Assessment Center: Stresstest für die Karriere
Ein Assessment Center kann für viele Bewerber*innen eine herausfordernde Erfahrung sein. Es bietet jedoch eine wertvolle Gelegenheit, sich von der besten Seite zu zeigen und die eigenen Fähigkeiten unter Beweis zu stellen. Hier sind einige Tipps, um dich optimal vorzubereiten und die Nervosität zu minimieren.
Alternative Bezeichnungen für Assessments
Beurteilung, Bewertung, Einstufung, Evaluation, Evaluierung, Prüfung, Eignungstest;
Was ist ein Assessment Center? #
Ein Assessment Center ist ein strukturiertes Auswahlverfahren, bei dem Bewerber*innen in verschiedenen Übungen ihre Fähigkeiten und Kompetenzen demonstrieren. Es ist eine Chance, die eigene Eignung für die angestrebte Position zu zeigen.
Für welche Jobs wird man zu einem Assessment Center eingeladen? #
Assessment Center werden häufig für Positionen eingesetzt, bei denen Teamarbeit, Kommunikationsfähigkeiten und Problemlösungsfähigkeiten entscheidend sind. Typische Bereiche sind:
- Management- und Führungspositionen: Hier wird oft die Fähigkeit getestet, Teams zu leiten und Entscheidungen zu treffen.
- Trainee-Programme: Viele Unternehmen nutzen Assessment Center, um geeignete Kandidat*innen für ihre Trainee-Programme auszuwählen.
- Vertrieb und Kundenservice: In diesen Bereichen sind Kommunikations- und Verhandlungsgeschick besonders wichtig.
- Ingenieur- und IT-Positionen: Hier werden häufig technische Fähigkeiten und analytisches Denken bewertet.
- Personalwesen: Bewerber*innen für HR-Positionen müssen oft ihre sozialen Kompetenzen und ihr Verständnis für Teamdynamiken unter Beweis stellen.
Was für Arten von Assessments gibt es? #
Es gibt unterschiedliche Formen von Assessments, die Organisationen dabei helfen, die Eignung und das Potenzial von Bewerbenden und Mitarbeitenden umfassend zu bewerten.
Gruppenassessment (Assessment-Center) #
Mehrere Teilnehmer*innen durchlaufen verschiedene Übungen in Gruppen und Einzeltests. Diese Form wird oft für Auswahlverfahren genutzt. Hier ist ein Beispiel für den Ablauf eines Assessment Centers, das über einen Tag geht:
- 09:00 - 09:30 Uhr: Begrüßung und Einführung
Vorstellung des Unternehmens und des Ablaufs des Tages. - 09:30 - 10:00 Uhr: Selbstpräsentation
Jede Bewerber*in stellt sich in 5-10 Minuten vor. - 10:00 - 11:00 Uhr: Postkorbübung
Bearbeitung von Aufgaben unter Zeitdruck, um Entscheidungsfähigkeit und Organisationstalent zu testen. - 11:00 - 11:15 Uhr: Kaffeepause
- 11:15 - 12:15 Uhr: Gruppendiskussion
Diskussion über ein aktuelles Thema, um Teamfähigkeit und Kommunikationsstärke zu bewerten. - 12:15 - 13:15 Uhr: Mittagspause
- 13:15 - 14:15 Uhr: Rollenspiel
Simulation eines schwierigen Gesprächs, z.B. mit einem unzufriedenen Kunden. - 14:15 - 15:15 Uhr: Fallstudie
Bearbeitung eines konkreten Problems in Gruppen, um analytisches Denken und Problemlösungsfähigkeiten zu testen. - 15:15 - 15:30 Uhr: Kaffeepause
- 15:30 - 16:30 Uhr: Einzelinterview
Persönliches Gespräch mit den Assessoren zur Reflexion des Tages und zur Klärung von Fragen. - 16:30 - 17:00 Uhr: Feedback-Runde
Rückmeldung der Assessoren und Möglichkeit zur Selbstreflexion.
Einzelassessment #
Hier wird eine Bewerber*in einzeln getestet, häufig für Führungspositionen. Es beinhaltet individuelle Übungen und Interviews, in denen man das Wissen sowie Fähigkeiten in einem Vier-Augen-Gespräch oder vor einer Gruppe von Assessoren präsentiert. Manchmal wird in diesen Situationen der Stresspegel künstlich erhöht, indem für die einzelnen Übungen knappe Zeitlimits oder nur geringe Möglichkeiten zur Recherche gegeben sind.
Entwicklungsassessment #
Fokussiert auf die Identifizierung von Entwicklungspotenzialen und Bedürfnissen bei bestehenden Mitarbeitenden. Ein Beispiel dafür ist das 360-Grad-Feedback. Bei diesem Assessment erhalten Mitarbeitende Feedback von verschiedenen Quellen, darunter Vorgesetzte, Kolleg*innen und direkte Mitarbeitende. Dies ermöglicht eine umfassende Sicht auf die Leistung und das Verhalten der Person im Arbeitsumfeld. Die Rückmeldungen helfen, persönliche Entwicklungspläne zu erstellen und gezielte Schulungen oder Coaching-Maßnahmen zu planen.
Auswahlassessment #
Dient der Auswahl von Kandidat*innen für spezifische Positionen, oft durch Kombination von Tests und Interviews.
Standortassessment #
Bewertet die Eignung von Mitarbeitenden für bestimmte Standorte oder Projekte, häufig in internationalen Unternehmen.
Remote Assessment #
Online-gestützte Assessments, die es ermöglichen, Bewerber*innen aus der Ferne zu testen, besonders relevant in der heutigen digitalen Welt.
Psychologische Assessments #
Umfassen Tests zur Messung von Persönlichkeit, Intelligenz und anderen psychologischen Merkmalen.
Name des Tests | Typ | Beschreibung | Frage-beispiel |
Wechsler-Intelligenztest (WAIS) | Intelligenztest | Misst die allgemeine Intelligenz und kognitive Fähigkeiten von Erwachsenen. | „Wie viele Wörter kannst du in einer Minute auflisten?“ |
Big Five Personality Test | Persönlichkeitstest | Bewertet fünf Hauptdimensionen der Persönlichkeit: Offenheit, Gewissenhaftigkeit, Extraversion, Verträglichkeit, Neurotizismus. | „Ich genieße es, neue Erfahrungen zu machen.“ (Skala von 1-5) |
Kognitive Fähigkeitstests | Intelligenztest | Misst spezifische kognitive Fähigkeiten wie logisches Denken und Problemlösung. | „Welches Wort passt nicht in die Reihe: Apfel, Banane, Auto?“ |
Business-Focused Inventory of Personality (BIP) | Persönlichkeitstest | Bewertet Arbeitsstil und Motivation, insbesondere für Führungspositionen. | |
Situational Judgment Test (SJT) | Eignungstest | Bewertet Entscheidungsfähigkeit und Urteilsvermögen anhand realistischer Szenarien. | „Wie würden Sie in dieser Situation reagieren?“ |
DISC-Persönlichkeitstest | Persönlichkeitstest | Misst Verhaltensstile und teilt Personen in vier Typen ein: Dominant, Initiativ, Stetig, Gewissenhaft. | „Ich übernehme gerne die Führung in Gruppen.“ (Skala von 1-5) |
Kognitive Assessments #
Messen spezifische kognitive Fähigkeiten wie logisches Denken, Problemlösungsfähigkeiten und Gedächtnis. Ein Beispiel für ein kognitives Assessment ist der Montreal Cognitive Assessment (MoCA). Dieser wird vor allem in medizinischen Einrichtungen, bei Neurolog*innen oder Psycholog*innen eingesetzt und umfasst Aufgaben, die unterschiedliche kognitive Fähigkeiten prüfen:
- Aufmerksamkeit und Konzentration: Aufgaben wie das Nachsprechen von Zahlen oder das Zählen rückwärts.
- Gedächtnis: Erinnern an eine Liste von Wörtern, die zu Beginn des Tests präsentiert werden.
- Sprache: Benennen von Objekten oder das Wiederholen von Sätzen.
- Visuospatiales Denken: Zeichnen eines Würfels oder Nachzeichnen einer Uhr.
- Exekutive Funktionen: Aufgaben, die das Planen und Problemlösen erfordern.
Motivational Assessments #
Bewerten die Motivation und die Beweggründe von Kandidat*innen, um deren Passung zur Unternehmenskultur zu prüfen.
Wie bereite ich mich auf ein Assessment vor? #
Rahmenbedingungen klären #
Schon lange bevor man an die Inhalte des Assessment Centers denkt, sollte man sich mit den organisatorischen Rahmenbedingungen auseinandersetzen:
Tipp!
Falls Dinge im Unklaren bleiben: Am besten anrufen und fragen!
- Wie komme ich rechtzeitig zum Ort des Geschehens?
- Wie lange dauert die gesamte Session?
- Was ist der geplante Ablauf des Assessment Centers?
- Was für eine Art von Assessment kann man erwarten?
Unternehmensrecherche #
Recherchiere die Unternehmenswerte und -ziele, um zu verstehen, was von dir erwartet wird.
- Verständnis der Unternehmenskultur
- Identifizierung von Geschäftsprioritäten
- Vorbereitung auf Unternehmenskultur und -werte
- Wissen über die Branche: Wer sich für einen (verantwortungsvollen) Job interessiert, tut immer gut daran, in größeren Zusammenhängen denken und argumentieren zu können. Lies dir im Vorfeld Branchen-News durch, beobachte die Aktivitäten des Mitbewerbs. Informiere dich über laufende Großprojekte des eigenen bzw. Wunschunternehmens.
Intention des Assessments erkennen
#
Versuche, dich in das Unternehmen hineinzuversetzen:
- Welche Position soll besetzt werden?
- Welche Aufgaben wird der Job mit sich bringen?
- Worauf legt der Arbeitgeber grundsätzlich Wert?
- Ist der Tätigkeitsbereich eher regional, national oder international ausgelegt (Falls letzteres zutrifft, sollte man nicht überrascht sein, einen Teil des Assessment Centers in einer Fremdsprache absolvieren zu müssen!)?
Selbstreflexion #
Analysiere deine Stärken und Schwächen: Worin liegen genau deine Stärken? Nicht allein fachlich, sondern auch persönlich und im Umgang mit anderen. Versuche, diese Stärken mit konkreten Beispielen in Verbindung zu bringen:
- Was ist mir damals besonders gut gelungen?
- Wie habe ich Problem XY letztlich unkonventionell lösen können?
- Ebenso wichtig: Definiere Bereiche, in denen du selbst noch Potenzial nach oben hast – du wirst mit großer Wahrscheinlichkeit darauf angesprochen werden.
Konkrete Übungsbeispiele #
Hier sind einige spezifische Übungen, die dir helfen können, dich auf ein Assessment Center vorzubereiten:
- Selbstpräsentation: Übe, dich in 5-10 Minuten vorzustellen. Konzentriere dich auf deine wichtigsten Erfahrungen und Fähigkeiten.
- Postkorbübung: Simuliere eine Situation, in der du mehrere Aufgaben gleichzeitig bearbeiten musst. Die Aufgabe besteht darin, die eingehenden Aufgaben, die alle verschiedene Dringlichkeitsstufen haben, möglichst effektiv zu erledigen. Damit sollen Logik, Prioritätensetzung und Effektivität getestet werden.
- Rollenspiel: Stelle eine Konfliktsituation nach, z.B. ein schwieriges Gespräch mit einer Kolleg*in oder Kunden. Achte darauf, ruhig und professionell zu bleiben.
- Gruppendiskussion: Diskutiere ein aktuelles Thema mit Freund*innen oder Familie. Achte darauf, deine Argumente klar zu formulieren und andere Meinungen zu respektieren.
Tipps für den Tag des Assessment Centers #
- Kleidung: Wählt ein professionelles Outfit, das zur Unternehmenskultur passt.
- Pünktlichkeit: Plane deine Anreise so, dass du rechtzeitig ankommst, um Stress zu vermeiden.
- Aufmerksamkeit: Höre aktiv zu und stelle Fragen, wenn etwas unklar ist. Dies zeigt dein Interesse und Engagement.
Während des Assessment Centers #
- Teamarbeit: Zeige deine Teamfähigkeit in Gruppenübungen, indem du andere einbeziehst und konstruktives Feedback gibst.
- Präsentation: Übe deine Präsentationsfähigkeiten im Vorfeld, um sicher und überzeugend aufzutreten.
- Locker bleiben: Versuche, die Situation als Chance zu sehen, dich zu präsentieren, und nicht als Prüfung.
Nach dem Assessment Center #
- Feedback einholen: Wenn möglich, frage nach Feedback zu deiner Performance, um dich für zukünftige Bewerbungen weiterzuentwickeln.
Sarah Chlebowski
Content Managerin
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