Zukunftsfähig bleiben: Warum die Haltung entscheidet
Mit welcher Haltung gehen wir durchs Arbeitsleben? Wie führen wir unsere Unternehmen und wie bleiben wir dabei möglichst zukunftsfähig? Darüber spricht Martin Permantier in seiner Keynote bei der Freiräume (Un)Conference. Mehr darüber erfährst du in diesem Artikel:
Martin Permantier kennen New-Work-Interessierte vermutlich als Autor von „Haltung entscheidet –Führung und Unternehmenskultur zukunftsfähig gestalten“. Im Vorfeld seiner Keynote bei den Freiräumen wollten wir von ihm wissen, warum Haltung momentan so wichtig ist und welche wir einnehmen sollten.
Die Freiräume (Un)Conference findet von 28. bis 29. Juni virtuell statt.
Haltung entscheidet in der Unternehmenskultur #
Martin, stell dich doch kurz vor: Wer bist und warum sprichst du bei den Freiräumen?
Martin Permantier: Ich bin Martin Permantier, leite eine Agentur in Berlin namens Short Cuts, mit der wir Unternehmen bei der Gestaltung der Unternehmensidentität begleiten. Dazu befassen wir uns mit den drei Säulen Corporate Design, Corporate Communication und Corporate Culture – alle drei sind gleich wichtig. Unsere beiden Spezialthemen sind dabei Werte und Haltung, Dazu haben wir bereits Modelle entwickelt und Bücher geschrieben, auf denen unsere Beratung basiert.
Die drei Bereiche sind ja kaum voneinander zu trennen. Gerade Culture und Communication sind ja quasi eins.
Martin Permantier: Ja, das sind sie. Aber Culture wurde erst im Zuge des demokratischen Wandels in Unternehmen so richtig beachtet – früher hat man sich da gar nicht drum gekümmert. Jetzt schaut man viel genauer, wie es den Menschen im Unternehmen denn geht und auch das Recruiting hat sich gewandelt: Firmen müssen jetzt zusehen, dass sie attraktiv genug für die Talente sind, die sie in ihren Teams haben möchten. Dadurch ist Unternehmenskultur mittlerweile so wichtig. Maßgeblich geprägt wird sie von unserer Haltung.
Entwicklungspotenzial erkennen #
Womit wir beim eigentlichen Thema sind: Deine Keynote trägt denselben Titel wie dein letztes Buch „Haltung entscheidet“. Worum gehts dabei?
Martin Permantier: Ich stelle einmal das Modell der 6 Haltungen vor – als eine Landkarte, mit der man auch sich selbst besser verstehen kann. Das ist für Menschen gedacht, die sich selbst als noch nicht fertiges Wesen begreifen und erkennen, dass es noch Entwicklungspotenzial in einem selbst gibt. Andererseits kann man das auch für Teams benützen, um Prozesse besser zu verstehen und zu erkennen, welche Dynamiken da ablaufen.
„Ich hab mir gedacht: Dieses Buch schreib ich.“
Ich war sehr inspiriert von Frederic Laloux und seinem Buch „Reinventing Organizations“. Mir ist dabei jedoch der Faktor Mensch zu kurz gekommen, also hab ich mir gedacht: Okay, dieses Buch schreib ich. Wir verwenden in unserer Beratung schon lange die Erkenntnisse von Jane Loevinger zur Persönlichkeitsentwicklung, ich habe aber noch nie ein Buch gefunden, in dem die verdaulich erklärt wurden. Aus diesen Gründen ist das Buch entstanden. Ich denke, das ist für alle Menschen, die an Selbstführung interessiert sind, inspirierend.
Zusammenhänge verstehen #
Warum, denkst du, steht dein Buch in New-Work-Kreisen so hoch im Kurs?
Martin Permantier: Viele Menschen spüren, dass alte Erklärungsmuster nicht mehr ihre wahrgenommene Wirklichkeit adäquat beschreiben. Wir erleben diese Veränderungen in uns selbst und in der Gesellschaft. Der Grund, warum viele Leute das Buch gut finden, ist, dass das Modell der 6 Haltungen nichts Erfundenes ist, sondern Dinge beschreibt, die wir alle kennen, weil es beobachtbare Phänomene beschreibt. Die Haltungen, die hier beschrieben werden, erkennst du in dir selbst und in anderen wieder. Das inspiriert und führt dazu, dass man Zusammenhänge besser erkennt.
Haltung ist veränderlich #
Was ist Haltung oder Mindset für dich? Ist das ein Trendthema?
Martin Permantier: In erster Linie ist es ein Wort. Und das ist auch gar nicht so einfach zu erklären. Er beschreibt die innere Verfasstheit, dein Verhalten und deine Denkweisen. Mindset ist zu wenig. Das ist zu mechanistisch: Stell die Rädchen gut ein und dann bist du fit für die Digitalisierung. Haltung ist viel dynamischer, die kann auch während des Tages wechseln. Meiner Meinung nach ist das nichts, das man hat oder nicht, genauso wenig wie Werte, sondern unser innere Haltung erleben wir je nach Kontext unterschiedlich. Unsere Psyche ist fluide und je nach Situation ändert sich auch unsere Haltung.
Nach Haltung kommen Werte #
In deinem Folgebuch „Werte wirken“ sind jetzt die Werte dran?
Martin Permantier: Die Haltung ist quasi der größere Rahmen. Danach kommen im Unternehmenskontext gesprochen die Werte, dann die informalen Strukturen, dann die formalen und dann kommen Standards und Prozesse. Wir schauen in Unternehmen gern zuerst auf Letzteres: Welche Prozesse müssen wir verändern, welche Methoden müssen wir implementieren? Und dann lernen wir neue Skills und wundern uns, dass trotzdem nix passiert. Warum? Weil wir nur auf der untersten Ebene was verändert haben, aber nicht am größeren Rahmen, unserer grundlegenden Einstellung.
„Wir lernen neue Skills und wundern uns, dass trotzdem nix passiert.“
„Corona hat gezeigt, dass wir ein Sozialsystem bräuchten, das die Grundbedürfnisse absichert.“
Denn was wir auch gesehen haben, ist, dass unser Sozialsystem noch nicht reif genug ist, weil es einer Haltung entstammt, in der Männer arbeiten und Frauen sich um die Kinderbetreuung kümmern – um nur ein Beispiel zu nennen. Das führt dazu, dass viele mit den veränderten Umständen überfordert sind. Corona hat uns gezeigt, dass wir ein Sozialsystem bräuchten, das die Grundbedürfnisse absichert: Einkommen, Kinderbetreuung etc. Damit die Menschen nicht vor existenziellen Problemen stehen, wenn plötzlich die nächste Krise eintritt und ein ganzer Industriezweig wegbricht. Wir haben gesehen, wie schnell das gehen kann.
Mit welcher Haltung kommen wir bestmöglich durch solche Krisen?
Martin Permantier: Mit der entwicklungsorientierten. Du kannst immer jammern, dass du dir etwas anders vorgestellt hast. Das bringt dich aber nicht weiter. Die Frage ist immer: Was machst du draus?
„Die Frage ist immer: Was machst du draus?“
„Viktor Frankl sagt: Der Raum zwischen Reiz und Reaktion ist der Raum deiner inneren Freiheit.“
„Ideologische, dogmatische Haltungen führen nur zu Blockade und Spaltung.“
Redaktion
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