Kleidungsvorschriften – Wie sinnvoll ist der Arbeits-Dresscode?
Jeden Tag nur bestimmte Kleidung in der Arbeit tragen dürfen … solche Vorschriften spalten die Meinungen: Was für die einen eine willkommene Erleichterung ist, geht für die anderen gar nicht. Über Kleidung zeigt man schließlich seine Persönlichkeit! Doch manchmal machen sie richtig Sinn. Wir haben uns die Pros und Contras aus psychologischer Sicht angesehen.
Kostüm und Pumps für die Damen, ein langärmliger Dreiteiler für die Herren – sogar bei dreißig Grad im Schatten. Das kann doch niemand gut finden, oder? Wir haben uns gefragt: Sind Kleidungsvorschriften in der Arbeit überhaupt noch zeitgemäß? Und was spricht dafür? Psychologin Christa Schirl begibt sich mit uns auf Sinnsuche – und findet überzeugende Argumente dafür und dagegen.
Sind Kleidungsvorschriften in der Arbeit noch zeitgemäß? Pros und Contras #
Wenn selbst in der Politik nicht mehr täglich Krawatten getragen werden und die Jogginghose in der Arbeit salonfähig geworden ist, könnte man meinen, strenge Dresscodes gehören der Vergangenheit an. Tatsächlich haben sich in Banken, Behörden und anderen klassischen Branchen mit Kleidungsvorschriften eben diese schon gelockert. Mitunter halten Unternehmen aber bewusst an klaren Regeln fest. Das ist nicht unbedingt negativ, erklärt Christa Schirl.
Pro: Arbeitskleidung gibt Orientierung #
Bei Kleidungsvorschriften denkt man vielleicht zuerst an die obengenannten Behörden oder Banken. Doch in vielen Branchen gehört Arbeitskleidung aus gutem Grund dazu: „Grundsätzlich gibt Arbeitskleidung eine Orientierung. Man weiß sofort, wer ist die Ärzt*in oder die Polizist*in?“, gibt Schirl zu bedenken. Diese Orientierung ist wichtig für unsere Erwartungshaltung gegenüber bestimmten Berufsgruppen, macht die Psychologin deutlich: „Wenn die Ärzt*in jetzt, übertrieben gesagt, eine Badehose anhat, vertrauen Sie ihr*ihm bestimmt weniger, als wenn sie*er im gewohnten weißen Arztkittel auftritt.“
Pro: Kleidungsvorschriften erleichtern den Arbeitsalltag #
Ein Vorteil von klaren Dresscodes liegt auf der Hand: Die morgendliche Kleidungsauswahl wird massiv erleichtert – und spart damit viel Zeit. Auch die Geldbörse wird dadurch mitunter geschont, betont Christa Schirl und verweist auf ein wesentliches Argument für Kleidungsvorschriften: „Wenn man als Verkäufer*in in einer sehr teuren Boutique arbeitet, könnte man sich die Produkte dort wahrscheinlich gar nicht leisten. Wenn laut Kleidungsvorschriften einfach eine weiße Bluse und eine schwarze Hose getragen werden sollen, kann ich das umgehen. Noch hilfreicher ist, wenn der Arbeitgeber in diesem Fall hochwertige Arbeitskleidung zur Verfügung stellt.“
Pro: Arbeitsuniformen erhöhen das Zugehörigkeitsgefühl #
Das Sprichwort „Kleider machen Leute“ trifft auf Arbeitskleidung ganz besonders zu, wie unser Beispiel am Beginn zeigt. Dazu kommt, dass Arbeitskleidung auch eine Form von Prestige sein kann, erklärt Christa Schirl: „Dadurch zeige ich, dass ich zur Firma gehöre – was viele auch mit Stolz zeigen. Die Kleidung ist Teil der Firmenidentität und das Tragen kann auch das Zugehörigkeitsgefühl erhöhen.“
Contra: Kleidungsvorschriften verringern die Individualität #
Der große Nachteil von Kleidungsvorschriften am Arbeitsplatz geht mit dem letztgenannten Pro-Argument einher. Mit meinem äußeren Erscheinungsbild drücke ich meine Persönlichkeit aus. Wenn der Arbeitgeber bestimmt, was ich tragen muss, kann das einschränkend sein, so die Expertin:
„Der persönliche Ausdruck durch Kleidung wird bei Uniformen sehr geschmälert.“
Ähnlich wie bei der Clean Desk Policy kann ein einheitliches Auftreten der Mitarbeitenden Rückschlüsse über den Stellenwert ihrer Individualität innerhalb des Unternehmens zulassen. In Berufen, in denen die Funktion wichtiger als die Persönlichkeit ist, machen gleiche Outfits durchaus Sinn. Als Arbeitnehmer*in sollte man sich aber gut überlegen, ob man sich damit auch wohlfühlt, oder man Wert darauf legt, seine Individualität ausleben zu dürfen.
Arbeitskleidung ist Teil der Unternehmenskultur #
Egal, ob man pro oder contra Kleidungsvorschriften ist: Die Arbeitskleidung ist Teil der Unternehmenskultur und kann viel über den Arbeitgeber verraten, erklärt Schirl: „Dadurch werden auch die Werte der Firma vermittelt. Ein junges, hippes Unternehmen wird eher lässige Freizeitkleidung akzeptieren als eine altehrwürdige Institution, die für Exklusivität steht.“
Im Recruiting können Kleidungsvorschriften somit auch als eine Art Hilfsmittel zur „natürlichen Auslese“ dienen. Denn wer sich damit nicht anfreunden kann, kommt vielleicht auch mit den Werten und Umgangsformen der Firma nicht klar. Sie sind für Unternehmen mit Kleidungsvorschriften eher nicht die richtigen Mitarbeitenden. Viele fänden Arbeitskleidung aber beruhigend, erzählt die Psychologin, „weil ihnen dadurch die morgendliche Entscheidung abgenommen wird oder sie eben stolz auf die Zugehörigkeit zur Firma sind.“ Auf sie sollten Recruiter*innen bei der Suche nach passenden Mitarbeiter*innen ein besonderes Augenmerk legen.
Bildnachweis: shutterstock/New Africa
Redaktion
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