FAQ Arbeitsrecht: Schwangerschaft und Mutterschutz
Was sagt das Arbeitsrecht zu Schwangerschaft und Mutterschutz? Welche Fristen gelten wofür? Was steht werdenden Müttern zu und welche Pflichten haben sie? Im Interview beantwortet ein Arbeitsrechts-Experte die wichtigsten Fragen zum Thema.
Wird ein Kollege Papa, freuen sich alle – vielleicht steht auch das Thema Väterkarenz im Raum. Bei einer schwangeren Arbeitnehmerin sieht die Welt doch gleich ein bisschen anders aus. Viele Fragen zu den Rechten in der Schwangerschaft, dem Mutterschutz und auch den Karenzregelungen tauchen auf. Mag. Dr. Klaus Mayr LL.M., ehem. Referent in der Kammer für Arbeiter und Angestellte OÖ und fachkundiger Laienrichter beim OGH, hat sie uns beantwortet.
Schwangerschaft und Mutterschutz im Arbeitsrecht #
Kündigungsschutz gilt auch ohne Bekanntgabe #
Ab wann muss eine Schwangerschaft beim Dienstgeber gemeldet werden? Gibt es hierfür eine Frist?
Dr. Klaus Mayr: Die Schwangerschaft muss dem Arbeitgeber gemeldet werden, sobald sie bekannt ist. Allerdings gibt es keine Sanktion, wenn man dieser gesetzlichen Verpflichtung nicht oder erst zu einem späteren Zeitpunkt nachkommt. Der Kündigungsschutz gilt sofort – auch ohne Meldung der Schwangerschaft an den Arbeitgeber. Ratsam ist jedoch, mit der Meldung zuzuwarten, bis der Mutter-Kind-Pass ausgestellt ist und die erste kritische Phase der Schwangerschaft vorbei ist. Vorsicht ist geboten, wenn sich die Schwangere noch in einer Probezeit oder Befristung befindet. Hier raten wir vor einer Meldung beim Arbeitgeber zur Kontaktaufnahme mit der Arbeiterkammer.
Gesetzliche Karenz: Maximal zwei Jahre #
Wie sieht es mit dem Karenzmodell aus: Wann muss man dem Arbeitgeber mitteilen, wie lange man nach dem Mutterschutz in Karenz bleiben möchte?
Dr. Klaus Mayr: Die Mutter hat die voraussichtliche Dauer ihrer Karenz innerhalb der Schutzfrist zu melden (die Schutzfrist ist üblicherweise acht Wochen nach der Geburt; bei Frühgeburten, Mehrlingsgeburten und Entbindungen per Kaiserschnitt beträgt diese Frist 12 Wochen). Die Dauer der gesetzlichen Karenz beträgt maximal zwei Jahre. Es ist auch möglich, vorerst einen kürzeren Zeitraum bekanntzugeben. Bis drei Monate vor Ablauf dieses Zeitraums kann eine Verlängerung bekanntgegeben werden. Für diese Verlängerung braucht man keine Zustimmung durch den Arbeitgeber.
Zu beachten ist nur die Maximaldauer der gesetzlichen Karenz von zwei Jahren. Nimmt der Vater die Karenz gleich nach der Schutzfrist der Mutter in Anspruch, so muss er den Arbeitgeber spätestens acht Wochen nach der Geburt informieren. Nimmt er die Väterkarenz in Anschluss an eine Karenz der Mutter in Anspruch, dann hat er dies spätestens drei Monate vor Beginn der gewünschten Karenz zu melden. Wird eine kürzere Karenz als drei Monate verlangt, so genügt die Bekanntgabe zwei Monate vorher.
Väter: Karenz nie vor der Geburt bekanntgeben #
Hinweis für Väter: die Karenz nie vor der Geburt des Kindes bekanntgeben, da der Kündigungsschutz frühestens vier Monate vor Antritt der Karenz gilt!
Gibt es sonst Informationen, die man als Schwangere dem Arbeitgeber unbedingt mitteilen muss?
Dr. Klaus Mayr: Werdende Mütter sind auch verpflichtet, innerhalb der vierten Woche vor Beginn der Schutzfrist
den Arbeitgeber auf deren Beginn aufmerksam zu machen. Das wird häufig
vergessen, spielt aber keine Rolle, weil Arbeitgeber durch die Vorlage
der Schwangerschaftsbescheinigung den Beginn des Mutterschutzes ohnehin genau kennen.
Die Ruhezeit gilt als reguläre Arbeitszeit
#
Ab wie vielen Mitarbeitenden muss es im Unternehmen eine Notfallliege für Schwangere geben? Wie sieht es mit den Pausenregelungen für Schwangere aus?
Dr. Klaus Mayr: Ist eine Arbeitnehmerin schwanger, ist ihr Körper in dieser Zeit nicht so belastbar wie sonst. Deshalb darf sie sich auch während der Arbeitszeit hinlegen und ausruhen. Der Arbeitgeber muss ein geeignetes Bett oder eine Liege bereitstellen – unabhängig von der Betriebsgröße. Sollte es darüber Unstimmigkeiten mit dem Arbeitgeber geben, dann raten wir eine Kontaktaufnahme mit dem zuständigen Arbeitsinspektorat, das für die Einhaltung der im Mutterschutzgesetz vorgesehenen Schutzvorschriften zuständig ist. Wie oft und wie lange sich die Arbeitnehmerin ausruht, liegt in ihrem Ermessen. Die Ruhezeit gilt als reguläre Arbeitszeit und muss auch als solche bezahlt werden.
Den Wiedereinstieg vorab zu klären macht Sinn #
Was ist mit der Frage nach eventuell geplanten weiteren Kindern. Ist diese zulässig?
Dr. Klaus Mayr: Diese Frage ist nicht zulässig und muss nicht beantwortet werden. Das gleiche gilt für Fragen zu Schwangerschaften bei Bewerbungsgesprächen.
Der Anspruch auf Elternteilzeit besteht ja ab drei Jahren bei einem Unternehmen. Gehört hierzu auch der Mutterschutz bzw. die Karenzzeit?
Dr. Klaus Mayr: Ja, für die Mindestbeschäftigungszeit von drei Jahren für einen Anspruch auf Elternteilzeit zählt auch die Zeit des Mutterschutzes und ausnahmsweise auch eine Karenzzeit.
Wann muss man den Arbeitgeber über die geplante/gewünschte Rückkehr ins Unternehmen informieren?
Dr. Klaus Mayr: Es gibt keine Verpflichtung, den Arbeitgeber über das Ende der Karenz (also über den Zeitpunkt der Rückkehr) zu informieren. Die Unternehmen wissen ja ohnehin durch die Meldung über Dauer der Karenz Bescheid, wann die Mutter bzw. der Vater wieder in den Betrieb zurückkommt. Es macht aber aus rein praktischen Gründen durchaus Sinn, dass man sich kurz vor der Rückkehr beim Arbeitgeber meldet und den Wiedereinstieg klärt.
Tipp: Falls du nach der Karenz einen neuen Job möchtest, bekommst du alle wichtigen Infos in diesem Artikel:
Elternteilzeit spätestens drei Monate vorab melden #
Anders ist es, wenn im Anschluss an eine Karenz eine Elternteilzeit in Anspruch genommen wird. Diese ist spätestens drei Monate vor dem gewünschten Beginn zu melden. Diese (schriftliche) Meldung hat den Beginn der Elternteilzeit, die Dauer (bis maximal zum 7. Geburtstag des Kindes), das gewünschte Stundenausmaß sowie die gewünschte Verteilung dieser Stunden auf die einzelnen Arbeitstage zu enthalten.
Bezüglich Stundenausmaß: Gibt es hier eine Regelung oder ist dies frei zwischen Arbeitnehmer*in und Arbeitgeber vereinbar?
Dr. Klaus Mayr: Welches Stundenausmaß die Mutter oder der Vater für die Elternteilzeit wählt, ist ihre bzw. seine Entscheidung. Es kann natürlich sein, dass in Gesprächen mit dem Arbeitgeber einvernehmlich ein anderes Stundenausmaß oder eine andere Verteilung der Arbeitsstunden festgelegt wird.
Urlaubsanspruch und Mutterschutz #
Abschließend noch eine sehr konkrete Frage zu Mutterschutz und Urlaubsanspruch: Der Urlaub, der einer Frau zusteht, wird ja aliquot bis zum Ende des Mutterschutzes berechnet. Wird für diese Berechnung jeweils der ganze Monat hergenommen? Also, wenn der Mutterschutz z. B. Mitte des Monats endet, hat die Arbeitnehmerin dann Recht auf die beiden Tage dieses Monats oder nur auf einen?
Dr. Klaus Mayr: Es ist richtig, dass für die Berechnung des anteiligen Urlaubsanspruchs die Zeit des Mutterschutzes vor und nach der Geburt dazugerechnet
wird. Allerdings wird nicht in ganzen Monaten gerechnet, sondern der
Urlaubsanspruch für die konkrete Zeit herangezogen (also Beginn des
Urlaubsjahres bis Endes des Mutterschutzes). Ergibt diese Berechnung
Kommazahlen, dann werden sie auf ganze Tage aufgerundet.
Bewerben trotz Schwangerschaft? #
Darf man sich trotz Schwangerschaft bewerben? Und was passiert, wenn
ich bei der Bewerbung noch gar nicht weiß, dass ich ein Kind erwarte?
Antworten auf das schwierige Thema Bewerbung und Schwangerschaft bekommt
ihr hier:
Redaktion
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