Zum Seiteninhalt springen
Zurück zu Unternehmenskultur
Emotionen Führungskraft

Wieviel Emotionen dürfen/ sollen Führungskräfte zeigen?

Unternehmenskultur Aktualisiert am: 24. April 2023 5 Min.

Emotionaler Eisblock oder Wutausbrüche am laufenden Band? Zugegeben, zwei Extreme, die Gefühlsrealität in den heimischen Büros wird wohl irgendwo dazwischen liegen. Doch wie viel Emotion im Job ist gesund? Und vor allem: Wie viel Gefühl dürfen Führungskräfte zeigen? Im Interview verrät Wirtschaftspsychologin Helga Kernstock-Redl unter anderem, weshalb zu wenig Gefühl auch nicht gut ist.

Die gute Balance zwischen "alles" und "nichts" #

Wie viel Emotion dürfen Führungskräfte zeigen?

Helga Kernstock-Redl: Wie so oft im Leben gilt grundsätzlich: die gute Balance zwischen „alles“ und „nichts“ ist spielentscheidend. Zu viel gilt rasch mal als hysterisch oder cholerisch, zu wenig als kalt und nicht authentisch. Am besten also weder ein „Heferl“ sein noch „kalt wie Stein“. Wer gar keine Gefühle zeigt, eröffnet außerdem viele Möglichkeiten der Interpretation: Aus einem unberührten Gesichtsausdruck wird dann alles Mögliche oder Unmögliche herausgelesen. Wo Menschen sind, ganz gleich ob in der Arbeit oder privat, sind auch immer Emotionen im Spiel. Niemand kann sein Gefühlsleben gänzlich bei der Tür zum Arbeitsplatz abgeben. Das wird übrigens auch von Führungskräften ähnlich gesehen, sieben von zehn finden laut Hernstein-Report, dass Emotionen im Unternehmen eine hohe Bedeutung haben.

Keinen emotionalen Kontrollverlust #

Welche Fehler werden hier oft begangen?

Helga Kernstock-Redl: Beim Zeigen von Emotionen sind zwei Dinge wichtig:

  1. Der emotionale Kontrollverlust ist zu vermeiden: keine Tränen, kein Schwäche- oder Wutanfall. Das schafft man am besten dadurch, dass man nicht allzu lange wartet, um etwas mit einem Gefühl zu tun. Wer nur runterschluckt, vertagt seine Probleme nur, immer alles gleich rauslassen ist auch nicht nützlich. Gefühle sind Informationsquellen und Handlungsaufforderungssignale – aber wie man damit umgeht, das soll nützlicherweise der Verstand entscheiden. Falls doch „Explosion“ passiert, ist es günstig, eine Erklärung nachzureichen und den Gefühlsausbruch zu nutzen: „Meine Aktion gestern, für die ich mich übrigens entschuldigen möchte, hat hoffentlich deutlich gezeigt: so kann es nicht weitergehen.“
  2. Zweitens: Die gezeigte Emotion soll die angepeilte Botschaft unterstreichen. Der Inhalt, die Sprechweise, die Sprache und der Körper – sobald alles in eine gemeinsame Richtung zielt, dann wird man als authentisch erlebt und zeigt Wirkung: Ein klares „Ich ärgere mich jetzt. Das geht so nicht.“ hat auf die meisten Menschen mehr Einfluss als reine Sachargumente.

"Manchmal macht es ziemlich einsam, an der Spitze zu stehen" #

Auch Führungskräfte sind Menschen: Vergessen dies die Mitarbeiter*innen oft?

Helga Kernstock-Redl: Tatsächlich glauben manche, dass Führungskräfte keine Anerkennung oder keine guten Arbeitsbeziehungen brauchen. Manchmal macht es ziemlich einsam, an der Spitze zu stehen, auch weil man nie weiß, wem man was zeigen oder anvertrauen darf. Alle in einem Betrieb sollten bedenken, dass sie*er es auf allen Hierarchieebenen mit Menschen zu tun hat. Wer wegen eines Fehlers oder einer Schwäche nicht nur sachlich kritisiert, sondern auf einer emotionalen Ebene regelrecht vernichtet wird oder sich als austauschbar erlebt, die*der wird wohl bald mit dem Gedanken spielen, einen anderen Arbeitsplatz zu suchen.

Welche Eigenschaften bezüglich Emotionen muss Ihrer Meinung nach eine Führungskraft mitbringen?

Helga Kernstock-Redl: Viele glauben, dass es sehr auf die Empathie, also das Einfühlungsvermögen ankommt, das vermutlich tatsächlich zum Teil angeboren oder früh erworben wurde. Ein mittleres Maß an diesem Einfühlungsvermögen hat sich als günstig erwiesen, um gut führen zu können. Aber wer das nicht mitbringt, kann mit einiger Übung trotzdem erkennen lernen, welche Emotionen die Gesprächspartner*innen haben. Emotionale Intelligenz ist eine wichtige Eigenschaft. Denn man muss Gefühle nicht nur richtig und frühzeitig erkennen können, sondern man muss auch wissen, was man dann damit tut, wie man damit umgeht. Die Begriffe der emotionalen Intelligenz bzw. Kompetenz beschreiben diese besondere Eigenschaft.

Die Macht der Emotionen #

Wie hat sich Ihrer Meinung nach das Verhältnis Gefühl und Arbeitswelt in den vergangenen 10, 15 Jahren verändert? Und welche Entwicklung erwarten Sie in der Zukunft?

Helga Kernstock-Redl: Ich als Einzelperson kann dazu keine Aussage machen. Wünschen würde ich der Arbeitswelt aber, dass emotionale Kompetenz mehr Stellenwert bekommt. Die Macht der Emotionen ist es schließlich oft, die die Firmen- oder Aktienkurse bestimmt, nicht immer nur irgendwelche sachlichen Argumente.

Zur Person:

Helga Kernstock-Redl arbeitet und lebt als Wirtschaftspsychologin, systemischer Coach und Autorin in Wien. Sie hat bereits mehrere Sachbücher verfasst, darunter auch “Gefühlsmanagement”.

Rot vor Zorn, grün vor Neid: Über den Umgang mit Emotionen im Job

Aktualisiert am: 11. Juli 2023 4 Min.

Was tun, wenn die Wut hochkocht oder sich Neid breitmacht? Den richtigen Mittelweg zwischen dem Zeigen von Gefühlen und dem Unterdrücken von Emotionen zu finden ist nicht immer einfach. Psychologin Christa Schirl über den Umgang mit Emotionen im Berufsalltag und warum es nicht angebracht ist, im Job auf die Tränendrüse zu drücken.

Andere überzeugen: Welche Rolle deine Emotionen dabei spielen

Aktualisiert am: 07. Juni 2023 4 Min.

Jemanden von etwas überzeugen und deine Ideen möglichst gut verkaufen: Diese Situation wird dir im Berufsleben laufend begegnen. Bei Präsentationen, Terminen mit Kund*innen oder dem Mitarbeiter*innengespräch kommt es darauf an, dein Gegenüber zu überzeugen. Was Emotionen damit zu tun haben, weiß Carmen Uth. Sie beschäftigt sich in ihren Coachings mit Emotionen im Berufsleben und wie sie uns weiterbringen oder bremsen.


Portrait Sarah

Sarah Chlebowski
Content Managerin
Mehr erfahren

Entdecke mehr zu diesem Thema

Sind Führungskräfte für das Glück ihrer Mitarbeiter*innen zuständig

Erstellt am: 06. Februar 2024 7 Min.

Welchen Einfluss haben Führungskräfte auf die Zufriedenheit von Mitarbeiter*innen? Wie kann man diese positiv beeinflussen? Wo fängt die Verantwortung für das Wohlbefinden an und wo hört sie auf? Kann man Wohlbefinden am Arbeitsplatz von der Privatperson abgrenzen?

Employer Branding: Weil es nicht egal ist, für wen ich arbeite

Aktualisiert am: 17. Juli 2020 4 Min.

Was macht gutes Employer Branding aus und wie gelingt der Schritt zur erfolgreichen Arbeitgebermarke? Diesen Fragen ging Personalmarketing-Experte Jan Kirchner bei der karriere.session zum Thema im karriere.at Office auf den Grund. Über Ehrlichkeit bei der Markenfindung, ewig gleiche Stockfotos auf Recruitingseiten und warum sich auch der Mittelstand Employer Branding leisten sollte - und kann.

Motiviert durch harte Zeiten: Wie stärkt man den Teamzusammenhalt?

Erstellt am: 22. März 2021 5 Min.

Lässt eure Motivation immer mehr nach? Kein Wunder nach einem Jahr im Krisenmodus: Homeoffice, Schichtbetrieb und kaum persönliche Kontakte sorgen dafür, dass sich manche Mitarbeiter*innen immer weniger ihrem Unternehmen zugehörig fühlen. Um sie nicht ganz zu verlieren, sollten Arbeitgeber*innen und Führungskräfte den Teamzusammenhalt stärken. Wie das funktionieren kann: