Jeden Freitag im Sommer frei: Wie funktionieren die „Sunny Fridays“?
Die Mitarbeiter*innen eines Linzer Unternehmens können sich freuen: Im Juli und August stellen sie den Betrieb auf eine 32-Stunden-Woche um und haben damit jeden Freitag frei. Wie sich das ausgeht, was die Kund*innen dazu sagen und welchen Effekt das Ganze hat, erzählt uns der CEO.
Sunny Fridays: Wie geht sich die Vier-Tage-Woche aus? #
Andreas, als wir von euren Sunny Fridays gehört haben, war unsere erste Frage: Wie geht sich das aus, ohne im Herbst einen riesigen Haufen liegengebliebener Projekte abarbeiten zu müssen? Also, mal ehrlich: Wie ist das bei euch?
Andreas Gutzelnig: Da muss ich ein bisschen ausholen: Wir sind kein Agenturbusiness, das Stunden weiterverrechnet, sondern wir haben ein eigenes Produkt, das wir ständig verbessern und das unsere Sales-Mannschaft vertreibt. Von daher kennen wir bei uns im Sales-Bereich auch das klassische Sommerloch, wenn viele Kunden auf Urlaub sind. In der Produktentwicklung gibts das hingegen nicht. Damit die fehlenden Stunden im Produktteam nicht zum Problem werden, haben wir jetzt über den Sommer einfach unsere Aufgaben anders eingeplant.
„Damit die fehlenden Stunden nicht zum Problem werden, haben wir unsere Aufgaben einfach anders eingeplant.“
Wie haben eure Kund*innen darauf reagiert, dass plötzlich am Freitag niemand mehr erreichbar ist?
Andreas Gutzelnig: In der Kund*innenbetreuung haben wir ein Bereitschaftsrad, das heißt, es ist grundsätzlich immer jemand verfügbar. Die Kund*in merkt unsere Sunny Fridays also gar nicht. Die Sales-Mitarbeiter*innen, die am Freitag Dienst haben, nehmen sich dafür an einem anderen Tag frei.
Benefits und Motivation: Gründe für den freien Freitag #
Warum habt ihr die Sunny Fridays eingeführt?
Andreas Gutzelnig: Es gibt mehrere Gründe, warum wir das eingeführt haben. Wir haben generell ein recht starkes Benefit-Programm, weil wir qualifizierte Mitarbeiter*innen finden und die Motivation im Team hochhalten wollen. Wir Gründerüberlegen uns daher immer wieder, was wir dafür tun können. Das sind so Klassiker wie das gratis Öffi-Ticket. Seit kurzem haben wir auch eine kleine E-Scooter-Flotte, die unsere Mitarbeiter*innen für ihren Arbeitsweg, aber auch privat nützen können. Unser Standort ist mit Öffis nicht so gut erreichbar, daher wird das sehr gut angenommen. Aber wir wollten noch einen Benefit, der uns auszeichnet und zu uns passt. Daher haben wir die Sunny Fridays entwickelt.
Wir haben das dann einfach mal durchgerechnet und im Endeffekt ist herausgekommen, dass durch die freien Freitage gerade mal drei Prozent der Arbeitsleistung vom gesamten Jahr verlorengehen. Durch die Motivation, die dadurch entsteht, können wir das aber locker kompensieren. Das war auch unser Hintergedanke: Wenn sich die Motivation erhöht, kann die Arbeitsleistung trotz weniger Stunden gar nicht so viel sinken. Mit unserem Geschäftsmodell funktioniert das sehr gut. Ich glaube aber, dass es in Firmen, die Stunden verrechnen, nicht so einfach geht.
Wie seid ihr überhaupt darauf gekommen?
Andreas Gutzelnig: Wir unterhalten uns sehr viel mit den Kandidat*innen und fragen, was für sie an ihrem Arbeitsplatz wichtig und nützlich wäre. Gerade im Developerbereich ist es schon lange nicht mehr das Gehalt, sondern das Team, die Umgebung, das Projekt, an dem man arbeitet. Auf diese Dinge nehmen wir Rücksicht und kommunizieren sie auch auf unserer Teamseite oder in Stellenausschreibungen. Und bei den Benefits hören wir natürlich auch darauf, was unsere Mitarbeiter und Bewerber sich wünschen.
Neun Urlaubstage geschenkt? #
Bekommen eure Mitarbeiter jetzt im Sommer weniger Gehalt?
Andreas Gutzelnig: Nein, am Gehalt hat sich nichts verändert. Die Sunny Fridays sind neun zusätzliche Feiertage, das heißt, wir haben jetzt 34 statt 25 Urlaubstage – oder, wenn mans so sieht: im Juli und August eine 32-Stunden-Woche bei gleichbleibender Bezahlung.
Wie habt ihr das im Dienstvertrag geregelt?
Andreas Gutzelnig: Wir haben einen Zusatz im Dienstvertrag erstellt. In dem wird genau definiert, dass diese Freitage neun Betriebsfeiertage sind, die man konsumieren muss. Ein bisschen komplizierter wird das Ganze bei Teilzeitmitarbeiter*innen. Es wäre sehr diskriminierend, wenn diejenigen, die am Freitag sowieso frei haben, um dieses Benefit sterben würden. Daher dürfen sie in diesen zwei Monaten einen gewissen Prozentsatz ihrer Arbeitszeit freinehmen.
Ist das für einen Arbeitgeber sehr aufwändig?
Andreas Gutzelnig: Ganz ehrlich, das war ein Tag Arbeit für mich. Wir haben das Dokument gemeinsam mit dem Steuerberater ausgearbeitet und das wars. Der Effekt, von dem wir jetzt profitieren, ist sicherlich mehr wert als die Zeit, die ich dafür investiert habe.
Mehr Bewerbende, mehr Leistung: Das bringen die Sunny Fridays #
Merkt ihr einen Effekt im Recruiting?
Andreas Gutzelnig: Durch die Medienberichte merken wir jetzt schon einiges. Allerdings hat sich auch gleich nach der Ankündigung im Team einiges getan. Es sind sofort einige Initiativbewerbungen aus dem Bekanntenkreis unserer Mitarbeiter*innen eingelangt. Also die Sunny Fridays haben definitiv einen positiven Effekt aufs Recruiting – aber in Euros messen lässt sich das nicht.
Welche Auswirkungen hat der freie Freitag auf euren Arbeitsalltag?
Andreas Gutzelnig: Man spürt es im Arbeitsalltag schon sehr: Wenn man drei Tage frei hat, ist die Motivation an den anderen vier Tagen umso höher. Interessanterweise erreichen wir jetzt sogar mehr als vorher.
Und noch etwas freut uns sehr: Wenn unsere Mitarbeiter jetzt am Freitag etwas unternehmen und davon Fotos oder Videos posten, verwenden sie dabei oft den Hashtag #sunnyfriday und #storyclash – ohne dass wir sie dazu aufgefordert hätten. Das ist natürlich ein toller Effekt fürs Employer Branding.
Seit wann bietet ihr diesen Benefit an?
Andreas Gutzelnig: Das ist jetzt das erste Jahr, in dem wir das testen. Und wenn wir am Ende unsere Ziele erreichen und alles gut läuft, dann werden wir das nächstes Jahr sicher wieder machen – oder sogar ausweiten. Wir überlegen beispielsweise, Creative Fridays einzuführen, an denen man eigene Projekte oder Interessen verfolgt, wie es schon in anderen Firmen gemacht wird. Oder wir weiten die Sunny Fridays auf drei Monate aus. Das werden wir im Herbst entscheiden.
Was müsste passieren, damit ihr die Sunny Fridays wieder abschafft?
Andreas Gutzelnig: Wenn wir merken würden, dass die Motivation eben nicht höher wird oder wir die Ziele in Bezug aufs Umsatzwachstum und die Produktentwicklung nicht erreichen, dann würden wir uns das noch mal überlegen. Momentan siehts aber sehr gut aus: Wir hatten gerade wieder einen Produktlaunch und haben einen großen Kunden dazugewonnen, also dürften wir unsere Ziele locker erreichen – trotz Vier-Tage-Woche.
Ihr seid als Unternehmen noch relativ jung und habt als Start-up angefangen. Macht euch das offener für innovative Benefits und Arbeitsformen?
Andreas Gutzelnig: Ich denke, jedes kleine Unternehmen hat den Vorteil, dass neue Ideen leichter einzuführen sind. Ein großer Konzern mit tausenden Mitarbeitern muss sich das bestimmt sehr viel genauer durchrechnen und kann vermutlich vieles nicht umsetzen, das KMUs mal eben ausprobieren.
„Kleine Unternehmen können neue Benefits leichter ausprobieren.“
Als kleineres Unternehmen hat man aber auch einen gewissen Zwang, neue Dinge zu versuchen, um neue Mitarbeiter*innen zu finden und wachsen zu können – unabhängig davon, ob man ein Start-up ist oder nicht.
Redaktion
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