Kommunikationsproblem: Unklare Ziele lassen Projekte scheitern
Vier von zehn Projekten scheitern aufgrund von unklaren Zielformulierungen. Das ist frustrierend für die betroffenen Mitarbeiter*innen und äußerst kostspielig für Unternehmen. Business Coach Andy Fumolo erklärt im Interview, warum das ein Kommunikationsproblem ist und wie man es lösen kann.
40 Prozent scheitern an unklaren Zielen #
40 Prozent der Projekte scheitern an unklaren Zielen: Woher stammen die Zahlen?
Andy Fumolo: Ja, rund 40 Prozent aller Projekte scheitern laut einer Studie der Deutschen Gesellschaft für Projektmanagement an „unklaren Zielen“. Ich glaube nicht immer allen Studien, also habe ich meine Kund*innen und Seminar-Teilnehmer*innen befragt. Mich hat erstaunt, dass dem fast alle zugestimmt haben. Was mich aber wirklich erregt hat und meine Aufmerksamkeit auf sich gezogen hat ist, dass fast niemand erkennt, dass es sich um ein Kommunikationsproblem handelt.
„Fast niemand erkennt, dass es sich um ein Kommunikationsproblem handelt.“
Aber auch, dass gerne die Verantwortung auf die Projektleiter geschoben wird und die Eigeninitiative nicht wahrgenommen wird. Wir haben also ein Kommunikationsproblem gepaart mit Verhaltensmustern. Die deutlichen Nebenwirkungen: Projektvorgaben werden nicht eingehalten, es kommt zu massiven Zeitüberschreitungen und Verdopplung bis Verdreifachung der Kosten. Schlimm, nicht wahr?
Absolut! Dennoch spricht man zu wenig darüber. Wie bist du auf das Thema aufmerksam geworden?
Andy Fumolo: In Wahrheit durch meine Coaching-Kund*innen und Seminarteilnehmer*innen. Als High Performance Trainer/Coach ist es meine Aufgabe, sie anders zu fördern, sie besser zu machen. Dabei spielen Persönlichkeit und Verhaltensmuster eine große Rolle. Und natürlich auch die Kommunikation, nicht nur die mit anderen, sondern auch die Kommunikation mit sich selbst, also der innere Dialog.
Ich habe bei einem Seminar gefragt: Nehmt ihr euch nach einem erfolgreichen Projekt Zeit zum „feiern“? Die Antwort hat mich entsetzt: Nein, dafür haben wir kein Budget.
Meine zweite Frage war: Nehmt ihr euch Zeit, Fehler und Probleme nach einem Projekt zu analysieren, damit sie nicht wieder passieren? Antwort: Leider nein. Denn da sind wir schon mit dem nächsten Projekt beschäftigt.
Noch viel erstaunlicher ist, dass die Zieldefinierung in jedem Projektmanagement-Handbuch oder -Tool an erster Stelle steht, sozusagen Kapitel 1 Absatz 1.
Zielformulierung: Begeisternd statt rational! #
Wie unterscheidet sich ein klares von einem unklaren Ziel?
Andy Fumolo: Das ist ganz einfach. Wir müssen uns bewusst machen, dass sich ein Ziel direkt auf das Verhalten auswirkt. Davon kann man ableiten: schlechtes Ziel, schlechtes Verhalten. Ungenaues Ziel, ungenaues Verhalten. Aber: ein exaktes Ziel bewirkt ein exaktes Verhalten.
„Ein exaktes Ziel bewirkt ein exaktes Verhalten.“
„Wir arbeiten mit Menschen. Diese zu verstehen, ist die wichtigste Aufgabe.“
Dennoch möchte ich eines hervorheben: Ein starkes WARUM ist der größte Motivator. Warum wollen wir ein bestimmtes Ziel erreichen? Damit entsteht eine lösungsorientierte, nutzenorientierte Kommunikation und innere Haltung. Und das ist schon die halbe Miete – oder die Hälfte des Erfolges.
Kontinuierliche Kommunikation und Partizipation #
„Gehört ist noch nicht verstanden.“
„Die Kommunikation ist die wichtigste Aufgabe für oberes und mittleres Management.“
„Ich bin der Ansicht, dass Mitarbeiter*innen die Probleme am besten kennen und damit auch am besten lösen können.“
Stolperfallen und Umgang mit gescheiterten Projekten #
Ziele zu definieren bzw. zu haben, ist aber nur der erste Schritt zum erfolgreichen Projektabschluss. Welche Stolperfallen lauern danach?
Andy Fumolo: Der größte Stolperstein liegt sicherlich darin, Fehler nicht aufzuarbeiten. Wir alle feiern gerne, wenn die Dinge gut laufen. Aber wir vergessen zu schnell oder verdrängen, was nicht gut läuft. Da sind wir um Ausreden nicht verlegen. Also passieren dieselben Fehler immer wieder. Aus Fehlern zu lernen, an ihnen zu wachsen und stärker herauszukommen, ist eine Aufgabe für viele Teams. Meistens müssen dafür Verhaltensmuster geändert werden, nicht nur wie das Team miteinander umgeht, sondern auch bei den einzelnen Personen. Das klingt nun zwar wahnsinnig hochtrabend, ist es aber nicht. Wenn wir es schaffen, ein wenig den Stress rauszunehmen und Interesse an anderen zu zeigen, dann ist schon viel erreicht.
Scheitern ist per se nichts Schlechtes: Welche Tipps haben Sie für den Umgang mit dem Scheitern? Wann ist scheitern sogar gut?
Andy Fumolo: Fehler und Niederlagen gehören dazu, da sollte man nicht so ein Drama daraus machen. Sie sind ja nur kleine Hürden auf dem Weg zum Ziel. Kleine Fehler brauchen nicht lange analysiert zu werden. Einfach aufstehen und weitermachen. Bei schwerwiegenden Fehlern ist es wichtig, genau herauszufinden, was schiefgelaufen ist. Damit ist es aber nicht getan. Viel wichtiger ist, Wege zu finden, um Fehler frühzeitig zu erkennen und sicherzustellen, dass sie nicht wieder passieren. Siehe erste Frage: „Wir haben keine Zeit, weil wir schon im nächsten Projekt sind!“ Mit dieser Haltung wird sich nichts verbessern, nicht in den Projekten und nicht im eigenen Leben.
Ziele erfolgreich zu erreichen, ganz gleich ob im Beruf oder im privaten Leben, ist eine Frage der Kommunikation, der Möglichkeit, Dinge besser zu machen – und eine Frage der Begeisterung. Je besser ich die Frage „Warum wollen wir dieses Ziel erreichen“ beantworten kann, umso größer wird die Wahrscheinlichkeit einer erfolgreichen Umsetzung.
Über die Person #
Andy Fumolo veränderte in seiner über 25-jährigen Tätigkeit als Business- und Führungskräfte-Coach sowie Keynote-Speaker die Kommunikationskulturen nationaler und internationaler Unternehmen nachhaltig. Komplexe Inhalte und Zusammenhänge durchschaut er rasch und bewegt Menschen dazu, neue, noch nie dagewesene Ergebnisse zu erzielen.
Bildnachweis: shutterstock/Day of Victory Studio; Andy Fumolo
Redaktion
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