Betriebsrates, tarifvertragliche Schranken (z.B. Rationalisierungsschutz), Sonderkündigungsschutz älterer und behinderter Mitarbeiter und solchen in Elternzeit
  3. Fehlende Vorbereitung der kündigenden Führungskräfte und HR-Manager sowie Missachtung von deren Rollen, insbesondere von „Sandwichpositionen“
  4. Unzureichende Kommunikationspolitik und Informationsvakuum (Brodeln-lassen der Gerüchteküche)
  5. Unklare Übermittlung der Trennungsbotschaft und Trennungskonditionen im Kündigungsgespräch
  6. Fehlende Würdigung, Wertschätzung und Dank an die Gehenden
  7. Fehlende Beachtung der Bleibenden, insbesondere Unterlassung der notwendigen Maßnahmen zur Bindung und Revitalisierung

Ihre Vorstellung eines Best-Practice-Modells? #

Laurenz Andrzejewski: Trennungs-Management darf nicht mehr als „reparative Maßnahme“ verstanden und technisch oder instrumentell „reaktiv“ behandelt werden, sondern muss vielmehr als Teil der Organisations-Entwicklung aktiv gestaltet werden. Trennungsmanagement ist eine kontinuierliche Management-Aufgabe und Teil der Organisations- und Personalentwicklung. Zahlreiche Führungskräfte haben das bereits verstanden und handeln danach. Wir sollten ihnen zuhören und nacheifern. Dann geht es gut und immer besser. Möge die Übung gelingen!

Zur Person #

Dr. Laurenz Andrzejewski ist Gründer und Leiter der Management- & Karriereberatung management1x1.de mit Sitz in Schliersee/Oberbayern. Als Trennungsexperte begleitet er seit 25 Jahren Change- und Personalabbauprozesse in Unternehmen. Er gilt als „Deutschlands Trennungspapst“.

Dr. Hermann Refisch ist Diplom-Psychologe und seit 1998 im eigenen Unternehmen „Menschen erreichen und bewegen“ mit Beratungen, Workshops und Coachings tätig. Er ist Experte für anspruchsvolle Gespräche und heikle Themen. Seit 2002 enge Zusammenarbeit mit Laurenz Andrzejewski, 2015 Co-Autor des Handbuchs "Trennungs-Kultur und Mitarbeiterbindung".

Bildnachweis: alice-photo / Shutterstock; Africa Studio / Shutterstock; KieferPix / Shutterstock


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