Gekündigt! Vor dem Blick nach vorne kommt eine unangenehme Frage
Abschied tut weh, heißt es so schön, und im Arbeitsleben schmerzt ein Abschied ganz besonders: Die Kündigung durch den Arbeitgeber. Der Job ist weg, an seine Stelle treten unangenehme Emotionen: Wut, Scham, Trauer und ein angeknackstes Ego. Wie gelingt der Umgang mit dieser belastenden Situation? Wir haben bei Psychologin Christa Schirl nachgefragt:
Die Kündigung durch den Arbeitgeber ist ein unangenehmes Thema. Was muss man beachten?
Schirl: Eine Kündigung kann sehr unterschiedliche Seiten haben. Das Thema Arbeitgeberkündigung kann deshalb nicht generalisiert werden, es kommt immer auf die individuelle Siuation an. Trennt sich ein Arbeitgeber von einem Mitarbeiter aufgrund der wirtschaftlichen Lage? Oder weil die Leistung nicht gereicht hat? Hat jemand nicht mehr ins Team gepasst? Am einfachsten ist es natürlich, sich selbst als Opfer wahrzunehmen: Diese gemeine Firma! Jetzt müssen Betroffene aber differenzieren und sich folgende Frage stellen: Was war mein eigener Anteil an der Kündigung?
Verliert jemand seinen Job aufgrund der schlechten Auftragslage dann ist klar: Das hat nichts mit mir zu tun, sondern mit äußeren Umständen, die ich nicht beeinflussen kann. Vielleicht lag es aber an der Leistung oder an der Persönlichkeit, z.B. weil man mit der Führungskraft in einen Konkurrenzkampf getreten ist, den diese nicht länger dulden will. Das kann z.B. jemanden treffen, der früher Führungskraft war und dann als normaler Mitarbeiter in einen neuen Job kommt. Stellt er immer wieder den Führungsanspruch, macht ihn das vielleicht wirklich zu einem schlechten Teammitglied. Dann ist es aber auch okay, wenn man sich dazu bekennt: Ich bin halt ein Alpha und brauche den passenden Job dafür.
In manchen Fällen inszeniert das Leben mit der Kündigung auch einen unbewussten Wunsch: Mich interessiert dieser Job sowieso nicht mehr, aber ich brauche das Geld und habe Angst, mir etwas Neues zu suchen. Die Situation ist natürlich hart und mag unfair erscheinen, bei genauer Nachfrage hört man dann aber oft, dass es ohnehin nicht mehr richtig gepasst hat und vielleicht schon Überlegungen da waren, die Arbeitszeit zu reduzieren oder eine Umschulung ins Auge zu fassen.
Wie kann man mit der Situation am besten umgehen?
Schirl: Das hängt natürlich auch vom jeweiligen Beruf ab. Personen mit gefragten Qualifikationen fällt es nach einer Kündigung natürlich leichter, weiterzuziehen und etwas Neues zu finden. Für andere Menschen kann die Kündigung ein sehr schwerer Schlag sein. Verliert jemand mit über 50 Jahren seinen Job, dann fällt es wirklich schwer, in der Arbeitswelt nochmal Fuß zu fassen.
Das wichtigste ist, sich zu fragen: Was mache ich jetzt aus meiner Situation? Möchte ich eine Weiterbildung absolvieren, mich komplett umorientieren oder mit einem eigenen Unternehmen selbstständig machen?
Es hilft, sich auf das zu konzentrieren, was bleibt: Meine Ausbildung, Berufserfahrung, Freunde, Familie, Hobbys, finanzielle Sicherheit - darauf sollte der Blick gerichtet sein und nicht auf das, was wegfällt.
Wie gelingt der Umgang mit starken Emotionen, die auftauchen?
Schirl: Kommen starke Emotionen an die Oberfläche, sollte man sie akzeptieren. Wut, Trauer, Ärger oder ähnliche Gefühle sind normale Begleiterscheinungen in schwierigen Situationen - vor allem dann, wenn man gar nicht mit einer Kündigung gerechnet hat. In einer ersten Reaktion ist es gut, sich zu sammeln und anderen anzuvertrauen. Es braucht seine Zeit, bis sich diese Emotionen wieder beruhigt haben. Emotionen dürfen sein - ich darf aber nicht alles unkontrolliert herauslassen. Im Taoismus heißt es sehr schön: Ein Moment des Zorns bringt hundert Tage Kummer. Wie ich ein Unternehmen verlasse, das ist auch die Spur, die ich dort zurücklasse. Hinterlasse ich totales Chaos oder zeige ich Größe und beende das Dienstverhältnis so, dass ich am Ende des Tages noch in den Spiegel sehen kann?
Redaktion
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