
Sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz – Erkennen, handeln & Prävention
Sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz ist ein Thema, das alle betrifft – ob direkt betroffen, als Beobachtende oder in der Rolle als Führungskraft.
„56 Prozent der Arbeitnehmerinnen* wurden bereits am Arbeitsplatz sexuell belästigt.“
In diesem Artikel erklären wir, was sexuelle Belästigung bedeutet, welche Formen es gibt, wie Betroffene und Kolleg*innen reagieren können und welche Verantwortung Arbeitgeber tragen. Praktische Beispiele und häufig gestellte Fragen (FAQs) sollen dabei helfen, das Thema nahbar und verständlich zu machen.
Was ist sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz? #
Sexuelle Belästigung umfasst unerwünschte sexuelle Annäherungsversuche, Bemerkungen oder Handlungen, die das Arbeitsklima belasten oder die Würde einer Person verletzen. Dies kann verbal, nonverbal oder körperlich erfolgen. Wichtig ist, dass es nicht nur um körperliche Berührungen geht – auch anzügliche Kommentare, ständiges unerwünschtes Flirten oder unangemessene Blicke zählen dazu.
„Eine Kolleg*in macht wiederholt anzügliche Bemerkungen über das Aussehen einer anderen Person, obwohl diese eindeutig signalisiert hat, dass sie sich unwohl fühlt.“
Gesetzlichen Grundlagen, die sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz regeln:
Arbeitsrecht | Strafrecht |
Dokumentation: Es ist ratsam, alle Vorfälle schriftlich festzuhalten. Datum, Uhrzeit, beteiligte Personen und konkrete Situationen können als Beweis dienen. | Eigener Tatbestand: Achtung – "sexuelle Belästigung" gilt als eigener strafrechtlicher Tatbestand. |
Meldewege: Betroffene haben das Recht, sexuelle Belästigung bei der Personalabteilung, im Betriebsrat oder direkt bei der Arbeiterkammer zu melden. | Voraussetzungen: Die strafrechtliche Relevanz setzt voraus, dass die Belästigung durch eine geschlechtliche Handlung (z. B. unsittliche Berührungen) erfolgt. |
Rechtlicher Schutz: Sexualisierte Belästigung verletzt die Persönlichkeitsrechte und kann einen Grund für arbeitsrechtliche Konsequenzen wie Abmahnungen oder eine Kündigung darstellen. | Abgrenzung: Bloße verbale Äußerungen werden strafrechtlich in der Regel nicht verfolgt, da sie nicht den Tatbestand der sexuellen Belästigung im strafrechtlichen Sinne erfüllen. |
Wer ist betroffen? Wo liegen welche Verantwortungen? #
Betroffene Personen #
Betroffene können jede Mitarbeiter*in sein – unabhängig von Geschlecht oder sexueller Orientierung. Sie erleben, dass ihre Grenzen überschritten werden, und fühlen sich in ihrer Arbeitsumgebung unsicher oder entwertet.
👉 Praktische Tipps & Maßnahmen für Betroffene:
Hilfestellung
Die Anlaufstelle Act4Respect bietet Information, Beratung und Unterstützung bei sexueller Belästigung - kostenlos und anonym.
Hotline: 0670/600 70 80
Mo. 14-14 Uhr + Do: 16-19 Uhr
- Selbstschutz: Klare Grenzen setzen und, wenn möglich, die Täter*in deutlich ansprechen.
- Dokumentation: Vorfälle schriftlich festhalten – Datum, Uhrzeit und Beschreibung können später wichtig sein.
- Unterstützung suchen: Vertrauenspersonen, Betriebsräte oder externe Beratungsstellen, wie Act4Respect, kontaktieren.
- Rechtliche Schritte: Bei anhaltenden Vorfällen kann auch rechtlicher Beistand in Anspruch genommen werden.
Kolleg*innen, die Vorfälle beobachten #
Auch Personen, die sexuelle Belästigung bei Kolleg*innen beobachten, stehen in der Verantwortung, ein unterstützendes Umfeld zu fördern.
👉 Was können Kolleg*innen tun, die sexuelle Belästigung beobachten?
- Unterstützung anbieten: Sensibel ansprechen, ob sich die betroffene Person Unterstützung wünscht.
- Intervenieren: Falls sicher möglich, deeskalierend eingreifen oder das Gespräch mit der Täter*in suchen.
- Melden: Informationen an die zuständigen Stellen im Unternehmen weiterleiten, wenn sich jemand in einer Situation befindet, in der er*sie Hilfe braucht.
Die Rolle von Arbeitgebern und Führungskräften #
Arbeitgeber tragen die Pflicht, ein sicheres Arbeitsumfeld zu gewährleisten. Führungskräfte müssen klare Verhaltensregeln kommunizieren, Präventionsmaßnahmen einführen und bei Vorfällen konsequent handeln. Schulungen und Sensibilisierungsworkshops können helfen, ein respektvolles Miteinander zu fördern.
👉 Präventive Maßnahmen schaffen
- Klare Richtlinien: Erarbeitung und Kommunikation von Anti-Belästigungsrichtlinien, die für alle gelten.
- Schulungen: Regelmäßige Trainings, um alle Mitarbeiter*innen für das Thema zu sensibilisieren.
- Vertrauensstrukturen: Ansprechpersonen benennen und ein sicheres Beschwerdemanagement einrichten.
- Kultur der Offenheit: Ein Klima schaffen, in dem sich Mitarbeiter*innen trauen, Vorfälle zu melden, ohne Angst vor Repressalien.
Handlungsansätze anhand von konkreten Beispielen von sexueller Belästigung #
Hier findest du eine übersichtliche Tabelle, die praxisnahe Beispiele für sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz aufzeigt – inklusive konkreter Handlungsansätze für Betroffene sowie für Führungskräfte:
Reaktionsansatz für Betroffene | Reaktionsansatz für Führungskräfte | |
Poster von Pin-ups im Arbeitsbereich oder am PC | Sprich ruhig an, wenn du dich unwohl fühlst | Führe ein Gespräch mit den Verantwortlichen |
Dokumentiere den Vorfall | Kommuniziere klare Richtlinien zur Gestaltung des Arbeitsumfelds | |
Suche das Gespräch mit einer Vertrauensperson oder der Personalabteilung | Ordne bei Bedarf die Entfernung des Materials an und leite Sensibilisierungsmaßnahmen ein | |
Unangemessene sexuelle Kommentare in Meetings | Sage deutlich, dass diese Kommentare unangebracht sind | Biete Schulungen und Workshops zum respektvollen Umgang an |
Dokumentiere den Vorfall | Etabliere klare Verhaltensregeln in Meetings | |
Suche das Gespräch mit deinem Vorgesetzten, wenn das Verhalten anhält | Implementiere einen strukturierten Beschwerdeprozess | |
Unerwünschte private Nachrichten oder E-Mails | Kommuniziere deine Grenzen klar, zum Beispiel mit einer sachlichen Antwort | Überprüfe IT- und Datenschutzrichtlinien |
Dokumentiere die Vorfälle | Binde Betroffene in den Meldungsprozess ein | |
Wende dich bei Wiederholungen an HR oder externe Beratungsstellen | Ergreife bei Wiederholungen konsequente Maßnahmen | |
Anzügliche Witze, Hinterherpfeifen | Sage unmissverständlich, dass du solche Verhaltensweisen nicht akzeptierst | Sensibilisiere durch interne Richtlinien und regelmäßige Schulungen für einen respektvollen Umgang |
Dokumentiere den Vorfall | Greife bei Meldungen umgehend ein und kläre den Vorfall intern | |
Sprich bei anhaltendem Verhalten das Gespräch mit deiner Vorgesetzten* | ||
Androhen von beruflichen Nachteilen bei sexueller Verweigerung | Setze klare Grenzen und sprich das Verhalten direkt an | Nimm Vorwürfe ernst und prüfe sie umgehend |
Dokumentiere den Vorfall sorgfältig | Unterbinde Machtmissbrauch konsequent | |
Suche Unterstützung bei HR oder bei einer externen Beratungsstelle | Sorge dafür, dass keine Repressalien gegen Betroffene erfolgen | |
Zufällige/gezielte körperliche Berührungen (z. B. Po-Kneifen, -Klapsen) | Sage sofort klar, dass du die Berührungen nicht wünschst | Führe unverzüglich ein klärendes Gespräch |
Dokumentiere den Vorfall zeitnah und melde ihn an HR oder deine Vorgesetzten | Sende eine klare Botschaft, dass körperliche Übergriffe inakzeptabel sind | |
Ergreife bei Bedarf disziplinarische Maßnahmen und etabliere präventive Verhaltensrichtlinien |
FAQs – Häufig gestellte Fragen zu sexueller Belästigung in der Arbeit #
Was genau zählt zu sexueller Belästigung? #
Es handelt sich um jede unerwünschte sexuelle Annäherung oder Handlung, die die Würde einer Person verletzt. Das kann verbal, nonverbal oder physisch sein.
Wie sollte ich reagieren, wenn ich sexuell belästigt werde? #
Setze klare Grenzen, dokumentiere den Vorfall und spreche, wenn möglich, mit einer Vertrauensperson oder melde den Vorfall gemäß den internen Richtlinien.
Was kann ich tun, wenn ich als Kolleg*in eine Belästigung beobachte? #
Biete Unterstützung an, spreche die betroffene Person diskret an und melde den Vorfall an die zuständige Stelle (wie zum Beispiel die Personalabteilung) im Unternehmen.
Welche Verantwortung haben Führungskräfte in diesem Kontext? #
Führungskräfte sollten ein sicheres Arbeitsumfeld fördern, klare Richtlinien einführen, Vorfälle konsequent bearbeiten und regelmäßige Schulungen anbieten.
Gibt es rechtliche Grundlagen, die sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz regeln? #
In Österreich ist sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz sowohl arbeitsrechtlich als auch strafrechtlich geregelt. Arbeitgeber*innen haben laut Arbeitsverfassungsgesetz eine Fürsorgepflicht. Sie sind verpflichtet, ein belästigungsfreies Arbeitsumfeld zu schaffen und bei Vorfällen schnell und konsequent zu handeln. Zudem greifen Bestimmungen aus dem Gleichbehandlungsgesetz, die Diskriminierung und Belästigung am Arbeitsplatz verbieten.