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Outing im job

Coming-out im Job? Wie es leichter fällt und was Arbeitgeber dafür tun können

Zusammenarbeit Erstellt am: 11. Oktober 2019 8 Min.

Es gibt Dinge, über die man in einer perfekten Welt nicht mehr sprechen müsste. Outing am Arbeitsplatz ist so eine Sache. Weil wir davon noch ein Stück entfernt sind, gibt es Vereine, die Homosexuelle beim Coming-out unterstützen. Feri Thierry, Präsident eines solchen Vereins, erklärt uns, warum Homosexualität im Beruf ein Thema wie jedes andere auch sein sollte und was Arbeitgeber dazu beitragen können.

Warum das Outing im Job so schwerfällt #

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Was bedeutet LGBTI?

LGBTI ist die Abkürzung für „Lesbian, Gay, Bisexual, Transgender, Intersexual“ und bezeichnet damit gleichgeschlechtlich lebende, sich zu beiden Geschlechter hingezogen fühlende oder sich dem anderen beziehungsweise gar keinem Geschlecht zugehörig fühlende Menschen (sogenanntes drittes Geschlecht). Ein anderer Begriff dafür ist queer, also von der Norm abweichend.

Herr Thierry, seit wann gibt es die AGPRO und warum wurden sie gegründet?

Feri Thierry: Uns gibt es seit 20 Jahren. Das ist deswegen bemerkenswert, weil es 1998 in Österreich noch ein Gesetz gegeben hat, das die Bildung von Vereinen für gleichgeschlechtlich lebende Menschen verboten hat. Man kann sich das heute ja gar nicht mehr vorstellen. Die AGPRO war einer der ersten Vereine, der nach Aufhebung dieses Verbots gegründet wurde. Wir haben gewusst, dass es viele Themen gibt, die Schwule und Lesben beschäftigen, die auch das Thema Arbeitsleben betreffen. Unsere Idee war also, Menschen zusammenzubringen, die schwul sind und mit Herausforderungen in Wirtschaft und Arbeitswelt zu kämpfen haben. Das waren am Anfang vor allem Unternehmer, sind heute aber auch Arbeitnehmer. Unsere Mitglieder sind mittlerweile zur Hälfte Selbstständige und zur Hälfte Arbeitnehmer, die in einer Führungsposition sind.

Mit welchen Herausforderungen sind Ihre Mitglieder klassischerweise konfrontiert?

Feri Thierry: Ein Thema ist immer, inwieweit ich mein Privatleben zum Teil meines Berufslebens mache. Da sagen viele: Wieso? Privates hat im Beruf sowieso nix verloren! Aber so ist es in der Praxis eben nicht. Das beginnt damit, dass man mit den Kollegen am Montag darüber spricht, wie man das Wochenende verbracht hat. Da wird selbstverständlich auch vom Ehemann oder der Ehefrau oder Freundin erzählt. Wenn ich als schwuler Mann jetzt von meinem Freund oder Ehemann erzähle, ist das sofort ein Coming-out. Diese Entscheidung muss man sich gut überlegen: Will man „out“ sein am Arbeitsplatz? Jeder muss sich irgendwann entscheiden: Wie viel sollen meine Kollegen von mir wissen? Denn es ist nicht für jeden völlig akzeptabel, dass jemand schwul oder lesbisch ist. Daher haben viele Hemmungen, offen damit am Arbeitsplatz umzugehen.

Das Coming-out sollte im Beruf ganz natürlich sein #

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Outing vs. Coming-out

Streng genommen spricht man bei der (öffentlichen) Bekanntgabe der eigenen sexuellen Orientierung von Coming-out. Ein Outing hingegen bezieht sich ursprünglich auf jemand anderen. Mittlerweile werden die beiden Begriffe aber synonym verwendet.

Wie können Homosexuelle sich im Beruf leichter outen?

Feri Thierry: Ich halte einen ganz natürlichen Umgang damit für am besten: Ein Bild vom Partner auf den Schreibtisch stellen, vom gemeinsamen Urlaub oder Wochenende berichten und das als ganz selbstverständlich betrachten. Indem man selbst damit natürlich umgeht und es nicht an die große Glocke hängt, trägt man auch dazu bei, dass es ein natürliches Thema wird. Das ist zwar zu Beginn eine große Hürde, aber meiner Ansicht nach der beste Weg.

Was hilft bei der Entscheidung, wenn man sich noch nicht sicher ist, ob man sich outen soll?

Feri Thierry: Ich denke, es ist für die eigene Persönlichkeit und die eigene persönliche Entwicklung immer die beste Variante, möglichst offen und natürlich mit sich selbst und seiner Identität umzugehen. Deshalb denke ich, dass ein Coming-out am Arbeitsplatz grundsätzlich die beste Variante ist. Nur dann ist ein befreites, offenes Umgehen miteinander möglich und nur dann kann ich mich völlig frei entfalten.

„Wenn ich in der Arbeit nicht so sein darf, wie ich bin, dann ist es nicht die richtige Arbeit für mich.“

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Natürlich ist ein Outing aber auch mit Risiken verbunden. In der harmloseren Variante werde ich vielleicht komisch angeschaut, höre blöde Witze oder andere tuscheln hinter meinem Rücken über mich. Im schlechteren Fall kann ich bei Beförderungen benachteiligt werden und im schlechtesten Fall werde ich systematisch gemobbt. Das kommt alles vor, aber ich denke, es ist nicht der Standard. Und wenn mir tatsächlich so etwas passiert, dann ist es letztlich nicht das richtige Unternehmen für mich. Wenn ich dort nicht so sein darf, wie ich bin, dann bin ich dort falsch. Das sagt sich leicht, das ist mir völlig klar, denn es bedingt auch, dass man eine Alternative zum bestehenden Job haben muss. Es ist sicher nicht für jeden so einfach, zu sagen: Wenn mich meine Kollegen nicht akzeptieren, geh ich halt wo anders hin. Für manche ist das sicherlich existenziell schwierig.

Wie Arbeitgeber Diversität und Toleranz fördern können #

Es ist ja auch schwierig, bei der Jobsuche herauszufinden, ob der potenzielle neue Arbeitgeber so offen ist. Wie kann man das im Bewerbungsprozess herausfinden?

Feri Thierry: Es gibt Unternehmen, die das von sich aus kommunizieren, indem sie sich öffentlich als LGBTI-freundlich positionieren, im Leitbild beispielsweise. Manche sprechen das auch aktiv im Bewerbungsverfahren an. Wir versuchen das auch zu fördern. Wir haben gemeinsam mit unserer Schwesternorganisation, den Queer Business Women, die Plattform Pride Biz Austria gegründet, über die wir einmal im Jahr den „Meritus“ vergeben. Das ist eine Auszeichnung für Unternehmen, die sich besonders im Bereich Diversity Management für LGTBI engagieren.

„Wenn Unternehmen Wert auf Diversity legen, ist das für Bewerber eine gewisse Sicherheit.“

Für Bewerber ist das schon ein klares Zeichen dafür, dass diese Unternehmen sehr offen damit umgehen. Jetzt haben natürlich erst wenige Unternehmen diesen Preis bekommen, aber trotzdem gibt es schon viele, die Diversity zum Teil ihres Leitbilds oder ihrer HR-Strategie gemacht haben. Und selbst wenn ein Unternehmen nicht explizit LGBTI als Fokus hat, aber dennoch Wert auf Diversity legt, ist es eine gewisse Sicherheit für Bewerber, dass hier Offenheit herrscht. Die haben ein Verständnis für Diversity Management, für Inklusion. Wenn mir dann dort etwas passiert, kann ich mich zumindest darauf berufen.

Warum sollten sich Arbeitgeber mit Diversity Management beschäftigen?

Feri Thierry: Für Unternehmen ist Diversity Management auch ein wirtschaftlicher Vorteil. Zufriedene Mitarbeiter, die sich frei entfalten, sind bessere Mitarbeiter. Darum ist es für Arbeitgeber so wichtig, dass sie auf Diversität und gute Inklusion im Unternehmen achten. Dann sind sie meiner Überzeugung nach auch wirtschaftlich erfolgreicher.

Wie sollten Unternehmen das kommunizieren?

Feri Thierry: Das Leitbild ist sicher ein Ansatz und auch die ganze Außenkommunikation auf der Website beispielsweise oder im Außenauftritt. Es gibt sehr viele LGBTI-Anlässe, bei denen Unternehmen sich positionieren können, zum Beispiel die Regenbogenparade oder der Meritus. Es gibt aber auch viele Unternehmen, die ganz eigene Aktivitäten wählen. Das geht hin bis zu sehr banalen Dingen wie der Weihnachtsfeier des Unternehmens: Sind da auch Partnerinnen und Partner eingeladen und wenn ja, ist das geschlechtsneutral? Wenn das ein Unternehmen aktiv kommuniziert, ist das ein Gradmesser. Manche hängen beispielsweise auch einfach eine Regenbogenfahne aus dem Fenster, wenn die Parade stattfindet – da gibts eine ganze Menge an Möglichkeiten.

Wie man sich für LGTBI-Themen stark machen kann #

Zum Meritus: Welche Kriterien gibt es, um diesen Preis zu gewinnen?

Feri Thierry: Das sind einerseits Dinge wie das Leitbild, die interne Policy – beispielsweise, ob Vergünstigungen für Angehörige auch für gleichgeschlechtliche Partner gelten. Außerdem beurteilen wir, wie sehr Diversity in der HR-Strategie verankert ist, wie das von der HR-Abteilung kommuniziert wird und wie oft Führungspersonen Diversity-Schulungen und Trainings absolvieren. Auch das Auftreten des Unternehmens bei solchen Anlässen wie der Parade fallen da hinein.

Wie engagieren Sie sich in der AGPRO genau? Was sind Ihre Eckpfeiler?

Feri Thierry:Der wichtigste Ansatz ist sicher das Sichtbarmachen im Alltag. Der Meritus ist beispielsweise ein Instrument, um jenen Unternehmen eine Bühne zu geben, die sich engagieren. Wir arbeiten außerdem sehr viel mit Rolemodels. Das können Unternehmen sein oder Einzelpersonen wie Führungskräfte oder Unternehmer, die zeigen, wie Diversität gelebt werden kann. Wir vergeben auch alle zwei Jahre mit Pride Biz Austria einen Forschungspreis für wissenschaftliche Arbeit im Bereich LGBTI. Außerdem veranstalten wir jedes Jahr ein Businessforum mit dem Unternehmen IBM, zu dem wir HR-Manager und Diversity-Manager zum Austausch von fachlichem Know-how im Bereich LGBTI einladen, um die Kompetenz zu stärken. Wir setzen also sehr viel darauf, die die Situation in der Praxis zu verbessern, indem man sie sichtbar macht und Know-how stärkt.

Als AGPRO verstehen wir uns zudem auch als Netzwerk, in dem sich unsere Mitglieder austauschen können, Gleichgesinnte finden und Persönlichkeiten stärken können.

Muss man schwul sein, um AGPRO-Mitglied zu werden oder können auch heterosexuelle Menschen den Verein unterstützen?

Feri Thierry: Beides ist richtig: Mitglieder werden bei uns schwule Männer, unterstützen kann uns aber jeder. Das geht zum Beispiel, indem man Sponsor wird. Es geht uns aber vor allem darum, die Sache zu unterstützen. Das kann man auch, indem man entsprechende Veranstaltungen besucht, sich mit dem Thema beschäftigt und es in der eigenen Firma bespricht. Das ist eigentlich die stärkste Unterstützung, die wir uns wünschen können.

Bildnachweis: shutterstock/Yuriy Golub; Feri Thierry/Jür Christandl


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