Rauchpausen im Job: Schlecht für die Arbeit, gut für die Kommunikation?
Es raucht in den heimischen Büros. Zumindest dann, wenn es zu Reibereien zwischen Rauchern und Nichtrauchern kommt. Stiehlt der blaue Dunst wertvolle Arbeitszeit oder sorgen die inoffiziellen Meetings in der Raucherecke für verbesserte Kommunikation? Per Online-Voting wollten wir wissen: Macht Rauchen im Job unproduktiv? Arbeitspsychologin Veronika Jakl erklärt außerdem, warum man sich von der Pausenkultur der Raucher auch etwas abschauen kann.
Zigarettenpausen als Streitthema #
Das Dauerthema Rauchen erhitzt nicht nur in der Gastronomie die Gemüter. Auch in heimischen Büros ist die Stimmung zwischen Nichtrauchern und Rauchern angespannt. Die Online-Umfrage von karriere.at ergab auf Arbeitnehmerseite: Mehr als die Hälfte der 611 Befragten stehen Zigarettenpausen kritisch gegenüber. So sagen 24 Prozent, dass Rauchen allein schon deshalb unproduktiv macht, weil dadurch Arbeitszeit verloren geht. Etwas mehr (30 Prozent) glauben, dass sich die Unterbrechungen des Arbeitsflusses negativ auf den Output auswirken. Mit 30 Prozent meint hingegen knapp jeder Dritte, dass Rauchpausen die Kreativität fördern und Ideen bringen. 16 Prozent sehen Rauchpausen sogar als Faktor eines guten Zeitmanagements und sagen: „Rauchen spart Besprechungszeit“.
Arbeitgeber sind über Rauchpausen wenig erfreut #
Wenig überraschend sind die Vertreter der Arbeitgeberseite bei Rauchpausen kritischer – insgesamt knapp zwei Drittel sehen diese als Produktivitätskiller, das ergab die Befragung von 196 HR-Managern, Führungskräften und Unternehmern. Für 42 Prozent sind in erster Linie die Unterbrechungen der Arbeitsabläufe das größte Problem, jeden Fünften (19 Prozent) stört die dadurch verloren gegangene Arbeitszeit. Ein Viertel, nämlich 26 Prozent der Arbeitgebervertreter, finden, dass Zigarettenpausen oft gute Ideen bringen. Die wenigsten (13 Prozent) glauben, dass Raucher Besprechungszeit sparen.
Ausflug in die Raucherecke: Zwei Seiten der Medaille #
Klar ist: Der blaue Dunst ist alles andere als gesund, von der Pausenkultur der Raucher kann man sich aber auch etwas abschauen. "Es ist mittlerweile unbestritten, dass Pausen wichtig sind um Erholung zu ermöglichen und damit präventiv Fehlbelastungen wie psychische Ermüdung und damit Unproduktivität auszugleichen. Auch ist seit den 1970er-Jahren aus der Forschung klar, dass mehrere Kurzpausen besser wirken als lediglich eine lange (Mittags-)Pause", sagt Arbeitspsychologin Veronika Jakl. Spontan wird die Arbeit bei Nichtrauchern häufig erst dann unterbrochen, wenn die Arbeit schon als zu anstrengend oder ermüdend empfunden wird. "Aus arbeitspsychologischer Sicht ist es dann eigentlich schon zu spät. Raucher haben häufiger diesen Pausenrhythmus von z.B. 90 Minuten", erklärt Jakl. Allerdings: Laut Arbeitszeitgesetz besteht kein Anspruch auf (Rauch)pausen, nur die gesetzlich vorgeschriebenen Ruhepausen müssen eingehalten werden.
Pausenkultur im Unternehmen etablieren #
Regelmäßige Pausen sind wichtig, um die Leistung aufrechtzuerhalten, sich zu erholen und "das Hirn durchzulüften". In diesem Punkt darf man sich rauchende Kollegen also durchaus als Vorbild nehmen. "Nichtraucher sollten daher die Rauchpausen der Kollegen zum Anlass nehmen, regelmäßig den Schreibtisch zu verlassen. Man kann in diesen Pausen z.B. ein Glas Wasser trinken", so die Arbeitspsychologin. Auch wenn Kurzpausen keine offiziellen Besprechungen sind, läuft viel Kommunikation oft in der Teeküche, vor dem Kaffeeautomaten - oder eben in der Raucherecke - ab.
Nur Tratsch oder wichtiger Austausch? #
"Ob formelle Besprechungszeit eingespart wird oder in Rauchpausen "nur getratscht" wird, hängt aber schon auch immer von der Organisationskultur ab. Und auch davon, wer mit wem auf Rauchpause geht und wie die Raucherzone gestaltet ist", sagt Jakl. Pauschalieren kann man auch nicht, dass in Rauchpausen nur Pause gemacht wird. Manche nutzen die kurze Auszeit auch, um über knifflige Aufgabenstellungen nachzudenken, ein Telefonat zu führen oder in Ruhe etwas durchzulesen.
Nichtraucher fühlen sich oft benachteiligt #
Es raucht in den heimischen Büros auch dann, wenn es zu Reibereien zwischen Rauchern und Nichtrauchern kommt. Ungerecht seien die regelmäßigen Pausen, während denen Nichtraucher oft das Telefon oder andere Aufgaben übernehmen müssen. "Das Gefühl der Ungerechtigkeit, weil beispielsweise die Raucher alle 40 Minuten 5 Minuten Rauchpause machen, kann das Organisationsklima stark stören", weiß Jakl. Einige Arbeitgeber haben für die Handhabung von Rauchpausen fixe Regeln eingeführt. Wenn es einen Betriebsrat gibt, können diese Regelungen auch in einer Betriebsvereinbarung festgehalten werden. Für Rauchpausen muss man sich dann z.B. im Zeiterfassungssystem ausstempeln. Wenn sich Nichtraucher benachteiligt fühlen, sollten sie das nicht aussitzen, empfiehlt Jakl: "Dies sollte dann vorsichtig zum Thema gemacht werden. In welcher Art und Weise das geschieht, hängt von der gewohnten Kommunikationsform ab. Entweder direkt unter vier Augen ansprechen oder mit dem Chef pauschal klären, welcher Pausenabstand für alle in Ordnung ist."
Vorrang haben jene, die nicht rauchen #
Unbedingt ansprechen sollte man das Thema Rauchen am Arbeitsplatz, wenn der Schutz der Nichtraucher gefährdet ist. Das Rauchen ist verboten, wenn mindestens ein Raucher und ein Nichtraucher gemeinsam in einem Büroraum oder vergleichbaren Arbeitsraum arbeiten. Auch in Aufenthaltsräumen dürfen Nichtraucher nicht unter Rauchbelästigung leiden. An öffentlichen Orten wie Geschäftslokalen oder Büros mit Parteienverkehr ist Rauchen bereits seit 2005 verboten.
Dem blauen Dunst entsagen #
Für alle, die unter ihre Liebschaft zum Glimmstängel einen Schlussstrich setzen möchten:
- Eine Liste mit Beratungsstellen und Adressen für Raucherentwöhnung ist unter rauchfrei.at zu finden.
- Wenn sich mehrere zusammentun, um das Rauchen aufzugeben, fällt es leichter als im Alleingang. Ein Entwöhnungsprogramm im Unternehmen bietet das Nikotininstitut an. Im Lauf des 5-wöchigen Programms wird man von Ärzten auf dem Weg zum Nichtraucher begleitet. Alle diagnostischen und therapeutischen Verfahren wurden in Zusammenarbeit mit dem Institut für Sozialmedizin der Medizinischen Universität Wien entwickelt.
Zur Person: Veronika Jakl #
Psychologin Veronika Jakl ist zertifizierte Arbeits- und Organisations- und Personalpsychologin, sie bietet unter anderem als AUVA-Seminarleiterin in der Erwachsenenbildung Kurse und Seminare an. Jakl ist zudem Geschäftsführerin der eval IT GmbH und hat mehrjährige Erfahrungen im Eventmanagement.
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Redaktion
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