Zum Seiteninhalt springen
Zurück zu Zusammenarbeit
Schön scheitern

Schön scheitern: Warum Fehler machen nichts Schlechtes ist

Zusammenarbeit Erstellt am: 26. Juni 2023 4 Min.

Bist du auch ein Mensch, der sich keine Fehler verzeiht? Der nach jedem verfehlten Ziel den Mut verliert? Dann kann dich dieses Interview hoffentlich dazu bewegen, Scheitern aus einem anderen Blickwinkel zu betrachten. In Felicia Fuchs' Labor für schönes Scheitern geht es nämlich genau darum: Menschen die Angst vor Fehltritten zu nehmen. Welche Methoden dafür zum Einsatz kommen, verrät sie im Interview.

„Labor für schönes Scheitern“ erklärt #

Liebe Felicia, „Labor für schönes Scheitern“ – dieser Name weckt gleich Interesse. Magst du kurz erklären, was genau ihr im Labor macht?

Wir sehen uns als Raum fürs Experimentieren, wie es ein Labor eben ist, wo man verschiedene Dinge probieren und schauen kann, ob etwas Erwartetes eintritt oder doch etwas ganz neues. So ähnlich ist unser Labor zu sehen, ein geschützter Rahmen, in dem Scheitern explizit erlaubt ist und mit Freude und Leichtigkeit verbunden werden kann. Damit wollen wir einen klaren Kontrast zum sonstigen Leben setzen.

Man wird bei uns mit Methoden konfrontiert, wo man scheitern muss – aber auf eine freudvolle Art und Weise. Zwischendurch gehen wir mit den Personen auch immer wieder auf die Seite, damit sie reflektieren und überlegen, was sie beim nächsten Mal anders machen können. Im Idealfall werden diese positiven Erlebnisse vom Labor in den Alltag übertragen.

Mehr Leichtigkeit beim Scheitern #

Kommen die Menschen mit einem negativen Gefühl in Bezug auf Scheitern zu euch? Und wie schafft ihr es, eine positive Note reinzubringen?

Bei der Zusammenarbeit mit Unternehmen haben wir festgestellt, dass es intern oft Workshops gibt, wo Fehler und Fehlerkultur analysiert werden und beides dabei oft negativ konnotiert ist. Wir haben uns im Labor für einen anderen Weg entschieden.

Wir wollen das Schöne am Scheitern hervorheben und unsere Kund*innen reflektieren lassen, wo sie selbst schon einmal „schön gescheitert“ sind. Die Übungen, die wir anwenden, sind von Schnelligkeit und Abwechslung geprägt, sodass keine Zeit zum Nachdenken bleibt. Wir werfen die Menschen de facto ins kalte Wasser.

Das soll aber nicht bedeuten, dass Scheitern nicht negativ ist – das wollen wir nicht negieren. Beide Aspekte brauchen Raum und bekommen diesen im Labor auch. Aber wie gesagt, der Fokus liegt oft auf dem Negativen und dem wollen wir etwas entgegensetzen. Oft setzen sich Menschen unter Druck, verzeihen sich nicht mal Kleinigkeiten. Doch je mehr man sich einschränkt und versucht, Fehler zu vermeiden, desto höher ist die Wahrscheinlichkeit, dass welche passieren.

Wir wollen, dass die Menschen durchs Labor gehen und Fehler machen können, um dann im Alltag, wenn es um wirklich Wichtiges geht, Fehltritte zu vermeiden.

Welche Fehlerkulturen sind dir bisher in deiner Zusammenarbeit mit Unternehmen untergekommen?

Wirklich von bis. Ich habe Kunden, bei denen das Labor das ungewöhnlichste ist, was sie je gemacht haben. Die mussten sich auch erst zwei Jahre herantasten und mich kennenlernen, die Methode immer wieder in Betracht ziehen, bevor sie sich sicher genug gefühlt haben, den ersten Workshop zu machen.

Andere sagen: Nein, das passt noch nicht zu unserer Kultur, das ist noch zu ungewöhnlich. Und wieder andere sind von sich auch schon auf einem sehr hohen Niveau, suchen aber immer noch nach Verbesserungsbedarf.

„Wir leben in einer unglaublich komplexen, schnelllebigen Welt. Da braucht es unbedingt Agilität – und wer agil sein will, muss manchmal ungewöhnlich vorgehen und out-of-the-box denken.“

Felicia Fuchs · Systemische Unternehmensberaterin/Coachin
Portraitfoto Felicia Fuchs c Konstantin Reyer

Felicia Fuchs

Improvisation als Workshop-Methode #

Ihr arbeitet unter anderem mit Improvisation, einer Methode, die man eigentlich nur aus dem Theater kennt. Warum habt ihr diese Methode ins Labor integriert?

Das hat tatsächlich mit meinem eigenen Werdegang zu tun. Ich habe Wirtschaft studiert und bin danach im Vorstandsbereich als Assistentin, später im Projektmanagement angesiedelt gewesen. Als ich mich selbstständig gemacht habe, wurde mir klar, dass ich einen hohen Hang zur Perfektion habe. Durch die Selbstständigkeit stand ich in dieser Hinsicht noch mehr unter Druck.

Irgendwann war die Energie weg und ich musste mir eine Auszeit nehmen. Da habe ich erkannt: Selbst wenn ich den entspanntesten Job der Welt hätte, würde ich ausbrennen. Ich habe also versucht, meine Energie zurückzubekommen und hab dabei verschiedenes probiert.

Mit Achtsamkeit und Meditation habe ich mich zuvor schon auseinandergesetzt. Als ich auf die Impro-Methode gestoßen bin, habe ich gemerkt, dass ich dadurch den Perfektionismus loslassen konnte und es leichter für mich war, die Kontrolle abzugeben – was beim Improvisieren zwingend notwendig ist, weil ja alles so schnell geht und Scheitern damit vorprogrammiert ist.

Dadurch konnte ich positive Erfahrungen sammeln. Und ich dachte mir: Warum mache ich kein Seminar mit einer Mischung aus Business Improvisation, Achtsamkeit und meinem systemischen Background, der positiven Psychologie?

Individuelle Strategien für den Alltag #

Welche Methoden kommen denn abgesehen von Improvisation bei euch zum Einsatz?

Die Improvisation ist unser Schwerpunkt. Grundsätzlich haben wir aber vier Grundthemen:

  1. Ja, und-sagen
  2. Chancen annehmen, egal was kommt, und damit arbeiten
  3. Krisen radikal als Chance betrachten
  4. Kooperation mit anderen, Eigenverantwortung annehmen und Opferrolle ablegen

Wir arbeiten zudem mit kleinen Meditationssequenzen und versuchen zu erörtern, wie man mit der eigenen Kritiker*in bzw. Richter*in umgeht. Im Idealfall finden wir auch heraus, wie diese zum Schweigen gebracht werden können.

Auch die positive Psychologie bietet ganz viele, schöne Übungen, um Dankbarkeit auszudrücken und die Perspektive zu wechseln. Aufgrund meines systemischen Backgrounds ist mir wichtig, immer das Gesamte im Blick zu haben. Dafür braucht es Reflexionsschleifen und einen Schritt auf die Seite. Nur so kann jeder Mensch individuell für sich herausfinden, was am besten in den Alltag integriert werden kann.

Über Felicia Fuchs #

Felicia Fuchs begleitet Organisationen, deren Führungskräfte und Teams sowie Privatpersonen als systemische Unternehmensberaterin und Coachin in Veränderungssituationen. Zu den Kunden zählen u.a. Speedinvest, Verbund, Manner, Porr, Europäisches Forum Alpbach, die Frauendomäne oder die FH Wien der WKW.

Nach dem Studium der Internationalen Betriebswirtschaft an der WU Wien mit Auslandsaufenthalten in den USA, Nicaragua und Indonesien war sie in internationalen Konzernen, zuletzt in einer Führungsfunktion im Bereich Projektmanagement und Organisationsentwicklung tätig.

2016 gründete sie schließlich ihre eigene Beratungsfirma, featuring Consulting, mit Schwerpunkten auf Transformationen, Leadership Development, Digitalisierung & New Work, Positiver Psychologie und Achtsamkeit. Das „Labor für schönes Scheitern“ war 2019 das Ergebnis einer notwendigen Auszeit, in der sie nicht nur zu neuer Energie zurück, sondern durch die Beschäftigung mit Scheitern, Unvorhersehbarkeit und hoher Komplexität ihr Herzensthema gefunden hat. Seitdem arbeitet sie im Labor voller Freude und Begeisterung mit Organisationen sowie Privatpersonen an deren Umgang mit Fehlern und Scheitern. Dabei immer unter dem Motto: „Schön g'scheiter(t).“

Fehler eingestehen: 5 Tipps für den Weg zur Entschuldigung

Erstellt am: 25. Juli 2017 3 Min.

Einen Fehler eingestehen, das ist vor allem im Berufsleben nicht einfach. Die Gründe dafür können vielfältig sein: Geringe Fehlertoleranz im Unternehmen, Konkurrenzkampf unter Kollegen, ein cholerischer Chef, die Angst vor den Konsequenzen und schließlich das eigene Selbstbewusstsein: Große und kleine Patzer kratzen letztendlich auch am eigenen Selbstwertgefühl. Weil unter den Teppich kehren aber auch keine Alternative ist: 5 Tipps, um Fehler richtig einzugestehen.


B schedlberger

Bianca Schedlberger
Content Managerin
Mehr erfahren

Entdecke mehr zu diesem Thema

Wahrheit verschweigen: Die verlockende Alternative zur Lüge?

Erstellt am: 21. November 2016 1 Min.

Lügen - 6 von 10 Arbeitnehmern bedienen sich im Job kleiner und großer Schwindeleien: um einen Vorteil aus einer Situation zu ziehen oder, um Sanktionen nach einem Fehler zu entgehen. Und wie sieht es mit der kleinen Schwester der Lüge aus - der verschwiegenen Wahrheit? Forscher haben untersucht, ob Lügen und Verschweigen gleich einfach bzw. schwer fällt.

Gemeinsam statt einsam: Teamwork erhöht die eigene Motivation

Erstellt am: 30. Juli 2015 2 Min.

Wenn die richtigen Personen zusammenarbeiten, macht Teamarbeit vieles leichter. Was ist wirklich ausschlaggebend für den gemeinsamen Erfolg: Die vereinte Arbeitskraft oder bereits die Motivation, mit anderen Menschen gemeinsam an etwas zu arbeiten? Die Plattform Forschung erleben berichtet von einer Studie, die das genauer untersucht und Erstaunliches festgestellt hat.

Wunschloses Unglück? Das würden Arbeitnehmer an ihrem Job gerne ändern

Erstellt am: 30. November 2015 2 Min.

Wenn Weihnachten naht, fordert man Kinder gerne dazu auf, ihre Wünsche auf einen Zettel für das Christkind zu schreiben. Dasselbe hat man jetzt in einer Umfrage auch von Arbeitnehmern gefordert. Nur jeder Fünfte ist im Job wunschlos glücklich. Alle anderen hätten da schon noch ein paar Ideen … Mehr Gehalt und höhere Flexibilität führen die Liste der Mitarbeiterwünsche an.