Offboarding: Ein positiver Abschluss zahlt sich aus
Wie Arbeitgeber mit ausscheidenden Mitarbeitenden umgehen, sagt viel über die etablierte Unternehmenskultur. karriere.at HR Managerin Claudia verrät im Interview, warum Offboarding wichtig ist und wie der ideale Prozess abläuft. Zum Schluss teilen wir 5 Tipps für erfolgreiches Offboarding.
Offboarding hat einen großen Einfluss auf die Arbeitgebermarke #
Claudia, warum sollte sich ein Unternehmen überhaupt die Mühe machen, in einen Offboarding-Prozess zu investieren?
Claudia: Das Thema Offboarding wird immer wichtiger und Unternehmen spüren das auch. Wenn Mitarbeitende sich vom Unternehmen trennen oder umgekehrt, dann bedeutet das nicht automatisch, dass die „Beziehung“ damit enden muss oder dass das Unternehmen schlecht ist. Oft suchen Arbeitnehmer*innen auch ganz einfach neue Herausforderungen.
Gerade jetzt, wo der Fachkräftemangel für immer mehr Unternehmen zu einem realen Problem wird, ist es wichtig, auch zu ehemaligen Kolleg*innen gute Kontakte aufrechtzuerhalten. Wenn der neue Job nicht passt oder man nach mehreren Jahren zurückkommen will, lässt man durch gute Kontakte die Tür für eine Rückkehr ins Unternehmen offen. Somit können sich für bestimmte Positionen die time-to-hire verkürzen und Onboarding-Kosten reduzieren, weil man die jeweilige Person nicht von Grund auf einschulen muss.
Die Wirkung eines Offboarding-Prozesses aufs Employer Branding ist ebenfalls nicht zu unterschätzen. Fehlt das Offboarding generell oder wird es dürftig abgewickelt, spricht sich das mittels Mundpropaganda schnell herum und kann der Arbeitgebermarke schaden.
Worin siehst du für Arbeitgeber*innen, die keinen Offboarding-Prozess haben, den größten Nachteil? Und ergeben sich für Arbeitnehmer*innen auch welche?
Claudia: Wenn Arbeitgeber*innen keinen Offboarding-Prozess inklusive Austrittsgespräch bieten, wissen sie oft gar nicht genau, warum Mitarbeitende das Unternehmen verlassen. Offboarding ist für Unternehmen eine Möglichkeit, Feedback einzuholen und zu erfahren, wo sie Fehler machen und welche Prozesse noch nicht so gut funktionieren. Anpassungen können dann zukünftige Kündigungen aus dem gleichen Grund verhindern.
Außerdem geht ohne Offboarding die Möglichkeit verloren, Mitarbeiter*innen auch über das Arbeitsverhältnis hinaus ans Unternehmen zu binden. Manchmal ergeben sich dann im Rahmen des Offboarding sogar Lösungen – zum Beispiel bessere Konditionen –, um den*die Mitarbeiter*in doch noch zum Bleiben zu bewegen.
Aus Arbeitnehmer*innensicht ist es vor allem für den eigenen Seelenfrieden empfehlenswert, Feedback zu geben. Manchmal stehen Dinge im Raum, die man während des Arbeitsverhältnisses nie ansprechen konnte. Das Austrittsgespräch soll den Rahmen dafür bieten, Belastendes loszuwerden, um mit Elan und Zuversicht in einem neuen Job durchstarten zu können.
„Unternehmen, die keinen Offboarding-Prozess inklusive Austrittsgespräch haben, wissen oft gar nicht genau, warum Mitarbeitende wirklich gehen.“
Offboarding folgt klarem Ablauf #
Wie läuft ein Offboarding-Prozess typischerweise ab?
Claudia: Zunächst wird die Kündigung entweder vom Unternehmen oder von dem*der Arbeitnehmer*in ausgesprochen. Geht die Kündigung vom Mitarbeitenden aus, bietet schon dieses Gespräch den Führungskräften die Gelgenheit, Feedback einzuholen und die Gründe genauer zu eruieren.
Bei karriere.at entscheiden wir uns nur ganz selten für eine Kündigung, ohne dass bereits vorab Gespräche geführt wurden. Wenn wir merken, dass der Fit nicht ganz gegeben ist, setzen wir gezielt auf Dialog. Das soll beiden Seiten die Möglichkeiten geben, die Zusammenarbeit gemeinsam zu evaluieren und etwaige Lösungen zu erarbeiten. Dieser Prozess zieht sich auch schon mal über einen längeren Zeitraum. Wenn sich die Situation für beide Seiten nicht bessert, muss man letztendlich aber einen Schlussstrich ziehen.
Bis zum Austritt selbst vergehen in der Regel zwischen ein und drei Monate, je nach Kündigungsfrist. Diese Zeit sollten Unternehmen gut nutzen, zum Beispiel für Austrittsgespräche. Die sind definitiv ein Must Have – ganz egal, warum sich Mitarbeitende oder das Unternehmen für eine Kündigung entschieden haben.
Sie finden zwischen der ausscheidenden Mitarbeiter*in und einem Mitarbeitenden aus der HR-Abteilung statt, sind vertraulich und sollen wie gesagt einen tieferen Einblick in die Beweggründe bieten. Meistens wissen die direkten Führungskräfte schon sehr gut, warum es zu dieser Entscheidung gekommen ist. Ein Gespräch mit einer Person, die nicht unmittelbar mit der Mitarbeiter*in zusammenarbeitet, ermöglicht aber oft einen viel offeneren Austausch.
Abgesehen davon gehören natürlich auch organisatorische Angelegenheiten geklärt. Wie viel Urlaub ist noch übrig, welche Gegenstände müssen zurückgegeben werden, wann ist der konkrete Austrittstermin ... Und wie bereits erwähnt: Es zahlt sich wirklich aus, Mitarbeitenden, mit denen man im Guten auseinandergeht, die Tür ins Unternehmen zurück offen zu lassen. Ganz nach dem Motto: „Wir sind für dich da, wenn der neue Job nicht passt.“
Mit den richtigen Fragen zu wertvollem Feedback #
Welche Fragen sind für einen guten Abschluss aus Recruiter*innensicht besonders wichtig?
Claudia: Beim Austrittsgespräch geht es darum, gemeinsam zu reflektieren. Interessant ist beispielsweise, ab welchem Zeitpunkt der*die Mitarbeitende das Gefühl bekommen hat, dass es für sie*ihn nicht mehr passt. Und: Welche Ereignisse oder Veränderungen waren für die Entscheidung ausschlaggebend? Was hätte der*die Arbeitgeber*in tun können oder müssen, um die Kündigung zu verhindern?
Auch allgemeines Feedback ist für die Zukunft sehr wertvoll. Wir fragen immer ab, wie zufrieden der*die ausscheidende Mitarbeitende prinzipiell war. Wie bewertet er*sie die persönliche und fachliche Weiterentwicklung, die Benefits, die Weiterbildungsmöglichkeiten und das Gehalt?
Hinsichtlich Employer Branding bietet sich die Frage an, ob die Person das Unternehmen weiterhin als Arbeitgeber*in empfehlen würde und mit welchem Gefühl man es verlässt.
Für das Gespräch setzen wir bei karriere.at übrigens eine Stunde an. Wie lange es wirklich dauert, ist mitunter auch vom Kündigungsgrund abhängig.
„Wir stellen immer klar: Keine Mitarbeiter*in muss Angst vor schlechter Nachrede haben!“
Wie erreicht man, dass ausscheidende Mitarbeiter*innen möglichst ehrliche und auch ungeschönte Antworten auf die gestellten Fragen geben?
Claudia: Wir gehen mit dem Ziel ins Gespräch, dass jeder alles sagen kann. Uns ist wichtig, dass klar ist: Keine Mitarbeiter*in muss Angst vor schlechter Nachrede haben! Die HR-Abteilung ist ja vom Arbeitsalltag der Mitarbeitenden etwas weiter entfernt als beispielsweise die direkte Führungskraft. Alleine dieser Umstand ermutigt oft zu mehr Offenheit.
Auch die Örtlichkeit kann einen großen Einfluss auf den Verlauf des Gesprächs haben. Wir empfehlen, dass Austrittsgespräche stets gemeinsam vor Ort stattfinden. Das ist einfach viel persönlicher.
5 Tipps für erfolgreiches Offboarding #
Diese fünf Tipps möchte Claudia anderen HR-Verantwortlichen mit auf den Weg geben:
- Schuldzuweisungen sind tabu!
- Auch wenn kein positives Feedback gegeben wird – objektiv bleiben und nichts persönlich nehmen.
- Dem*der Gesprächspartner*in das Gefühl geben, dass man zuhört und Verständnis hat.
- Fürs Offboarding muss man sich bewusst Zeit nehmen. Das geht nicht einfach nebenbei.
- Führungskräften relevantes Feedback weitergeben, um Prozesse zu unterstützen und Verbesserungen anzustoßen.
Bianca Schedlberger
Content Managerin
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