Data Driven Recruiting verstehen und anwenden
Künstliche Intelligenz und maschinelles Lernen haben tiefgreifende Auswirkungen auf alle Aspekte unseres Lebens. Auch Personalabteilungen profitieren davon, indem sie ihre Arbeit automatisieren oder zumindest vereinfachen. Gleichzeitig sind sie in der Lage, besser für die Zukunft zu planen und haben mehr Zeit, um sich mit Unternehmensveränderungen zu beschäftigen und darauf vorzubereiten.
Was ist datengetriebenes Recruiting? #
Bei datengetriebenem Recruiting werden ausgewählte Daten für HR-bezogenen Entscheidungen und Analysen herangezogen. Datenquellen können Informationen über Bewerber*innen, Performance-Kennzahlen, Bewerber*innenverhalten und Marktanalysen sein.
Die gewonnenen Erkenntnisse werden dazu genutzt, qualifizierte Kandidat*innen gezielter anzusprechen, den Bewerbungsprozess zu optimieren und fundierte Personalentscheidungen zu treffen. Ziel ist ein effizienter und objektiver Recruiting-Prozess.
Einsatzbereiche von datengetriebenem Recruiting #
Eine Umfrage unter 253 Besucher*innen des HR Inside Summit 2024 hat ergeben, dass 60 Prozent der Befragten im HR bereits mit Datenanalyse arbeiten. In einer weiteren Umfrage mit 151 Teilnehmenden wurde abgefragt, in welchen Bereichen Daten bereits in der HR genutzt werden.
Der überwiegende Teil (65 bzw. 64 Prozent) verwenden Datenanalysen in Bezug auf Recruiting-Performance und Bewerber*innenmanagement, gefolgt von Schulung und Weiterentwicklung (53 Prozent) und Gehaltsanalysen (52 Prozent).
Vorteile von datengetriebenen Entscheidungen #
Der Einsatz von Daten und Analysen unterstützt Unternehmen dabei, ihre Entscheidungsprozesse zu optimieren, indem sie Trends, Lücken und Korrelationen aufzeigen. Einige Beispiele für Anwendungsfelder:
Weiterbildungsbedarf #
Um das Potenzial jeder Mitarbeiter*in auszuschöpfen, müssen Arbeitgeber die Stärken und Schwächen ihrer Mitarbeitenden kennen. High Potentials lassen sich erkennen, indem Fähigkeiten, Performance, Weiterbildungen und Karriereziele festgehalten werden. Gleichzeitig werden hierdurch Skill Gaps – sprich Weiterbildungsbedarf – sichtbar. Diese Einblicke machen es der Personalabteilung möglich, Personalbedarf genauer zu planen und interne Entwicklungspfade festzulegen.
Ein Beispiel: Ein Unternehmen führt für alle Mitarbeitenden ein internes Kompetenzprofil ein, das Qualifikationen, bisherige Leistungen und Weiterbildungen erfasst. Es stellt sich heraus, dass in der IT-Abteilung ein Mangel an Führungskompetenz besteht, obwohl einige Mitarbeitende als High Potentials gelten. In weiterer Folge bietet das Unternehmen Leadership-Trainings an, um Skill Gaps zu schließen.
Employee Engagement und Retention #
Mit HR-bezogenen Daten lassen sich Faktoren erkennen, die zur Mitarbeiter*innenzufriedenheit beitragen und das Engagement erhöhen. Grundlagen zur Analyse sind Ergebnisse von Mitarbeiter*innenbefragungen, Feedback aus Gesprächen und die Fluktuationsrate.
Diese Insights zeigen auf, wo die Employee Experience noch Optimierungspotenzial aufweist und welche Initiativen dabei helfen, die Zufriedenheit und Bindung langfristig sicherzustellen.
Ein Beispiel: Aus Mitarbeiter*innenbefragungen geht hervor, dass die Unzufriedenheit besonders im ersten Jahr hoch ist, was in vielen Fällen zur Kündigung führt. Als Hauptgrund werden fehlende Einarbeitungs- und Schulungsprogramme identifiziert. Infolgedessen kann der Arbeitgeber ein Onboarding-Programm entwickeln, das neue Mitarbeitende besser integriert.
Personalstrategie #
Die Analyse von demografischen Daten zur Belegschaft, Fluktuationstrends und Daten zur Nachfolgeplanung unterstützen Arbeitgeber dabei, den künftigen Talentbedarf verlässlich zu prognostizieren. Gleichzeitig werden potenzielle Engpässe und Risiken aufgezeigt. Mithilfe dieser Daten lassen sich Personalstrategien konzipieren, die die Bedürfnisse des Unternehmens langfristig abdecken.
Ein Beispiel: Durch die Altersanalyse stellt sich heraus, dass in den kommenden fünf Jahren Mitarbeitende in Schlüsselpositionen in Pension gehen. Die Personalabteilung kann dieses Wissen nutzen und Entwicklungsprogramme für Nachwuchsführungskräfte oder rechtzeitig das Recruiting neuer Talente in die Wege leiten.
Problemfelder aufzeigen #
In deinem Unternehmen zeichnet sich ein negativer Trend ab und du weißt nicht, welche Gründe dahinterstecken? Durch datengetriebene Personalarbeit werden Probleme nicht nur sichtbar, sondern deren Auslöser auch identifizierbar und in weiterer Folge behebbar.
Ein Beispiel: Wenn auffällig viele Mitarbeiter*innen kündigen, lassen sich mithilfe von Daten über Austrittsgründe, Abteilungszugehörigkeit, Arbeitszufriedenheit und Krankheitszeiten bestimmte Muster erkennen. Es könnte sich herausstellen, dass in einer bestimmten Abteilung die Work-Life-Balance zu kurz kommt, was zu einer hohen Kündigungsrate führt. Als Gegenmaßnahme käme die Einführung flexibler Arbeitszeiten in Frage.
Vorurteile minimieren #
Recruiter*innen können noch so gute Absichten haben – vor Vorurteilen bzw. Unconscious Bias ist niemand gefeit! Ein datengetriebener Ansatz kann aufzeigen, wo im Recruiting-Prozess Vorurteile schlagend werden. Personalverantwortliche können anschließen reagieren, ehe sie in ihren Entscheidungen beeinflusst werden. Aber Achtung – auch Daten sind nicht automatisch wertfrei! Ein verantwortungsbewusster Umgang damit ist daher umso wichtiger.
Hier ein paar Beispiele, wie sich durch datengetriebenes Recruiting Vorurteile umgehen lassen:
- Anonymes Bewerbungsverfahren: Informationen wie Name, Alter, Geschlecht, die ethnische Herkunft oder sogar der Bildungsweg können Personalverantwortliche in ihrer Beurteilung von Kandidat*innen beeinflussen. Die Entscheidungsgrundlage bilden stattdessen rein die Qualifikationen, Fähigkeiten und Berufserfahrungen.
- Vordefinierte, objektive Bewertungskriterien: Anhand von Analysen vergangener Einstellungen und Leistungsergebnissen wird ein Kriterienkatalog angelegt, der auf klar messbaren Kompetenzen beruht.
- Automatisches CV-Parsing: Recruiter*innen können Bewerbungsunterlagen und Lebensläufe mithilfe von KI automatisch auf geforderte Qualifikationen hin analysieren und vorfiltern. Recruiter*innen müssen anschließend nur noch Kandidat*innen sichten, die in potenziell in Frage kommen.
HR Driven Data im Unternehmen implementieren #
Bevor HR-Abteilungen datenbasierte Entscheidungen treffen können, müssen zunächst geeignete Rahmenbedingungen geschaffen werden. Nachfolgendend zeigen wir auf, mit welchen Schritten Arbeitgeber das Fundament für datenbasierte Entscheidungen legen können.
Neue Skills aneignen #
Personalverantwortliche müssen heute andere Fähigkeiten mitbringen als noch vor fünf oder zehn Jahren. Für Data Driven Recruiting braucht es nicht nur technisches Verständnis, sondern auch Soft Skills.
Hier einige Beispiele für relevante Fähigkeiten:
- Change Management: Personalverantwortliche ebnen den Weg für transformative Prozesse und unterstützen Mitarbeitende dabei, Veränderungen im Unternehmen zu verstehen und mitzutragen.
- People Analytics: Die Analyse von mitarbeiter*innenbezogenen Daten, um verschiedene Vorgänge im Unternehmen besser zu verstehen, zu planen und zu optimieren.
- Datenkompetenz: Personalverantwortliche müssen Daten nicht nur verstehen, sondern auch korrekt interpretieren können. Analyse-Tools können hierbei unterstützen.
- Kritisches Denken: Daten sollten nicht einfach hingenommen, sondern kritisch hinterfragt werden, um konstruktive Schlüsse aus ihnen ziehen zu können.
- Ethische Bedenken: Personalverantwortliche müssen Datenschutzbestimmungen berücksichtigen und sicherstellen, dass verwendete Daten verantwortungsvoll verwendet werden.
- Lebenslanges Lernen: Um den neuesten Trends, Tools und Techniken in der Datenanalyse nicht hinterherzuhinken, müssen sich Personalverantwortliche regelmäßig weiterbilden.
Was sind KPIs?
KPIs sind Kennzahlen, anhand derer Unternehmen ihre Leistungen messen.
KPIs definieren #
Welche Kennzahlen für ein Unternehmen sinnvoll sind, ist von dessen kurz- oder langfristigen Zielen abhängig und kann nur innerhalb der Organisation entschieden werden.
Im folgenden Artikel geben wir einen Überblick über Kennzahlen, deren Tracking im Zusammenhang mit Recruiting relevant sind:
Daten zentral verwalten #
Die Zusammenführung von Personaldaten aus verschiedenen Quellen in einem einheitlichen, zentralisierten System ist essenziell. Dies beinhaltet unter anderem die Integration von Daten aus HRIS-Systemen, Leistungsmanagement-Tools oder Mitarbeiter*innenbefragungen. Die Zentralisierung gewährleistet Genauigkeit und Zugänglichkeit und erleichtert die Analyse und Interpretation.
Datenanalyse und -interpretation #
Sind die Daten erstmal zentralisiert gespeichert, können sie analysiert werden. Statistische Analyseverfahren helfen dabei, Trends, Muster und Zusammenhänge der Daten zu erkennen. Mithilfe von Diagrammen, Grafiken und Dashboards lassen sich die gewonnen Erkenntnisse verständlich visualisieren. Anschließend sind datenbasierte Schlussfolgerungen und strategische Entscheidungen möglich.
Datengetriebene Maßnahmen umsetzen #
Die Erkenntnisse der Datenanalyse können in konkrete Maßnahmen übersetzt werden. Ein Beispiel: Wurde durch die Analyse eine hohe Fluktuationsrate in einer Abteilung aufgedeckt, sollte die Ursache hierfür untersucht und eliminiert werden. Eine Verbesserung der Situation kann erzielt werden, indem Führungskräfte geschult und Initiativen zur Mitarbeiter*innenbindung ins Leben gerufen werden.
Beobachten und evaluieren #
Personalverantwortliche sind in der Pflicht, die Auswirkungen ihrer gesetzten Maßnahmen kontinuierlich zu beobachten, zu evaluieren und gegebenenfalls zu optimieren. Somit wird es einfacher, HR-Strategien zu konzipieren, die flexibel auf sich verändernde Anforderungen und Dynamiken innerhalb der Belegschaft reagieren können.
Data Driven Recruiting in der Praxis #
Du möchtest wissen, wie Personalverantwortliche bei karriere.at mit Daten arbeiten und zur Entscheidungsfindung nutzen? In einem Interview stehen zwei unserer Expert*innen Rede und Antwort:
Bianca Schedlberger
Content Managerin
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