Mentale Gesundheit: Führungskräfte nicht ausreichend unterstützend
60 Prozent der Arbeitnehmer*innen sagen, dass ihr Job ihre mentale Gesundheit wesentlich beeinflusst. Und: Direkte Führungskräfte hätten einen größeren Einfluss auf die mentale Verfassung als Therapeut*innen oder Ärzt*innen, mit (Ehe-) Partner*innen liegen sie gleich auf. Ein Plädoyer an Führungskräfte: Schaut auf eure Mitarbeitenden!
Die eingangs erwähnten Erkenntnisse gingen aus einer Studie von The Workforce Institute von UKG hervor. Hierfür wurden 3400 Menschen (2200 Arbeitnehmer*innen und 1200 Führungskräfte) aus 10 Ländern befragt, welche Rolle Jobs, Leadership und Führungskräfte haben, wenn es um mentale Gesundheit im privaten und beruflichen Kontext geht.
Mentale Gesundheit wichtiger als Geld #
Es gibt Dinge, die kann man mit Geld weder kaufen noch aufwiegen. Arbeitnehmer*innen scheinen dem zuzustimmen. Mehr als 80 Prozent der befragten Arbeitnehmer*innen würden eine gute mentale Gesundheit einem gut bezahlten Job vorziehen.
Zwei Drittel würden bei einem Jobwechsel eine Gehaltsreduktion in Kauf nehmen, solange die mentale Gesundheit dadurch profitiere – das trifft auf Arbeitnehmer*innen der Gen Z (70 Prozent) mehr zu, als auf die Gen X (56 Prozent) oder Baby Boomers (46 Prozent). Bei den Führungskräften sprechen sich 70 Prozent dafür aus.
Stress treibt Kündigungen an #
Eine erschreckende Zahl: 40 Prozent der Manager*innen in C-Level-Positionen ziehen in Erwägung, aufgrund von arbeitsbezogenem Stress zu kündigen. Danach gefragt, was oder wer den meisten arbeitsbezogenen Stress verursacht, gaben 15 Prozent der Mitarbeitenden und Führungskräften „mein Boss“ an.
Wir alle wissen: Stress macht krank. Vor allem dann, wenn er uns langfristig quält und wir nicht die richtigen Instrumente finden, um mit ihm umzugehen bzw. nicht die Möglichkeit haben, ihm uns so weit wie möglich zu entziehen. Dass als letzter Ausweg in vielen Fällen nur noch die Kündigung bleibt, zeigt, dass mentale Gesundheit bei vielen Arbeitgebern weiterhin ein blinder Fleck ist und diese nicht erkennen, welchen Hebel sie dabei in der Hand haben.
Überstunden und schlechtes Klima statt Lärm oder Hitze #
Die Stressoren, die uns im Arbeitskontext quälen, haben sich im Lauf der Zeit verändert. Körperliche Belastung spielt heutzutage nur noch in bestimmten Branchen eine Rolle. Abgelöst wurde sie durch Zeitdruck, schlechtes Arbeitsklima oder Überstunden. Die deutsche Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin hat im Jahr 2015 erhoben, dass bereits zwei Überstunden pro Woche bei Arbeitnehmer*innen zu Erschöpfung und Rückenschmerzen führen.
Einer Metastudie der Stanford Graduate School of Business, ebenfalls aus dem Jahr 2015, zufolge sind die häufigsten 10 Stressoren …
- Multitasking
- Monotone Arbeitsabläufe
- Unterbrechungen
- Schnelles Arbeiten
- Leistungsdruck
- Überstunden
- Mangelhafte Vereinbarkeit von Familie und Beruf
- Gefühlte Ungerechtigkeit am Arbeitsplatz
- Gefühlter Kontrollverlust im Job
- Mangelnder sozialer Rückhalt im Job
Der Workforce-Studie zufolge fühlen sich 43 Prozent der Arbeitnehmer*innen nach der Arbeit „oft“ oder „immer“ erschöpft, 78 Prozent berichten von einer Minderung ihrer Arbeitsleistung. Stress ist natürlich nicht nur aufs Berufsleben beschränkt, sondern schwappt gleichzeitig in die private Sphäre über und verschlechtert damit das persönliche Wohlbefinden und Beziehungen.
Führungskräfte müssen sensibilisiert werden #
40 Prozent der befragten Arbeitnehmer*innen gaben an, „oft“ oder „immer“ aufgrund von Arbeit gestresst zu sein. Der so wichtige Austausch mit Führungskräften fehlt scheinbar: 38 Prozent sagen, dass sie ihren Workload „selten“ oder „nie“ mit Vorgesetzten besprechen.
Der fehlende Austausch trägt auch zu einer verschobenen Wahrnehmung seitens HR und C-Level bei: Neun von zehn glauben, dass ihr Unternehmen einen positiven Einfluss auf die mentale Gesundheit von Mitarbeitenden hat. Dem stimmt allerdings gerade einmal die Hälfte der Beschäftigten zu. Eine von drei Mitarbeiter*innen ist sogar der Meinung, dass Führungskräfte ihre Einflussmöglichkeit nicht erkennen. Sieben von zehn wünschen sich mehr aktive Unterstützung vonseiten des Unternehmens und der Führungskräfte.
3 Tipps für Führungskräfte #
- Empathisch sein: Gerade in der Rolle als Führungskraft kann es schwierig oder unangenehm sein, sich zu öffnen und persönliche Herausforderungen zu teilen. Doch wer sich selbst verletzlich zeigt, signalisiert anderen Menschen, dass es okay ist, offen über mentale Gesundheit zu sprechen.
- Zum Urlaub ermutigen: Führungskräfte sollten mit gutem Beispiel voran gehen und regelmäßig Urlaubstage konsumieren. Ganz wichtig: In dieser Zeit nicht oder zumindest nur in ganz dringenden Fällen erreichbar sein! Urlaub ist wichtig, um die eigenen Batterien aufzuladen und ausgeruht, gestärkt und fokussiert wieder ans Eingemachte zu gehen.
- Angestellte sind Menschen, keine Zahlen: Wenn Unternehmen und Führungskräfte leistungsstarke Mitarbeitende erwarten, müssen sie im Gegenzug gesunde und unterstützende Rahmenbedingungen bieten. Die Belegschaft muss sich gehört, gesehen und verstanden fühlen.
Bianca Schedlberger
Content Managerin
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