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Kompetenzen der Zukunft

21st Century Skills: Die Anforderungen der zukünftigen Arbeitswelt

Jobsuche Erstellt am: 21. November 2023 10 Min.

Die Arbeitswelt der Zukunft verlangt nach neuen Kompetenzen, um mit ständigem Wandel und der Digitalisierung umzugehen. Im Interview mit Psychologin Irina Nalis-Neuner werden wir die „21st Century Skills“ und „Transformation Literacy“, die Fähigkeit, Veränderungen aktiv zu gestalten, genauer beleuchten. Weitere Gesprächsthemen sind die Rolle von Künstlicher Intelligenz, psychologische Erkenntnisse und aktuelle Trends, die unsere Arbeitswelt prägen.

Der rasante Wandel in der heutigen Arbeitswelt erfordert von Arbeitnehmenden und Organisationen die Bereitschaft, traditionelle Denkweisen zu hinterfragen und neue Lösungswege zu beschreiten. Die Fähigkeit, sich kontinuierlich anzupassen und mit Unsicherheit umzugehen, wird zu einer Schlüsselkompetenz. In diesem Kontext sind die „21st Century Skills“ von entscheidender Bedeutung, die kritische, kreative, kommunikative und kollaborative Arbeitsweisen umfassen.

  • Wie können diese Fähigkeiten entwickelt und gefördert werden?
  • Welche Rolle spielt die Transformation Literacy in diesem Prozess?
  • Wie beeinflussen Künstliche Intelligenz und Digitalisierung die Anforderung an Arbeitnehmer*innen?
  • Welche aktuellen Trend und Konzepte werden in der Arbeitswelt an Bedeutung gewinnen?

Meine Fragen beantwortet und beleuchtet Irina Nalis-Neuner, Kuratorin, Transformationspsychologin und Forscherin.

21st Century Skills #

Welche Schlüsselkompetenzen hältst du für besonders wichtig in der sich wandelnden Arbeitswelt der Zukunft?

Die Arbeitswelt der Zukunft erfordert eine Reihe von Kompetenzen, die Arbeitnehmende befähigen, mit Unsicherheit und stetigem Wandel umzugehen. Besonders wichtig sind die sogenannten „21st Century Skills“, die kritische, kreative, kommunikative und kollaborative Arbeitsweisen umfassen.

In einer Welt, die durch digitale Transformation gekennzeichnet ist, wird auch Transformation Literacy – das Verständnis und die Fähigkeit, Wandel zu navigieren und zu gestalten – entscheidend sein. Das Training des „Veränderungsmuskels“ ist, wie wir aus der Forschung wissen, möglich und nötig, um kontinuierlich anpassungsfähig zu bleiben.

Transformation ist ein Teamsport #

Du erwähnst Transformation Literacy. Kannst du uns erklären, was genau darunter zu verstehen ist und wie es in der Arbeitswelt Anwendung finden kann?

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Transformation Literacy

Transformation Literacy umfasst ein Spektrum an Kompetenzen, die erforderlich sind, um in einer VUCA-Welt (volatility, uncertainty, complexity, ambiguity) effektiv zu navigieren.

Transformation Literacy bezieht sich auf das Verständnis und die Fähigkeit, den kontinuierlichen Wandel in der Arbeitswelt aktiv zu gestalten und zu managen.

  • Für die individuelle Gestaltung der Karriere, auch Career Crafting genannt, geht es darum, eine Balance aus Erkennen und Vertiefen der eigenen Stärken sowie des eigenen Profils zu finden und parallel dazu auch Veränderungskompetenzen. Beispielsweise „Career Identity Work and Play“. Man weiß also, worin man gut ist, was einem wichtig ist, aber man bleibt auch aufmerksam, welche neuen Wege oder Potenziale sich eröffnen. Tatsächlich gehört dazu auch die persönliche Anerkennung, dass es immer wieder Brüche am Karrierepfad gibt, aber man mit Schocks und Niederlagen nicht allein ist und sich immer wieder neue Brücken und neue Wege aufzutun.
  • Auf der Ebene von Teams: Auch das Konzept der Teamfähigkeit ist zentral und wird durch Ideen wie Collective Intelligence (Kollektive Intelligenz) oder Collective Efficacy (Kollektive Wirksamkeit) erweitert. Kollektive Intelligenz bezeichnet die Fähigkeit einer Gruppe, zusammenzuarbeiten und intelligentere Lösungen zu erarbeiten, als es die einzelnen Mitglieder allein könnten. Kollektive Wirksamkeit hingegen ist der gemeinsame Glaube einer Gruppe daran, effektive Strategien für komplexe Herausforderungen entwickeln und ausführen zu können.
  • Auf der Ebene von Organisationen: Ein weiteres wichtiges Konzept aus der Organisationspsychologie ist die psychologische Sicherheit, wie sie von Amy Edmondson definiert wird. Psychologische Sicherheit ist ein Zustand innerhalb eines Teams, in dem sich die Mitglieder sicher fühlen, Risiken einzugehen und sich ohne Angst vor Beschämung oder Bestrafung offen zu äußern. Dies ist eine Grundvoraussetzung für kreative Problemlösungsprozesse und Innovation, da sie Teammitgliedern die Freiheit gibt, Gedanken und Ideen zu äußern, die außerhalb der Norm liegen.
  • Auf gesellschaftlicher Ebene ist eine wichtige Kompetenz übergeordnete Ziele von größerem Interesse und Wirksamkeit zu identifizieren; die vielbesungene Suche nach dem Purpose ist also kein Modetrend sondern es zeigt sich immer wieder, das ein sinnerfülltes Arbeitsleben ein Quell großer Zufriedenheit und großer Leistung ist. Hier sind Einzelpersonen, Teams, Organisationen und Gesellschaft gleichermaßen gefragt, Rahmenbedingungen zu schaffen und an den großen Herausforderungen unserer Zeit gemeinsam an Lösungen zu arbeiten.

Insgesamt erfordert Transformation Literacy eine Kombination aus Fachwissen, sozialen Fähigkeiten und der Bereitschaft, traditionelle Denkweisen zu hinterfragen und neue Lösungswege zu beschreiten. Indem wir diese Fähigkeiten entwickeln und fördern, können wir besser auf die Anforderungen einer sich schnell verändernden Arbeitswelt reagieren und die Transformationen nicht nur erleben, sondern aktiv mitgestalten.

Kein 08/15 als Startvorteil gegenüber vorhersagbaren Ergebnissen #

Wie siehst du die Rolle von künstlicher Intelligenz und Digitalisierung in Bezug auf die zukünftigen Anforderungen an Arbeitnehmer*innen? Welche Fähigkeiten werden in diesem Kontext wichtiger?

Künstliche Intelligenz und Digitalisierung verändern die Anforderungen an Arbeitnehmende grundlegend. Es entstehen neue Berufsfelder, während andere verschwinden. Fähigkeiten, die in diesem Kontext wichtiger werden, umfassen technische Kenntnisse, aber auch die Fähigkeit zur Zusammenarbeit mit KI-Systemen.

„Kreative Arbeit mit KI erfordert ein neues kulturelles und soziales Betriebssystem.“

Irina Nalis-Neuner
Irina Nalis Neuner

Kreative Arbeit mit KI erfordert ein neues kulturelles und soziales Betriebssystem, in dem interdisziplinäres Arbeiten und die Bereitschaft, Unsicherheiten zu adressieren, zentral sind. Arbeitnehmende müssen lernen, mit KI als Werkzeug umzugehen, das ihre Fähigkeiten erweitert, ohne dabei den kritischen Blick zu verlieren. Das bedeutet auch, in Organisationen interdisziplinär zusammenzuarbeiten – Menschen, die anders denken, einzuladen, sich gegenseitig zu challengen und zu überlegen, was wir für eine Zukunft gestalten wollen. Und Unsicherheiten im Unternehmen direkt zu thematisieren.

Beitrag psychologischer Erkenntnisse zur Anpassungsfähigkeit #

Können psychologische Erkenntnisse und Ansätze dazu beitragen, die Fähigkeiten und die Anpassungsfähigkeit von Arbeitnehmer*innen in einer sich verändernden Arbeitswelt zu verbessern?

„Der Veränderungsmuskel ist trainierbar. 21st Century Skills sind in Organisationen förderbar!“

Irina Nalis-Neuner
Irina Nalis Neuner

Psychologische Ansätze bieten wertvolle Einblicke, wie Individuen und Organisationen ihre Fähigkeiten und Anpassungsfähigkeit in einer sich verändernden Arbeitswelt verbessern können. Ein tiefes Verständnis menschlichen Verhaltens ermöglicht es, besser auf die emotionalen und kognitiven Herausforderungen des Wandels zu reagieren.

Angesichts von Unsicherheiten und Komplexität müssen wir neue Denkweisen und Handlungsmuster entwickeln. Hier liegen die psychologischen Ressourcen für die Anpassungsfähigkeit, aber auch die Gestaltungsfähigkeit unserer Gesellschaft. Es geht darum, die Psychologie und ihr Wissen über menschliche Motivation und Potenziale einzubringen, um Menschen dabei zu unterstützen Veränderungen herbeizuführen.

„Die Welt ist voller Lösungen.“ #

Als Kuratorin für das Discourse-Programm des Elevate Festivals bist du in Kontakt mit vielen innovativen Ideen und Denkansätzen. Gibt es bestimmte Trends oder Konzepte, die dich besonders faszinieren und die du als zukünftige Schlüsselkompetenzen betrachtest?

Im Rahmen meiner Tätigkeit als Kuratorin für das Discourse-Programm des Elevate Festivals begegne ich regelmäßig innovativen Ideen und Denkansätzen. Ein Konzept, das mich besonders fasziniert und das ich für eine zentrale Kompetenz der Zukunft halte, ist die Ambiguitätstoleranz.

Dies ist die Fähigkeit, Mehrdeutigkeiten zu ertragen und kreativ zu gestalten, anstatt in Schwarz-Weiß-Denkmustern oder in einem binären Entweder-oder zu verharren. Gerade in einer Zeit, in der Polarisierung in öffentlichen Debatten oft dominiert, zeigt die Arbeit der eingeladenen Persönlichkeiten aus Kunst, Wissenschaft, Journalismus und Zivilgesellschaft beim Elevate Festival, wie wichtig es ist, sich auf das Unbekannte einzulassen, um neue Erkenntnisse zu gewinnen.

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Ambiguitätstoleranz

Ambiguitätstoleranz beschreibt die Fähigkeit, Mehrdeutigkeiten und Widersprüche wahrzunehmen und produktiv damit umzugehen. Dies ist eine Voraussetzung für die interkulturelle Kompetenz eines Menschen.

Dieses Einlassen auf Unbekanntes erfordert Geduld und den Mut, neue Wege zu gehen – selbst wenn das bedeutet, dass wir Rückschläge hinnehmen und unsere Herangehensweise kontinuierlich anpassen müssen. Solche Prozesse erfordern eine umfassende Kommunikationsfähigkeit, da die Erarbeitung von Lösungen für komplexe Probleme oft eine interdisziplinäre und interaktive Diskussion voraussetzt.

In unseren Diskursen wird klar, dass es nicht nur um die Generierung von Wissen geht, sondern auch um das gemeinsame Erkunden von Wegen, um mit den Herausforderungen einer sich ständig wandelnden Welt umzugehen. Inklusive der Bereitschaft und Fähigkeit, einen bereits eingeschlagenen Weg auch zu verlassen und nach besseren Alternativen zu suchen. Die Welt ist voller Lösungen – das Festival zu kuratieren macht da jedes Mal aufs Neue Mut!

„Es geht nicht um die Generierung von Wissen, sondern auch um das gemeinsame Erkunden von Wegen, um mit den Herausforderungen einer sich ständig wandelnden Welt umzugehen.“

Irina Nalis-Neuner
Irina Nalis Neuner

Digital Wellbeing #

In deinem aktuellen Post-Doc-Forschungsprojekt arbeitest du an der Entschärfung der sogenannten Filterblase. Wie können diese Erkenntnisse dazu beitragen, bessere Entscheidungen und ein breiteres Verständnis in der Arbeitswelt zu fördern?

Unsere Forschung an der Technischen Universität Wien, speziell im Christian Doppler Labor für Recommender Systems, konzentriert sich auf Empfehlungsalgorithmen und ihren Einfluss auf das Individuum und die Gesellschaft.

Wir erforschen, wie durch Algorithmen Verzerrungen entstehen und welche Auswirkungen diese auf unsere Denkweise, Emotionen und Verhaltensweisen haben – ein Thema von großer Bedeutung für die Demokratie, die Nachrichtenlandschaft, die Solidarität untereinander und das Stresslevel in der Gesellschaft. Ein besonderer Fokus liegt auf der Filterblase und ihrer Entschärfung. Unser Ziel ist es, Technologie und Interaktion so zu gestalten, dass sie das menschliche Wohlbefinden fördern und nicht beeinträchtigen.

Die Ergebnisse dieser Forschung können entscheidend dazu beitragen, in der Arbeitswelt ein Bewusstsein für das Zusammenspiel zwischen menschlichem Wohlbefinden und Mediennutzung zu schaffen. Das Konzept des #digitalwellbeing ist in diesem Zusammenhang besonders relevant, da es dazu anregt, die Nutzung digitaler Medien so zu gestalten, dass sie unsere psychische Gesundheit unterstützt und nicht untergräbt. Des Weiteren erkennen wir die Bedeutung und Komplexität von Emotionsforschung und Neurodiversität an und suchen nach Wegen, wie Technologie diversen Denkweisen und Bedürfnissen gerecht werden kann.


Zur Person

Irina Nalis Neuner

Dr. Irina Nalis promovierte an der Universität Wien in Arbeits-, Wirtschafts- und Sozialpsychologie. In ihrer Dissertation zum Thema „Career Crafting – Ressourcen für die Karriereentwicklung in herausfordernden Zeiten“ erforschte sie Konzepte wie Handlungsfähigkeit und Sinngebung, Anpassungsstrategien oder auch berufliche Identität als psychologische Ressourcen im Kontext sich wandelnder und herausfordernder Arbeitslandschaften dienen können; Landschaften, die durch die zunehmende Verbreitung künstlicher Intelligenz noch verstärkt verändert werden. Sie ist als Post-Doc-Forscherin am Christian Doppler Labor für Recommender Systeme an der TU Wien tätig, wobei sie die Prinzipien des Digitalen Humanismus vertritt. Als Transformationspsychologin fokussiert sie auf positive, selbstbestimmte Veränderungen und die Möglichkeiten von Gestaltung des gesellschaftlichen Wandels hin zu nachhaltigen Formen des Arbeitens und Wirtschaften. Nalis engagiert sich zudem als Kuratorin des Elevate Festivals, bei Mostlikely Architects, als Obfrau des Verein GIN für die Assistenz von Menschen mit Behinderungen und als strategische Beraterin.

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