Kind als Karrierekiller? Bewerbung und Schwangerschaft
Welche Frau kennt das nicht: Geht man gegen dreißig Lebensjahre, wird alles komplizierter. Bankberater fragen nach Krediten, Mütter nach Enkeln, und Arbeitgeber nach dem Wunsch, Nachwuchs zu bekommen. Und will man gar den Job wechseln, kann es in Bewerbungsgesprächen mitunter haarig werden: Schräge Blicke, verbotene Fragen und unangenehme Gesprächsverläufe sind es, die Frauen im „besten Alter“ das Leben, ja vor allem die Karriere schwer machen. Wie also umgehen mit solchen Situationen? Wir haben das Wichtigste für euch rund um Job, Bewerbung und Kinderwunsch auf einen Blick:
Frauen, die eine „Karriere mit Kind(ern)“ anstreben, werden immer zahlreicher, die Gesellschaft dem Thema gegenüber zunehmend offen. Gleichzeitig ist die (Vollzeit) arbeitende Frau mit Kindern noch weit entfernt davon, ein Massenphänomen zu sein – gilt doch die Vereinbarkeit von Beruf und Familie nach wie vor als eine der größten Karriereherausforderungen. Schuld daran: Fehlende Kinderbetreuungsangebote, mangelnde Jobs und Karriereaussichten. Und auch eine Beziehung wird nicht unbedingt einfacher, wenn beide Partner arbeiten und simultan ein Kind aufziehen.
Das Kind als Karrierekiller? #
Wer als Frau ein Kind bekommt, währenddessen in einem Arbeitsverhältnis ist und in dieses auch wieder zurückzukommen gedenkt, hat es nicht immer leicht. Zwar ist der Arbeitgeber verpflichtet, nach der Karenz dieselbe oder eine vergleichbare Stelle zur Verfügung zu stellen, viele frischgebackene Mütter haben allerdings nach der Rückkehr mit einigem zu kämpfen: Etwa mit einem niedrigeren Tätigkeitsniveau, schlechterer Bezahlung oder geringen Aufstiegschancen. Das ist bedenklich und gesellschaftspolitisch fatal. Viele Karenzrückkehrerinnen landen langfristig in Teilzeitjobs, in denen sie letztendlich drastisch an Erwerbseinkommen und Pension verlieren.
Laut einer WIFO-Studie im Auftrag des AMS hat die jahrelange Teilzeitbeschäftigung dramatische Auswirkungen auf das Lebenseinkommen (Erwerbs- und Pensionseinkommen zusammengefasst) von Frauen. So sinkt etwa das Bruttolebenseinkommen um 600.000 Euro, wenn nach einer zweijährigen Karenz durchgehend 20 Stunden Teilzeit gearbeitet wird, im Vergleich zu einer durchgehenden Vollzeitbeschäftigung nach einer kurzen Karenz- und Teilzeitphase. Kein Wunder, dass einige Frauen aus solchen Gründen die Karriere einer Familienplanung vorziehen und vielleicht niemals Mutter werden, obwohl unter anderen Umständen schon ein Kinderwunsch vorhanden gewesen wäre.
„Teilzeitarbeit hat drastische Auswirkungen.“
Um ungewollten Karriereschnitzern vorzubeugen ist es jedenfalls wichtig, mit dem Vorgesetzten schon vor der Karenz über mögliche Konsequenzen zu sprechen, eventuell gemeinsam nach einer Vertretung zu suchen und während der Karenz jedenfalls in Kontakt zu bleiben. Einen potenziellen Lichtblick für die Rückkehr nach einer Auszeit stellen beispielsweise Modelle wie Jobsharing oder alternative Arbeitszeitmodelle wie die 30-Stunden-Woche dar.
Bewerben als Frau im „gebärfähigen“ Alter #
Frauen haben es schwerer beim Bewerben als Männer. Das ist keine bloß so dahergesagte Floskel, das fußt auf seriösen Studienergebnissen: Um auf dieselbe Anzahl an Einladungen zu Bewerbungsgesprächen zu kommen, müssen Frauen generell mehr Aufwand betreiben. Im Mittel müssen diese 15 Bewerbungen abschicken, um fünf Einladungen zu Gesprächen zu bekommen. Männer erreichen diesen Wert bereits mit 11 abgeschickten Bewerbungen. Das hat die Studie zum Thema „Candidate Journey“ von karriere.at und Marketagent.com erhoben (N= 501 Berufstätige im Alter zwischen 18 und 60 Jahren) und es sollte uns allen definitiv zu denken geben!
„Frauen müssen viel mehr Aufwand betreiben, um zu einem Vorstellungsgespräch eingeladen zu werden.“
Wie allerdings mit Frauen im „gebärfähigen“ Alter im Bewerbungsprozess umgegangen wird, hängt ganz vom Unternehmen ab: Man kann diese Bewerberin überspitzt formuliert als „tickende Zeitbombe“ sehen und ihr das auch zu spüren geben – etwa durch indiskrete oder gar verbotene Fragen nach dem Beziehungsstatus, nach vorhandenen Kindern oder Ausprägung des Kinderwunsches. Oder aber man nimmt so eine Bewerberin als Mitarbeiterin im besten Alter wahr, die ihre Ausbildung abgeschlossen, bereits wertvolle Berufserfahrung gesammelt hat und voller Tatendrang in ihrem neuen Beruf aufgehen kann. Das hängt eben ganz vom Unternehmen und der dort vorherrschenden Kultur ab. Dementsprechend sollte man sich vorab über die entsprechende Unternehmenskultur und mögliche Situationen informieren.
Auch als Arbeitgeber muss man sich im Klaren darüber sein, was man mit dem Umgang solcher Bewerberinnen kommuniziert und wie schnell man sich die eigene Arbeitgebermarke damit ruinieren kann. Hier gibt es natürlich auch Positivbeispiele: Unternehmen, die Frauen im hochschwangeren Zustand einstellen, weil sie wissen, das genau diese eine die richtige ist und Konzepte wie die Väterkarenz, die unter die Arme greifen. Oder relativ neue Arbeitszeitkonzepte, die es Frauen mit Familie erlauben, in Top- und Führungspositionen zu arbeiten – etwa Top-Sharing.
Schwanger und auf Jobsuche #
Ist man nicht in der glücklichen Lage, sich in einem sicheren Job zu befinden, in dem man sich auch nach der Karenz eine Rückkehr vorstellen kann, befindet man sich eventuell in der misslichen Lage, mit dringendem Kinderwunsch auf Arbeitssuche zu sein oder gar schwanger in Bewerbungsgesprächen zu sitzen. Tatsächlich ist man nicht verpflichtet, bereits bei der Jobsuche eine Schwangerschaft mitzuteilen. Der Arbeitgeber darf ein Arbeitsverhältnis aufgrund einer Schwangerschaft auch nicht lösen, da hier ein Verstoß gegen das Gleichbehandlungsgesetz vorliegen würde. Auf der anderen Seite sollte man allerdings bedenken, dass so ein abgekartetes Spiel kein guter Start in eine neue Karriere bedeuten kann.
Wie umgehen mit Fragen zum Kinderwunsch im Bewerbungsgespräch? #
Eines ist klar: Egal, ob jemand ein gewisses Alter erreicht hat, einen ausländischen Nachnamen trägt oder im gebärfähigen Alter steckt: Diskriminierung im Bewerbungsprozess ist verboten. Wie wir aber alle wissen, müssen ein Ali oder eine Aishe (gleich, wie qualifiziert diese sind) sich viel mehr ins Zeug legen, um einen Job zu bekommen, als ein Wolfgang oder eine Manuela. Auch die Generation 50+, die nach einer neuen Stelle sucht, kann ein Lied davon singen. Und so kommt es immer wieder vor, dass man sich als Frau rund um dreißig im Face-to-Face Vorstellungsgespräch diese Frage anhören muss:
„Möchten Sie Kinder haben?“
Natürlich, der potenzielle neue Arbeitgeber möchte vielleicht alles über dich wissen, darf aber trotzdem nicht alles fragen. Diese Frage ist de facto genauso verboten wie die Frage, ob man raucht oder homosexuell ist. Wenn du also mit unerlaubten Fragen konfrontiert wirst, musst du deshalb auch nicht ehrlich darauf antworten. Vielleicht solltest du dich dann außerdem fragen, ob dieses Unternehmen als Arbeitgeber überhaupt infrage kommt.
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Redaktion
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